Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nicht nur an der Schanze herrscht tolle Stimmung
Silke Fischer hat in den vergangenen 16 Tagen am Jugendlager des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOS) im Rahmen der Olympischen Winterspiele in PyeongChang in Seoul und im Olympiaort selbst teilgenommen, als eine von insgesamt 40 deutschen Sportlern aus verschiedenen olympischen, aber auch nichtolympischen Sportarten. In der „Schwäbischen Zeitung“schreibt sie über ihre Eindrücke.
„Nun sitze ich schon wieder im Flieger und lasse die vergangenen 16 Tage Revue passieren. In der zweiten Woche habe ich noch einmal deutlich festgestellt, wie viel Arbeit hinter einem solchen Großereignis steckt. Nicht nur vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) aus, das täglich weltweit bis zu 3,4 Millionen Dollar für die sportliche Förderung einstellt, sondern auch seitens der Deutschen Olympischen Akademie und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), die für die Förderung der jungen Talente und der reibungslosen Organisation zuständig sind. Es sind wahrhaft viel mehr Personen aus dem Team Deutschland, die für die Koordination verschiedenster Dinge zuständig sind und wir durften uns mit einigen von ihnen austauschen. So zum Beispiel mit dem IOC-Pressesprecher Christian Klaue, der spontan zu einer unserer Konferenzen kam und Vieles rund um den Sport mitteilte. Wir hielten aber auch selbst einige Vorträge, wie im Rahmen eines Workshops zur Dopingprävention oder eine Einführung in die Paralympics, die nach den Olympischen Spielen in PyeongChang stattfinden, und die Sportarten dort. Inzwischen waren wir es gewohnt, aufgrund der Kälte mehr als sechs Schichten Kleidung zu tragen, auch bei vielen faszinierenden Ausflügen wie ins Nationale Palastmuseum von Korea, zum Musical (Nanta-Show), dessen rhythmische Trommelschläge noch heute mein Ohrwurm sind. Schockierend war für mich ein Erlebnis auf dem Markt. Ich sah riesige Krabben übereinander eingezwängt in offenen Aquarien, die vor jedem Restaurant standen. Jeder hätte praktisch reinfassen und die teilweise schon toten Meeresbewohner herausfischen können. Außerdem besuchten wir die demilitarisierte Zone, die Nord- und Südkorea trennt. Dort befanden wir uns teilweise auf nordkoreanischem Gebiet und lernten viele historische Fakten. Wir erfuhren, wie viel Propaganda im Spiel ist. So stehen genau an der Grenze zwei Häuser gegenüber, eines steht auf südkoreanischem Boden, das andere auf nordkoreanischem. Beide Häuser sind mit Spionagekameras in die entgegengesetzte Richtung ausgestattet. Außerdem hatten wir bei einem interkulturellen Austausch in Gangneung die Chance, einen Tag als Mitglied einer koreanischen Familie deren Alltag mitzuerleben. Mich erwartete eine liebevolle Gastmutter und zwei aktive Hündchen. Am Abend machten wir es uns am Anbok-Beach gemütlich, fragten einander persönliche Dinge und diskutierten auch über die jeweilige Politik unser Länder. Mir imponierte die moralische Sichtweise sehr. In Korea heißt es zum Beispiel: Ein Baby, das zur Welt kommt, hat bereits sein erstes Lebensjahr hinter sich. Ich finde diesen Gedanken gar nicht mal so abwegig.
Das Abendessen war vielfältig und üppig. Zum ersten Mal wurde ich für meine Geschicklichkeit mit den Stäbchen beim Essen gelobt. Ich weiß allerdings nicht, ob aus objektiver Betrachtung oder aus Freundlichkeit. Erstaunlich auch: Es ist in Korea normal, dass eine Pizza mit einer Schere geschnitten wird. Ich habe möglichst viel koreanisches Essen probiert: Sushi, Kimchi und Soja-Soße. Als der Gastvater fragte, ob ich denn mal so richtig koreanisch essen möchte und er schöpfte feurige Chillisauce in meine Schüssel. Am Abend war es mir dementsprechend warm und ich meine jetzt nicht die beheizten Fußböden, die hierzulande üblich sind.
Bei uns herrschte übrigens eine überragende Stimmung, obwohl die Norweger Deutschland die führende Position im Medaillenspiegel abnahmen. So feuerten wir vor Ort Andreas Wellinger an und jubelten, als er im letzten Sprung das Team Deutschland vom dritten Rang wieder auf den zweiten Platz führte und Deutschland somit Silber gewann und stimmten in die Fanlieder ein. Ich speziell fühlte mich durch die Deutschlandkostümierung und Fahnenschminke auf dem Gesicht, als hätte ich die Fasnet nicht verpasst. Jetzt freue ich mich auf zu Hause, denn ich schätze diesee Normalität zu Hause, auch weil ich dann den Koreanern schlaftechnisch - wegen des straffen Programms und den langen Anreisewegen zu den Orten bis in die Nacht hinein - nicht mehr so ähnlich sein muss und endlich mal wieder länger schlafen kann.“