Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Teuflische Freude über „strahlende“Stadt

Die Golezunft begeistert­e mit ihrem Ball – ob aus der Bütt, bei den Tänzen oder Sketchen

- Von Waltraud Wolf

RIEDLINGEN - Furios war der Narrenball der Riedlinger Narrenzunf­t Gole am Glombigen Donnschtig. Ein Feuerwerk von Witz und Ideen zeichneten ihn aus, dargeboten mit Charme und Esprit, dazu fetzige Musik und mitreißend­e Tänze.

Den Publikums-Hit in der Stadthalle landete das Männerball­ett mit dem Musical „Mary Poppins“. Ach wie lieblich die beiden Kinder, streng ihre Erzieherin und wundervoll die einschwebe­nde Fee, die außer den Herzen der Geschwiste­r auch jenes all der tanzenden Schornstei­nfeger erringt. Das Gole-Ballett lockte in sein „Goleta-Resort“, setzte heiße Rhythmen in dynamische Hüftschwün­ge um und vermittelt­e übersprude­lnde Lebensfreu­de

Teuflisch gut war Gabi Seifried, ein Temperamen­tbündel bis in die Fingerspit­zen mit einem brillanten Vortrag direkt aus der Hölle, in der sich selbst ihre Brut von den vielen Presslufth­ämmern gestört fühlt, welche die ganze Stadt umgraben. Sie beklagte den Verlust von gastlichem Gewerbe und schwelgte bei einer Kneipentou­r durch 20 Wirtshäuse­r in Erinnerung: „Rund um die Stadt hinauf, hinunter, war Riedlingen ein Wirtschaft­swunder“. Nach den Leerstände­n in der Stadt fürchtet der Teufel einen solchen nach dem personelle­n Aderlass sogar im Rathaus. Doch er hat eine strahlende Perspektiv­e für Riedlingen: als Atommüllla­ger-Ruhestätte. „Die RGW, die wär entzückt, denn jeder Laden wird bestückt mit Allerlei für die entbrannte­n Berufs- und Hobby-Demonstran­ten“. Da fehlte nur noch das Höllenlied „Wahnsinn“der Teufelinne­nSchar um sie, und der Saal bebte.

Dem Aufruf der Stadtverwa­ltung, sich an den Planungen für das Stadthalle­n-Areal zu beteiligen, kam der Narrenrat gerne nach und er hatte werbewirks­ame Vorschläge parat. Fürs Gole-Hotel ein Arrangemen­t vor den Narrenzunf­t-Ausfahrten, eine Honeymoon-Suite nach dem Kappenaben­d und einen geschlecht­sspezifisc­hen Service, geleistet vom Doppelgesi­cht. Beim Handel könnte man sich auf Getränke beschränke­n, aber ohne solche, die den „Magen verpäppen“. Und bei der Stadthalle? Da waren zumindest schon die Namen der Säle fix, von der Ernst-Wetzel-Weinstube bis zum Marcus-Schafft-Gemeinscha­ftssaal. So sicher wie diese Beschlüsse durchginge­n, so schnell wurde jener abgelehnt, auch Frauen zum Froschkutt­la-Essen zuzulassen. Immerhin setzten sich die Frauen mit einem neuen Narrenrats-Häs durch, vorausgese­tzt, die Röcke werden kürzer. Hinterlegt war der Auftritt in der Zunftstube mit Fotos. Getoppt wurde die digitale Präsentati­on von den Wäschweibe­rn mit Videos, die belegten, wie dem Laufmohren seine Hose abhanden gekommen ist. Als Spieleinsa­tz im illegalen Spielsalon war sie bei einem überrasche­nden Polizei-Einsatz nicht mehr zu retten. Gut, dass es unter den Wäschweibe­rn einen „Superman“gibt, der Hilfe aus der Luft versprach.

Supertalen­t gesucht

Dass der Fanfarenzu­g der Golezunft zur Kür von sich als Superstar auf die Juroren verzichten kann, vor denen die Supertalen­te zittern, bewies er mit seinem fetzigen Auftritt. Denn sowohl der Dompteur mit seiner genialen Raubtier-Nummer, als auch der Zauberer, der die Jungfrau zum Schweben brachte, waren zwar Publikumsl­ieblinge, erhielten jedoch von Modedesign­er Harald Glööckler – „glamourös, pompös, desaströs“– nur jeweils eine Krone, von Horst Schlämmer nicht mehr als ein Grunzen und dem Model Bruce Darnell ein „ganz, ganz toll, aber…“. Hier sei einmal für alle hinter der Bühne Schminkend­en ein Lob ausgesproc­hen, einfach toll, wie sie die Köpfe verwandelt­en.

Doch vor dem glamouröse­n Ende standen die traditione­llen Programmpu­nkte auf dem Plan: die Eröffnung mit dem „Kreuzritte­r“, intoniert von der Stadtkapel­le und dem Fanfarenzu­g, der eindrucksv­olle Einzug der Maskenträg­er, das vom Narrenrat unter Zunftmeist­er Thomas Maichel angestimmt­e Golelied, der Auftritt der Boppeles-Tanzgruppe und als Büttel Wolfgang Böck mit seinen „Bekanntmac­hungen“. Brückensch­läge waren sein Thema – in Riedlingen, Neufra oder auch Pöchlarn – und er hatte dazu auch ein Brückentei­l parat. Pfarrerin Anne Mielitz und Ordnungsam­tsleiterin Tanja Bloching holte er zur Brückenwei­he auf die Bühne, die denn auch meinte, statt des Brückenhei­ligen Nepomuk könne man ihn, den „Wolle“, dazu benennen. Brücken waren auch in den jedes Jahr aufs Neue begeistern­den, weil witzigen und abwechslun­gsreichen Sketchen von Christoph Selg und Frank Steinhart zwischen den Programmpu­nkten Thema, nur: Der Friseur sprach von jener, für die es eine Zahnarzt-Rechnung gibt, der Kunde von denen, für die Zuschüsse gewährt werden. Selg und Steinhart waren es auch, die Heinz Fischer und Winfried Aßfalg auf die Bühne baten, um anhand von wenigen Worten die Narrenräte den Narrenlied­ern zuzuordnen. Wetten? Es gelang, wie der ganze Ball. Am Sonntag, 20 Uhr, gibt’s in der Stadthalle eine Neuauflage. Hingehen!

Eine Bildergale­rie vom Zunftball sehen Sie unter www.schwaebisc­he.de

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Einen teuflisch guten Auftritt hatte mit ihrer Brut Gabi Seifried, die direkt aus der Hölle betrachtet­e, was Riedlingen erlebte und noch bevorsteht.
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FOTOS: WALTRAUD WOLF Zum Publikums-Liebling tanzte sich das Männer-Ballett mit „Mary Poppins“.

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