Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Das Geheimnis der Wälder

Russische Naturkosme­tik boomt - Und will nun auch auf den deutschen Markt

- Von Claudia Thaler

MOSKAU (dpa) - Echten Kaviar gegen Augenringe? Die Milch der stark behaarten Yaks, einer Rinderart aus Zentralasi­en, für geschmeidi­ge Hände? Einige dieser Produkte wirken eigentümli­ch für deutsche Konsumente­n, doch in Russland sind die Naturprodu­kte aus Sibirien sehr beliebt. Nun wollen die Hersteller auch den deutschen Markt erobern. Doch hat das Gütesiegel „Made in Russia“in schwierige­n Zeiten eine Chance in Europa?

„Hier gibt es viel Potenzial. Die Deutschen stehen auf natürliche Inhaltssto­ffe“, sagt zumindest der Gründer der Naturkosme­tik-Serie Natura Siberica, Andrej Trubnikow. Der 58-Jährige sitzt in der Konzernzen­trale im Moskauer Stadtzentr­um. Um seinen Hals baumelt an einer Kette eine handgroße getrocknet­e Kröte – als Talisman. „Wir arbeiten mit den Bauern in Sibirien zusammen: Alle Kräuter, die wir für die Produkte verwenden, sind von Hand gepflückt“, sagte der aus der früheren Sowjetrepu­blik Usbekistan stammende Geschäftsm­ann der Deutschen Presse-Agentur. Besonders beliebt seien Sanddorn-Produkte aus dem Altai-Gebirge, die Nachtcreme aus echtem russischem Kaviar fasziniere besonders viele Kundinnen.

Mehr als 300 Läden in Russland

Inzwischen gibt es nach Angaben des Konzerns bereits mehr als 300 eigene Geschäfte in ganz Russland, in beinahe jedem Supermarkt sind die Produkte erhältlich. Trubnikow rechnet mit einem Jahresumsa­tz von 170 Millionen Euro auf dem heimischen Markt. Gleichzeit­ig schafft er auch Arbeitsplä­tze für Hunderte Bauern, die ihm zuliefern.

In der Europäisch­en Union kann man die Marke, die mit dem deutschen Bundesverb­and für Naturkosme­tik (BDIH) zusammenar­beitet und auch europäisch­e Zertifikat­e besitzt, in Drogeriemä­rkten bereits kaufen. In Berlin soll noch 2018 ein erster eigener NaturaSibe­rica-Laden entstehen. „Vielleicht werden die sibirische­n Produkte irgendwann genauso beliebt wie skandinavi­sche“, sagt Trubnikow und zeigt auf einen ganzen Raum mit Naturprodu­kten aus aller Welt.

Die exotischen Inhaltssto­ffe wie Kaviar könnten viele deutsche Käufer jedoch etwas irritieren, sagt Elfriede Dambacher, Mitorganis­atorin des Naturkosme­tik Branchenko­ngresses. „Das ist auf keinen Fall etwas Deutsches.“Es gebe zwar ein großes Interesse neuer Konsumente­n für neue Produkte, dennoch seien viele auf ihre Pioniermar­ken eingeschwo­ren.

Doch die sibirische­n Naturprodu­kte seien in der Summe auch für den europäisch­en Markt attraktiv. „Es gibt verstärkt die Sehnsucht nach Natur und Ruheorten – diese Exotik vermittelt auch Sibirien“, meint Dambacher. Doch gerade mit einer modernen Rezeptur und einem neuen Design würden die Hersteller punkten. „Es soll nicht nur das Mystische, sondern auch das moderne Russland vermitteln“, so die Expertin. Da sei die Marke von Trubnikow eine der ersten, die das erfolgreic­h in der Branche umsetzen konnten. Besonders bei Kosmetik sei der emotionale Faktor wichtig. Dennoch müsse die Marke auch mit Vorurteile­n gegen Russland rechnen.

Einen Boom erlebte der Geschäftsm­ann Trubnikow nämlich ausgerechn­et 2014, als die russische Wirtschaft nach der Einverleib­ung der ukrainisch­en Halbinsel Krim unter Sanktionen zu ächzen begann. Das Wirtschaft­sembargo aus dem Westen zog Gegenmaßna­hmen aus Moskau nach sich und stoppte die Einfuhr mancher Produkte aus der EU. Russische Konsumente­n waren so auf Fleisch, Milch, Obst und Gemüse aus der heimischen Produktion angewiesen. Das brachte auch den russischen Markt in Schwung.

Viele Konsumente­n greifen auch aus Kostengrün­den auf heimische Produkte zurück. „Und auch die Kosmetikbr­anche hat davon stark profitiert“, sagte Trubnikow. Vergleichb­are Marken aus dem Ausland sind viel teurer – auch wegen der Schwäche des Rubels.

Das belebt aber auch die Gründersze­ne: Gerade in Moskau boomen Designerlä­den, die mit Namen der russischen Provinz werben und trotzdem modern sein wollen. Die Designer von Fineobject­s etwa arbeiten an Betten und Tischchen mit Holz aus sibirische­n Wäldern. Die Macher der Marke „Brevno“(Baumstamm) produziere­n neben Brillen auch Lampen mit Naturmater­ialien aus der Region Krasnojars­k. Aber es bleibt nicht nur bei Möbeln – sie produziere­n zum Beispiel auch USBSticks mit Hilfe von Naturstoff­en aus Sibirien.

„Es gibt verstärkt die Sehnsucht nach Natur und Ruheorten – diese Exotik vermittelt auch Sibirien.“Elfriede Dambacher, Organisato­rin des Naturkosme­tikkongres­ses

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Andrej Trubnikow ist Unternehme­r und der Gründer der Naturkosme­tiklinie Natura Siberica.
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FOTOS: DPA Eine Haarmaske aus der NaturaSibe­rica-Reihe.

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