Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
AOK-Interview: Zucker und seine Tücken
AOK-Ernährungsexpertin Angela Maxa spricht über Zucker und seine Tücken
REGION (sz) - Wer kennt sie nicht, die Lust auf Süßes. Von Schokolade, Gummibärchen, Cola & Co. wissen wir, dass viel Zucker enthalten ist. Doch Zucker steckt noch in vielen anderen Lebensmitteln, in denen man ihn vielleicht nicht vermutet. Wer sich ein bisschen mit dem Thema auseinandersetzt und bewusst auf seinen Zuckerkonsum achtet, kann sich deutlich gesünder und bewusster ernähren.
REGION/RIEDLINGEN - Wer kennt sie nicht, die Lust auf Süßes. Von Schokolade, Gummibärchen, Cola & Co. wissen wir, dass viel Zucker enthalten ist. Doch Zucker steckt noch in vielen anderen Lebensmitteln, in denen man ihn vielleicht nicht vermutet. Wer sich ein bisschen mit dem Thema auseinandersetzt und bewusst auf seinen Zuckerkonsum achtet, kann sich deutlich gesünder und bewusster ernähren. Was Unsinn ist und wo man vielleicht auf Zucker verzichten kann? Redakteurin Tanja Bosch hat mit Ernährungsexpertin Angela Maxa von der AOK Ulm-Biberach gesprochen.
Frau Maxa, wie viel Zucker am Tag ist gesund?
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollten wir nur zehn Prozent von unserem täglichen Energiebedarf als Zucker zu uns nehmen. Bei durchschnittlich 2000 Kalorien am Tag wären das 200 Kalorien Zucker, das entspricht dann 17 Würfelzucker. Die WHO geht noch einen Schritt weiter und empfiehlt sogar nur fünf Prozent Zucker pro Tag.
Wenn ich mir vorstelle, ich esse am Tag 17 Würfelzucker, dann kann ich das nicht so recht glauben.
Das hat man relativ schnell zusammen. Nehmen wir zum Beispiel einen Becher Fruchtjoghurt, der hat allein schon sieben Stück Würfelzucker, eine Portion Ketchup liegt bei zwei Würfelzucker und eine Currywurst hat neun Würfelzucker. Dann sind wir schon bei bei 18. Im Schnitt kommt jeder Deutsche auf 30 Stück Würfelzucker pro Tag. Im Jahr wären das dann rund 32 Kilogramm pro Person, das ist eine ganze Menge.
Worauf sollte ich bei meiner Ernährung achten, um diesen empfohlenen Grenzwert nicht zu überschreiten?
Manche echauffieren sich, wenn sie entdecken, dass in dem einen oder anderen pikanten Fertiggericht zwei Gramm Zucker drin sind, aber die tun meiner Meinung nach nicht weh, insbesondere wenn ich das Produkt nicht oft esse. Aber auf meinen täglichen halben Liter Apfelsaftschorle mit 60 Prozent Saft, auf den kann ich vielleicht verzichten und damit täglich 4,5 Würfelzucker einsparen. Denn Getränke, vor allem süße Getränke und Säfte, sind als Süßigkeiten zu werten. In einem halben Liter Cola beispielsweise stecken 18 Würfelzucker, also bin ich damit schon über der empfohlene Menge pro Tag. Wenn ich an den Kinderbereich denke, da werden fälschlicherweise Milchspeiseprodukte als gesunde Zwischenmahlzeit gesehen, aber auch eine Milchschnitte ist eine Süßigkeit und macht zudem noch nicht einmal satt. Da sollten Eltern ihren Kindern lieber frisches Obst oder eine Scheibe Vollkornbrot mit Käse mitgeben.
Wie sieht es mit Kohlenhydraten im Allgemeinen aus? Sollte man auch Brot, Nudeln, Reis & Co. meiden?
