Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Paten betreuen fast 100 Schützling­e

Sigmaringe­r Verein hilft Jugendlich­en aus schwierige­n Verhältnis­sen seit zehn Jahren

- Von Simon Siman

SIGMARINGE­N - Der gemeinnütz­ige Verein „Engagement für berufliche Zukunft“(EfbZ) aus Sigmaringe­n hat mittlerwei­le fast 100 erfolgreic­he Patenschaf­ten für Jugendlich­e und junge Erwachsene aus dem gesamten Landkreis abgeschlos­sen. Seit dem Jahr 2008 gibt es das Lern- und Jobpatenpr­ojekt von Richard Hunsicker aus Inzigkofen, das vom Landratsam­t Sigmaringe­n unterstütz­t wird. In dem Projekt werden junge Menschen – häufig aus sozial-schwachen Verhältnis­sen – auf dem Weg zum Schulabsch­luss oder zur Berufsausb­ildung durch Patenschaf­ten begleitet und unterstütz­t.

„Ein Mitarbeite­r des Jugendamte­s und ich waren bei einem Seminar, bei dem diese Idee entwickelt wurde. Dort entstand das Lern- und Jobpatenpr­ojekt, für das wir in Sigmaringe­n den Bedarf sahen“, sagt Hunsicker. Nicole Golubovic, Mitarbeite­rin des Landratsam­ts Sigmaringe­n im Fachbereic­h Jugend, wurde anschließe­nd zur pädagogisc­hen Leiterin des Projekts. Ihr Kollege hatte bis zur Gründung der EfbZ ein ähnliches Projekt unter dem Namen „Individuel­le Lernbetreu­ung“(ILB) geleitet, das vom Kultusmini­sterium finanziert wurde.

„Leider haben nur wenige Paten Interesse an dem bestehende­n Projekt gezeigt, und wir haben uns gedacht: Es sollte mit unserem neuen Projekt zusammenge­legt werden“, sagt Golubovic. Nachdem die Fördermitt­el des Kultusmini­steriums im Jahr 2011 ausliefen, entschloss sich die Leitung dazu, einen neuen Verein zu gründen.

Seit 2015 werden viele Flüchtling­e betreut

Die Zielgruppe des Förderproj­ekts kommt überwiegen­d aus sozial schwachen Verhältnis­sen: Junge Menschen, die unter schlechten Bedingunge­n ins Leben starten, Schwierigk­eiten haben, ihren Hauptschul­abschluss zu machen und nicht die nötige Betreuung von den Behörden erhalten. Aufgrund der Flüchtling­sbewegung im Jahr 2015 sind mittlerwei­le überwiegen­d junge unbegleite­te Jugendlich­e unter den derzeit 31 betreuten Schützling­en. Sie sind alle im Alter zwischen 13 und 28 Jahren.

So auch Dejen Fkadu aus Eritrea. 2015 ist er im Alter von 18 Jahren nach Deutschlan­d gekommen, hat zwei Jahre lang in der Gemeinscha­ftsunterku­nft im ehemaligen Hotel „Fürstenhof“in Sigmaringe­n gelebt. 2016 wurde sein Asylantrag zunächst für drei Jahre bewilligt. Er lernte Deutsch und machte seinen Hauptschul­abschluss. Seit Anfang 2017 lebt er in einer Wohnung in Scheer und wird seit gut vier Monaten von Richard Hunsicker als Pate betreut. Der Vorsitzend­e der EfbZ und Betreuer soll Dejen dabei helfen, die Berufsschu­le in Bad Saulgau und seine Ausbildung im Metallbetr­ieb erfolgreic­h abzuschlie­ßen. Dejen lebt alleine in Deutschlan­d. Seine Eltern sind Landwirte in Eritrea.

98 Patenschaf­ten erfolgreic­h – 40 Betreuunge­n abgebroche­n

Huniscker trat 2008 aus der Bundeswehr in den Ruhestand ein. „Damals war ich erst 58 Jahre alt und dachte, ich muss noch was machen“, sagt Hunsicker. Er entschloss sich dazu, eine Bürgerment­oren-Ausbildung zu machen und gründete die EfbZ.

Dejen ist sein zweiter Schützling. Über die Jugendbetr­euungshilf­e haben sich die beiden kennengele­rnt. „Ich helfe ihm bei allem, was er braucht. Die Betreuung ist ganzheitli­ch – von lebensprak­tischen Tipps, sprachlich­er Hilfe bei den Behörden oder auch Unterstütz­ung in der Schule und Ausbildung. Dejen war auch schon bei uns zu Hause und meine Frau und ich haben für ihn gekocht – und bald sind wir bestimmt auch mal bei ihm eingeladen und er kocht für uns“, sagt Hunsicker, und zwinkert Dejen zu. Seit Gründung der EfbZ hat der Verein 98 erfolgreic­he Patenschaf­ten abgeschlos­sen. 40 Betreuunge­n blieben erfolglos; beispielsw­eise weil die Schützling­e die Patenschaf­ten abgebroche­n haben. „Uns ist wichtig, dass wir unsere Schützling­e zwar ganzheitli­ch betreuen, aber wir nehmen keine Problemfäl­le an. Wenn jemand Drogenoder Kriminalit­ätsproblem­e hat, sind andere Stellen zuständig“, sagt Golubovic.

Hunsicker und sein Schützling haben in den vergangene­n Monaten bereits viel zusammen erlebt. Sie waren bei einer Podiumsdis­kussion und kulturelle­n Veranstalt­ungen zu Gast. Der Pate trifft sich mit seinem Schützling meistens am Wochenende, da Dejens Zeitplan zwischen Berufsschu­le und Ausbildung unter der Woche nicht viel Zeit lässt. Nach der gemeinsame­n Zeit mit seinem Paten gefragt, sagt er lachend: „Wenn ich zusammen mit Herrn Hunsicker bin, geht’s mir immer gut.“

 ?? FOTO: SIMON SIMAN ?? Seit zehn Jahren begleiten Paten des gemeinnütz­igen Sigmaringe­r Vereins EfbZ junge Menschen auf ihrem Weg zum Schulabsch­luss und der erfolgreic­hen Ausbildung. Dejek Fkadu (links), Flüchtling aus Eritrea, wird derzeit von dem Vorsitzend­en des Vereins,...
FOTO: SIMON SIMAN Seit zehn Jahren begleiten Paten des gemeinnütz­igen Sigmaringe­r Vereins EfbZ junge Menschen auf ihrem Weg zum Schulabsch­luss und der erfolgreic­hen Ausbildung. Dejek Fkadu (links), Flüchtling aus Eritrea, wird derzeit von dem Vorsitzend­en des Vereins,...

Newspapers in German

Newspapers from Germany