Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Paten betreuen fast 100 Schützlinge
Sigmaringer Verein hilft Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen seit zehn Jahren
SIGMARINGEN - Der gemeinnützige Verein „Engagement für berufliche Zukunft“(EfbZ) aus Sigmaringen hat mittlerweile fast 100 erfolgreiche Patenschaften für Jugendliche und junge Erwachsene aus dem gesamten Landkreis abgeschlossen. Seit dem Jahr 2008 gibt es das Lern- und Jobpatenprojekt von Richard Hunsicker aus Inzigkofen, das vom Landratsamt Sigmaringen unterstützt wird. In dem Projekt werden junge Menschen – häufig aus sozial-schwachen Verhältnissen – auf dem Weg zum Schulabschluss oder zur Berufsausbildung durch Patenschaften begleitet und unterstützt.
„Ein Mitarbeiter des Jugendamtes und ich waren bei einem Seminar, bei dem diese Idee entwickelt wurde. Dort entstand das Lern- und Jobpatenprojekt, für das wir in Sigmaringen den Bedarf sahen“, sagt Hunsicker. Nicole Golubovic, Mitarbeiterin des Landratsamts Sigmaringen im Fachbereich Jugend, wurde anschließend zur pädagogischen Leiterin des Projekts. Ihr Kollege hatte bis zur Gründung der EfbZ ein ähnliches Projekt unter dem Namen „Individuelle Lernbetreuung“(ILB) geleitet, das vom Kultusministerium finanziert wurde.
„Leider haben nur wenige Paten Interesse an dem bestehenden Projekt gezeigt, und wir haben uns gedacht: Es sollte mit unserem neuen Projekt zusammengelegt werden“, sagt Golubovic. Nachdem die Fördermittel des Kultusministeriums im Jahr 2011 ausliefen, entschloss sich die Leitung dazu, einen neuen Verein zu gründen.
Seit 2015 werden viele Flüchtlinge betreut
Die Zielgruppe des Förderprojekts kommt überwiegend aus sozial schwachen Verhältnissen: Junge Menschen, die unter schlechten Bedingungen ins Leben starten, Schwierigkeiten haben, ihren Hauptschulabschluss zu machen und nicht die nötige Betreuung von den Behörden erhalten. Aufgrund der Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015 sind mittlerweile überwiegend junge unbegleitete Jugendliche unter den derzeit 31 betreuten Schützlingen. Sie sind alle im Alter zwischen 13 und 28 Jahren.
So auch Dejen Fkadu aus Eritrea. 2015 ist er im Alter von 18 Jahren nach Deutschland gekommen, hat zwei Jahre lang in der Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Hotel „Fürstenhof“in Sigmaringen gelebt. 2016 wurde sein Asylantrag zunächst für drei Jahre bewilligt. Er lernte Deutsch und machte seinen Hauptschulabschluss. Seit Anfang 2017 lebt er in einer Wohnung in Scheer und wird seit gut vier Monaten von Richard Hunsicker als Pate betreut. Der Vorsitzende der EfbZ und Betreuer soll Dejen dabei helfen, die Berufsschule in Bad Saulgau und seine Ausbildung im Metallbetrieb erfolgreich abzuschließen. Dejen lebt alleine in Deutschland. Seine Eltern sind Landwirte in Eritrea.
98 Patenschaften erfolgreich – 40 Betreuungen abgebrochen
Huniscker trat 2008 aus der Bundeswehr in den Ruhestand ein. „Damals war ich erst 58 Jahre alt und dachte, ich muss noch was machen“, sagt Hunsicker. Er entschloss sich dazu, eine Bürgermentoren-Ausbildung zu machen und gründete die EfbZ.
Dejen ist sein zweiter Schützling. Über die Jugendbetreuungshilfe haben sich die beiden kennengelernt. „Ich helfe ihm bei allem, was er braucht. Die Betreuung ist ganzheitlich – von lebenspraktischen Tipps, sprachlicher Hilfe bei den Behörden oder auch Unterstützung in der Schule und Ausbildung. Dejen war auch schon bei uns zu Hause und meine Frau und ich haben für ihn gekocht – und bald sind wir bestimmt auch mal bei ihm eingeladen und er kocht für uns“, sagt Hunsicker, und zwinkert Dejen zu. Seit Gründung der EfbZ hat der Verein 98 erfolgreiche Patenschaften abgeschlossen. 40 Betreuungen blieben erfolglos; beispielsweise weil die Schützlinge die Patenschaften abgebrochen haben. „Uns ist wichtig, dass wir unsere Schützlinge zwar ganzheitlich betreuen, aber wir nehmen keine Problemfälle an. Wenn jemand Drogenoder Kriminalitätsprobleme hat, sind andere Stellen zuständig“, sagt Golubovic.
Hunsicker und sein Schützling haben in den vergangenen Monaten bereits viel zusammen erlebt. Sie waren bei einer Podiumsdiskussion und kulturellen Veranstaltungen zu Gast. Der Pate trifft sich mit seinem Schützling meistens am Wochenende, da Dejens Zeitplan zwischen Berufsschule und Ausbildung unter der Woche nicht viel Zeit lässt. Nach der gemeinsamen Zeit mit seinem Paten gefragt, sagt er lachend: „Wenn ich zusammen mit Herrn Hunsicker bin, geht’s mir immer gut.“