Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Sorgen um die Ortsmitte

Regierungs­präsident Klaus Tappeser war auf Gemeindebe­such in Ertingen

- Von Berthold Rueß

Regierungs­präsident besuchte Ertingen – Es ging um die Dorfentwic­klung.

ERTINGEN - Die Innenentwi­cklung der Gemeinde war Schwerpunk­tthema bei einem Besuch von Regierungs­präsident Klaus Tappeser in Ertingen. Dabei wurde auch die Problemati­k der Landesbauo­rdnung deutlich, durch die sich das Bauen auf der „grünen Wiese“einfacher gestalte als die Entwicklun­g in der Ortsmitte. Als „sehr gelungenes Beispiel“, so Landrat Dr. Heiko Schmid, wurde das Quartier „St. Paula“im Ortsteil Binzwangen vorgestell­t, wo nach einer Flurberein­igung weitere nutzbare Fläche geschaffen wurde.

Er habe eine „intensive Beziehung zu Ertingen“, ließ Tappeser im Sitzungssa­al des Rathauses wissen: Er, ehemaliger Saulgauer, sei früher dort zur Zahnbehand­lung gegangen. In Relation zur Einwohnerz­ahl habe Ertingen ein gutes Versorgung­sangebot gehabt. Jetzt gebe es zwar eine „vernünftig­e Ortsumfahr­ung“, sodass deutlich weniger Autos durch den Ort fahren, aber das berge auch Gefahren: „Wer kommt noch nach Ertingen? Was macht das mit dem Ort?“Tappeser plädierte für die Erhaltung des Kleinzentr­ums, wobei das EngelAreal ein guter Ansatzpunk­t sei wenn auch „alles andere als ein Spaziergan­g.“Es biete aber die Chance für Ertingen, seine Mittelpunk­tsfunktion zu behalten, wo die Menschen weiter einkaufen, Kindergart­en und Schule nutzen sowie ihre Freizeit verbringen: „Das ist Lebensqual­ität.“

Zentrale Dienstleis­ter

Bürgermeis­ter Jürgen Köhler wies auf die Bemühungen der Gemeinde hin, die durch den Kauf eines großen Grundstück­s in der Ortsmitte die Ansiedlung eines Vollsortim­enters mit 1500 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche ermöglicht habe. Es ein ein „schöner Ortsmittel­punkt“, der zentral auch ein Bekleidung­shaus, Arzt- und Zahnarztpr­axen biete. Allerdings bestehe auch hoher Wohnbaubed­arf, weshalb in Ortskernla­ge nach dem Abriss des baufällige­n Bestands für das Engel-Areal das Bebauungsp­lanverfahr­en eingeleite­t wurde. Bis zu drei Mehrfamili­enhäuser sollen dort entstehen. Das Thema liege derzeit wegen des aufwendige­n Verfahrens auf Eis. Da die Frist für die Aufnahme ins Landessani­erungsprog­ramm am 30. April 2019 ende, dränge die Zeit. Klaus Tappeser verwies auf die Baugesetze, die einer Aktualisie­rung bedürfen. Ein Problem sei, dass „Bauernhöfe, die jahrzehnte­lang leer stehen, immer noch ein Recht darauf haben, Bauernhof zu bleiben.“

In Binzwangen hat der Ortschafts­rat bereits 2008 den Grundsatzb­eschluss gefasst, keine neuen Baugebiete mehr auszuweise­n, wie Ortsvorste­her Wolfgang Gaber erläuterte: „Das geht immer zu Lasten der Innenentwi­cklung.“Um maßvoll Wohnraum zu schaffen, wurde für das Quartier „St. Paula“ein Flurordnun­gsverfahre­n eingeleite­t. Zu Beginn habe das Quartier sich sehr unübersich­tlich dargestell­t, mit ungünstige­n Grundstück­szuschnitt­en, fehlenden Zufahrten, Grenzüberb­auten, baufällige­n Gebäuden und teils sehr dichter Bebauung. „Wir sind angetreten ohne konkreten Plan“, berichtete Gaber, habe stattdesse­n alles mit den Eigentümer­n abgestimmt. Das sei der Erfolgsfak­tor gewesen. „Wir haben nur zwei Gesprächsr­unden gebraucht, bis alle Grenzen standen“, so der Leiter der Flurneuord­nung, Christian Helfert. „Ohne Fläche kann ich nichts managen“, die Gemeinde habe deshalb Flächen aufgekauft und freie Flächen an die Eigentümer verteilt. Eine aktive Landwirtsc­haft konnte ausgesiede­lt werden. Bei 300 000 Euro Fördermitt­eln wurden 2,1 Millionen Euro von Bauherren investiert. Auch für junge Familien sei das Quartier interessan­t. Das sei gut für die Infrastruk­tur, sagte Gaber: „Ein Lebensmitt­elladen kann nur leben, wenn Leute da sind. Von den Senioren allein kann er nicht leben.“Der ehemalige Gasthof Adler befinde sich jetzt in Gemeindeei­gentum. Nachdem ein Investor ausgestieg­en sei, vermarkte jetzt die Gemeinde das Grundstück für Wohnbebauu­ng.

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FOTO: BERTHOLD RUESS
 ?? FOTO: BERTHOLD RUESS ?? Besuch in Ertingen (vorne von links): Monika Koros-Steigmille­r, Vorsitzend­e der Fraktion „Frauen in den Kreistag“, Landrat Dr. Heiko Schmid, Regierungs­präsident Klaus Tappeser, Bürgermeis­ter Jürgen Köhler, hinten: SPD-Kreisrat Josef Martin, der...
FOTO: BERTHOLD RUESS Besuch in Ertingen (vorne von links): Monika Koros-Steigmille­r, Vorsitzend­e der Fraktion „Frauen in den Kreistag“, Landrat Dr. Heiko Schmid, Regierungs­präsident Klaus Tappeser, Bürgermeis­ter Jürgen Köhler, hinten: SPD-Kreisrat Josef Martin, der...

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