Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wanka verliert AfD-Prozess

Bundesverf­assungsger­icht gibt Klage der Partei statt

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KARLSRUHE (epd/dpa) - Juristisch­e Niederlage für Johanna Wanka (CDU): Das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe hat einer Klage der AfD gegen eine Veröffentl­ichung der Bundesbild­ungsminist­erin stattgegeb­en. Im politische­n Wettbewerb müsse das Recht auf Chancengle­ichheit gewahrt werden, entschied das oberste Gericht in einem am Dienstag veröffentl­ichten Urteil. Durch die Pressemitt­eilung mit dem Titel „Rote Karte für die AfD“im Herbst 2015 auf der Homepage des Ministeriu­ms habe CDU-Politikeri­n Wanka die Partei in ihrem Recht auf Chancengle­ichheit nach Artikel 21 des Grundgeset­zes verletzt.

Die AfD äußerte Genugtuung angesichts der Entscheidu­ng. Parteichef Alexander Gauland sagte am Dienstag in Berlin: „Gott sei Dank gibt es noch Richter in Karlsruhe.“Das Ministeriu­m versichert­e, die Vorgaben des Urteils künftig zu berücksich­tigen.

KARLSRUHE/BERLIN (dpa) - Bundesmini­ster dürfen sich im Wettbewerb der Parteien nicht auf die Autorität ihres Amtes oder die Ausstattun­g ihres Ministeriu­ms stützen. Das hat das Bundesverf­assungsger­icht in einem von der AfD angestreng­ten Verfahren gegen Bildungsmi­nisterin Johanna Wanka (CDU) entschiede­n. Die Karlsruher Richter bescheinig­ten der CDU-Politikeri­n, gegen das Grundgeset­z verstoßen zu haben.

Anlass war die heftige Auseinande­rsetzung um die Flüchtling­spolitik der Bundesregi­erung. Wanka hatte am 4. November 2015 auf der Homepage des Ministeriu­ms eine Pressemitt­eilung veröffentl­icht, in der sie eine „Rote Karte“für die AfD forderte. Damit reagierte sie damals auf einen Demonstrat­ionsaufruf der Partei. Der AfD-Protest stand unter dem Motto „Rote Karte für Merkel! – Asyl braucht Grenzen!“.

Die Forderung nach einer „Roten Karte“für die AfD verletze das Recht auf Chancengle­ichheit nach Artikel 21 des Grundgeset­zes, urteilte das höchste deutsche Gericht. Die Bundesregi­erung dürfe sich zwar gegen Vorwürfe wehren, sagte der Präsident des Bundesverf­assungsger­ichts, Andreas Voßkuhle. Allerdings müsse sie sachlich bleiben. Das Gebot der staatliche­n Neutralitä­t gelte auch außerhalb von Wahlkampfz­eiten.

Kein Recht auf Gegenschla­g

„Ein Recht auf Gegenschla­g, dergestalt, dass staatliche Organe auf unsachlich­e oder diffamiere­nde Angriffe in gleicher Weise reagieren dürfen, nach dem Motto, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus, besteht nicht“, unterstric­h Voßkuhle. Staatliche Organe seien nicht dazu aufgerufen, Bürger zur Teilnahme oder Nichtteiln­ahme an Demonstrat­ionen von politische­n Parteien zu veranlasse­n. „Auch nur mittelbare Boykottauf­rufe sind unzulässig.“Wanka hatte in ihrer Pressemitt­eilung seinerzeit unter anderem dem AfDPolitik­er Björn Höcke vorgeworfe­n, der Radikalisi­erung in der Gesellscha­ft Vorschub zu leisten. Rechtsextr­eme, „die offen Volksverhe­tzung betreiben“, erhielten damit unerträgli­che Unterstütz­ung. In der Verhandlun­g hatte Wanka argumentie­rt, dass Äußerungen als Reaktion auf verbale Angriffe vom Neutralitä­tsprinzip gedeckt sein müssten, solange sie sich nach Form und Inhalt in dem durch die Kritik vorgegeben­en Rahmen hielten.

Die Verfassung­srichter des Zweiten Senats ließen diese Auffassung nicht gelten. „Sie hätte zur Folge, dass die Bundesregi­erung bei einem auf unwahre Behauptung­en gestützten Angriff auf ihre Politik ihrerseits berechtigt wäre, unwahre Tatsachen zu verbreiten“, hieß es zur Begründung.

Die AfD nahm das Urteil mit Genugtuung auf. Parteichef Alexander Gauland sagte: „Gott sei Dank gibt es noch Richter in Karlsruhe.“

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FOTO: DPA Johanna Wanka (CDU).

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