Das ist meiner Meinung nach ein Irrglaube und der falsche Weg. Denn Kohlenhydrate sind wichtig für unseren Körper, sie liefern uns unter anderem Energie für den Tag. Empfohlen sind allerdings die Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten anstatt aus Weißmehl. Diese kommen nämlich viel langsamer in der Blutbahn an und sind somit viel besser vom Körper zu verwerten.
Wenn ich aber nicht auf die Süße in meinem Essen verzichten will, gibt es eine gesunde Zuckeralternative? Honig vielleicht?
Ja, wenn nötig, gibt es Alternativen. Wobei ich Honig nicht dazu zählen würde, da Honig zu 80 Prozent aus Zucker besteht. Als Austausch würde ich Stevia empfehlen oder auch Birkenzucker und Erythrit. Stevia kommt aus einer südamerikanischen Pflanze, ist also ein natürlicher Süßstoff und hat null Kalorien. Birkenzucker besitzt den Zuckeraustauschstoff Xylit und hat 40 Prozent weniger Kalorien als Zucker. Erythrit ist ebenfalls als kalorien- und zuckerfreier Zuckeraustauschstoff zugelassen. Aber Achtung, in bestimmten Mengen wirken diese „Helfer“blähend und abführend. Grundsätzlich ist es besser, sich an einen weniger süßen Geschmack zu gewöhnen.
Wie sieht es mit Fruchtzucker aus? Sollte man auf Obst verzichten?
Nein, etwa zwei Handvoll Obst am Tag sind durchaus gesund und auch empfohlen. Aber alles eben in Maßen. Man sollte auch nicht auf das geliebte Stück Schokolade verzichten, denn auch das gehört dazu.
Zucker hat viele Namen. Wie kann man auf der Zutatenliste erkennen, was alles Zucker ist und was nicht?
Zucker hat circa 70 verschiedene Begriffe, das ist tatsächlich ein Problem. Er steckt unter anderem hinter Glucose, Dextrose, Fructose, Maltose, Apfeldicksaft, Glucose-Fructose-Sirup, Reissirup und noch viele mehr.
Auf was verzichten Sie?
Ich persönlich schaue, dass die Basis meiner Ernährung zuckerarm ist, dafür gönne ich mir das Stückchen Schokolade als genussreichen Abschluss einer Mahlzeit. Wasser ist mein liebster Durstlöscher und den Joghurt esse ich am liebsten Natur mit frischen Früchten. Einen Verzicht erlebe ich auf diese Weise nicht.
Warum produziert die Lebensmittelbranche mit so viel Zucker im Fruchtjoghurt? Würde die Hälfte an Zucker nicht auch reichen?
Wir sind eben an einen hohen Zuckergehalt in unserer Ernährung gewöhnt und dann kaufen wir automatisch den Fruchtjoghurt lieber, der süßer schmeckt. Es gibt eben eine bestimmte Zuckerschwelle, die wir haben, ähnlich wie beim Salz. Das Gute ist aber, dass man sich das auch ganz schnell abgewöhnen kann, wie zum Beispiel den Zucker im Kaffee. Wer sich einmal daran gewöhnt hat, seinen Kaffee ohne Zucker zu trinken, wird Zucker im Kaffee später als unglaublich süß empfinden.
Haben Sie einen Tipp, wie man sich Zucker abgewöhnen kann?
Der erste Schritt, den man machen sollte, ist es, einfach mal aufzuschreiben, wie viel Zucker man täglich zu sich nimmt. Das ist ganz gut, um sich die Menge einmal selbst vor Augen zu führen und sich seines Zuckerkonsums bewusst zu werden. Und wenn man dann etwas ändern möchte, sollte man auf die Suche nach den Lebensmitteln oder Getränken gehen, auf die man am ehesten verzichten kann. Der Körper kann sich, was Zucker anbelangt, zum Glück relativ schnell umstellen. Und auf alles sollte man natürlich nicht verzichten.