Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Unruhe bei Daimler
Strobl trifft neuen Großaktionär – Autobauer schweigt
STUTTGART (kab/ben) - Angesichts des Einstiegs des chinesischen Autobauers Geely bei Daimler hat BadenWürttembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) seine Kritik an den Marktbarrieren für ausländische Konzerne auf dem chinesischen Markt erneuert. Kretschmann kritisierte, dass Chinesen in Deutschland investieren könnten, es für deutsche Investoren auf dem chinesischen Markt allerdings restriktive Bedingungen gäbe. „Das Problem ist, dass keine symmetrischen Verhältnisse herrschen“, sagte Kretschmann. „Das Problem habe ich schon des öfteren angesprochen. Da muss sich die Europäische Union stärker einbringen, damit symmetrische Verhältnisse hergestellt werden.“Er forderte Europa auf, den Druck auf China zu erhöhen.
Die Tatsache, dass Geely unter Haupteigner, dem Milliardär Li Shufu, bei Daimler eingestiegen ist, vewundert Kretschmann nicht. Die Investition in den Stuttgarter Automobilkonzern sei ein Zeichen für dessen Attraktivität. Daimler „ist innovativ, auch was die Elektromobilität betrifft. Dass das Geely zu schätzen weiß, finde ich jetzt nicht erstaunlich“, sagte Kretschmann und kündigte an, bald selbst mit der DaimlerLeitung sprechen zu wollen.
Bereits miteinander gesprochen haben am Montagnachmittag in Berlin Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Li Shufu, der nach der Bekanntgabe des Deals am Wochenende nach Deutschland und Berlin reiste. „Es liegt im Landesinteresse, mit jemandem, der doch einige Milliarden in Baden-Württemberg investiert, auch zu sprechen“, sagte Strobl am Dienstag in Stuttgart. Das Treffen sei auf Lis Wunsch zustande gekommen, es sei dabei um Fragen der Digitalisierung, des freien Welthandels und der Disruption in der Automobilindustrie gegangen.
Daimler wollte auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“weder die Kritik Kretschmanns noch das Gespräch Strobls mit dem neuen Großaktionär kommentieren. „Daimler freut sich, mit Li Shufu einen weiteren langfristig orientierten Investor gewonnen zu haben, der von der Innovationsstärke, der Strategie und dem Zukunftspotenzial von Daimler überzeugt ist“, wiederholte Sprecher Hendrik Sackmann noch einmal die Reaktion des Autobauers vom Wochenende. Nach Informationen des „Handelsblattes“hatte Li vor seinem Treffen mit Strobl in Berlin aber auch in Stuttgart vorbeigeschaut, um dort Daimler-Chef Dieter Zetsche und dessen Finanzchef Bode Uebber zu treffen.
Geely hält 9,7 Prozent der Aktien
Geely ist seit vergangener Woche größter Einzelaktionär bei Daimler. Geely-Chef Li Shufu machte Ernst mit früheren Ankündigungen und sicherte sich 9,7 Prozent der Aktien, wie aus einer Stimmrechtsmitteilung vom Freitagabend hervorging. Bisher war der Staatsfonds von Kuwait mit 6,8 Prozent größter Anteilseigner bei dem Konzern.