Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Teuflische Freude über „strahlende“Stadt
Die Golezunft begeisterte mit ihrem Ball – ob aus der Bütt, bei den Tänzen oder Sketchen
RIEDLINGEN - Furios war der Narrenball der Riedlinger Narrenzunft Gole am Glombigen Donnschtig. Ein Feuerwerk von Witz und Ideen zeichneten ihn aus, dargeboten mit Charme und Esprit, dazu fetzige Musik und mitreißende Tänze.
Den Publikums-Hit in der Stadthalle landete das Männerballett mit dem Musical „Mary Poppins“. Ach wie lieblich die beiden Kinder, streng ihre Erzieherin und wundervoll die einschwebende Fee, die außer den Herzen der Geschwister auch jenes all der tanzenden Schornsteinfeger erringt. Das Gole-Ballett lockte in sein „Goleta-Resort“, setzte heiße Rhythmen in dynamische Hüftschwünge um und vermittelte übersprudelnde Lebensfreude
Teuflisch gut war Gabi Seifried, ein Temperamentbündel bis in die Fingerspitzen mit einem brillanten Vortrag direkt aus der Hölle, in der sich selbst ihre Brut von den vielen Presslufthämmern gestört fühlt, welche die ganze Stadt umgraben. Sie beklagte den Verlust von gastlichem Gewerbe und schwelgte bei einer Kneipentour durch 20 Wirtshäuser in Erinnerung: „Rund um die Stadt hinauf, hinunter, war Riedlingen ein Wirtschaftswunder“. Nach den Leerständen in der Stadt fürchtet der Teufel einen solchen nach dem personellen Aderlass sogar im Rathaus. Doch er hat eine strahlende Perspektive für Riedlingen: als Atommülllager-Ruhestätte. „Die RGW, die wär entzückt, denn jeder Laden wird bestückt mit Allerlei für die entbrannten Berufs- und Hobby-Demonstranten“. Da fehlte nur noch das Höllenlied „Wahnsinn“der TeufelinnenSchar um sie, und der Saal bebte.
Dem Aufruf der Stadtverwaltung, sich an den Planungen für das Stadthallen-Areal zu beteiligen, kam der Narrenrat gerne nach und er hatte werbewirksame Vorschläge parat. Fürs Gole-Hotel ein Arrangement vor den Narrenzunft-Ausfahrten, eine Honeymoon-Suite nach dem Kappenabend und einen geschlechtsspezifischen Service, geleistet vom Doppelgesicht. Beim Handel könnte man sich auf Getränke beschränken, aber ohne solche, die den „Magen verpäppen“. Und bei der Stadthalle? Da waren zumindest schon die Namen der Säle fix, von der Ernst-Wetzel-Weinstube bis zum Marcus-Schafft-Gemeinschaftssaal. So sicher wie diese Beschlüsse durchgingen, so schnell wurde jener abgelehnt, auch Frauen zum Froschkuttla-Essen zuzulassen. Immerhin setzten sich die Frauen mit einem neuen Narrenrats-Häs durch, vorausgesetzt, die Röcke werden kürzer. Hinterlegt war der Auftritt in der Zunftstube mit Fotos. Getoppt wurde die digitale Präsentation von den Wäschweibern mit Videos, die belegten, wie dem Laufmohren seine Hose abhanden gekommen ist. Als Spieleinsatz im illegalen Spielsalon war sie bei einem überraschenden Polizei-Einsatz nicht mehr zu retten. Gut, dass es unter den Wäschweibern einen „Superman“gibt, der Hilfe aus der Luft versprach.
Supertalent gesucht
Dass der Fanfarenzug der Golezunft zur Kür von sich als Superstar auf die Juroren verzichten kann, vor denen die Supertalente zittern, bewies er mit seinem fetzigen Auftritt. Denn sowohl der Dompteur mit seiner genialen Raubtier-Nummer, als auch der Zauberer, der die Jungfrau zum Schweben brachte, waren zwar Publikumslieblinge, erhielten jedoch von Modedesigner Harald Glööckler – „glamourös, pompös, desaströs“– nur jeweils eine Krone, von Horst Schlämmer nicht mehr als ein Grunzen und dem Model Bruce Darnell ein „ganz, ganz toll, aber…“. Hier sei einmal für alle hinter der Bühne Schminkenden ein Lob ausgesprochen, einfach toll, wie sie die Köpfe verwandelten.
Doch vor dem glamourösen Ende standen die traditionellen Programmpunkte auf dem Plan: die Eröffnung mit dem „Kreuzritter“, intoniert von der Stadtkapelle und dem Fanfarenzug, der eindrucksvolle Einzug der Maskenträger, das vom Narrenrat unter Zunftmeister Thomas Maichel angestimmte Golelied, der Auftritt der Boppeles-Tanzgruppe und als Büttel Wolfgang Böck mit seinen „Bekanntmachungen“. Brückenschläge waren sein Thema – in Riedlingen, Neufra oder auch Pöchlarn – und er hatte dazu auch ein Brückenteil parat. Pfarrerin Anne Mielitz und Ordnungsamtsleiterin Tanja Bloching holte er zur Brückenweihe auf die Bühne, die denn auch meinte, statt des Brückenheiligen Nepomuk könne man ihn, den „Wolle“, dazu benennen. Brücken waren auch in den jedes Jahr aufs Neue begeisternden, weil witzigen und abwechslungsreichen Sketchen von Christoph Selg und Frank Steinhart zwischen den Programmpunkten Thema, nur: Der Friseur sprach von jener, für die es eine Zahnarzt-Rechnung gibt, der Kunde von denen, für die Zuschüsse gewährt werden. Selg und Steinhart waren es auch, die Heinz Fischer und Winfried Aßfalg auf die Bühne baten, um anhand von wenigen Worten die Narrenräte den Narrenliedern zuzuordnen. Wetten? Es gelang, wie der ganze Ball. Am Sonntag, 20 Uhr, gibt’s in der Stadthalle eine Neuauflage. Hingehen!
Eine Bildergalerie vom Zunftball sehen Sie unter www.schwaebische.de