Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Erzdiözese bestätigt einen Betrugsfall in Sigmaringen
Kirche übergibt Akten dem Staatsanwalt und den Finanzbehörden – Weitere Fälle werden untersucht
SIGMARINGEN - Zwei Tage nach Bekanntwerden der finanziellen Unregelmäßigkeiten im Sigmaringer Kinderheim Haus Nazareth hat sich das Erzbistum Freiburg ausführlicher zu dem Fall geäußert. Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“sagte ein Sprecher, dass die Ermittlungen bislang einen Betrugsfall bestätigt haben. Es bestehe aber der Verdacht, dass es weitere gebe.
„Wir geben der Staatsanwaltschaft die Unterlagen, die sie anfordert“, hieß es weiter aus Freiburg. Wie berichtet, geht es bei dem Sigmaringer Fall um Unregelmäßigkeiten in Personal- und Finanzangelegenheiten. Um welche Betrugssumme es sich handelt, beziffert Freiburg weiter nicht. Als der Fall bekannt wurde, nahm der stellvertretende Direktor seinen Hut.
Sozialversicherungen im Fokus
Die Deutsche Presseagentur (dpa) stellte in ihrer Berichterstattung, in der sie sich auf die „Schwäbische Zeitung“berufen hatte, unterdessen einen Zusammenhang zur unsachgemäßen Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen her, wegen der die Erzdiözese im vergangenen Jahr in die Schlagzeilen geraten war. Im Erzbistum waren über viele Jahre Sozialversicherungsbeiträge nicht korrekt abgeführt worden. Der Erzbischof hatte seinen Finanzchef deswegen im vergangenen Herbst von seinen Aufgaben entbunden und Rückstellungen in Höhe von 160 Millionen Euro gebildet, um die Schäden begleichen zu können.
Ob der stellvertretende Direktor des Sigmaringer Kinderheims ebenfalls Sozialversicherungsbeiträge falsch abgeführt habe, das wollte der Pressesprecher weder bestätigen noch dementieren. „Wenn ich etwas dazu sagen würde, würde ich die Ermittlungen beeinflussen“, sagte der Sprecher des Erzbistums. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Markus Engel, sagte, dass die Hechinger Behörde von der Kirche über den Fall informiert worden sei. Die Akten wurden an die Staatsanwaltschaft und die Finanzbehörden übergeben, um einem möglichen Vertuschungsverdacht entgegenzutreten. Momentan würden die Unterlagen geprüft.
Wie berichtet, wird untersucht, in welchem Umfang der frühere stellvertretende Direktor betrogen haben soll. Das Erzbistum rechnet unterdessen damit, dass in der nächsten Zeit weitere Fälle von Sozialversicherungsbetrug bekannt werden. „Wir haben Regeln eingezogen und wir kontrollieren stärker“, sagte der Sprecher. Allein aus diesen Gründen würden weitere Fälle ans Licht der Öffentlichkeit kommen.
Wie berichtet, hat Harry Seif im Haus Nazareth die Position des stellvertretenden Direktors übergangsweise übernommen. Seif war früher Verwaltungsleiter des Kinderheims und ist schon viele Jahre in Diensten der Einrichtung tätig. Die Stelle wird außerdem neu ausgeschrieben.