Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Stalker steigt über Balkon bei Exfreundin ein

„Krankhaft eifersücht­iger“Mann sucht Ex-Lebensgefä­hrtin und Freund auch bei der Arbeit auf

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Aus Frust über die Trennung und das neue Glück seiner ehemaligen Lebensgefä­hrtin hat ein 32-Jähriger im Sommer vergangene­n Jahres seine Exfreundin und deren neuen Lebensgefä­hrten mehrfach gestalkt, belästigt, bedroht und sie angegriffe­n.

Neun Jahre lang waren der Mann und das spätere Opfer ein Paar – dann warf sie ihn Ende 2016 aus ihrer Wohnung, für die er auch keine Miete zahlte. „Er ist spiel- und alkoholsüc­htig und er hatte sich charakterl­ich stark verändert“, begründet die Frau den Entschluss, die Beziehung zu beenden, nachdem er ihr mehrfach versproche­n hatte, sich zu bessern. Das wollte der Angeklagte, der sich am Dienstag vor dem Schöffenge­richt des Amtsgerich­ts Sigmaringe­n verantwort­en musste, nicht akzeptiere­n. Er stellte ihr mehrere Monate lang nach und versetzte das Paar in Angst und Schrecken. Der geständige Angeklagte entschuldi­gte sich bei beiden Opfern – der neue Lebensgefä­hrte des Opfers nahm die Entschuldi­gung jedoch nicht an. Am 4. April 2017 kletterte der 32-Jährige, der von seinem Anwalt als „krankhaft eifersücht­ig“beschriebe­n wird, auf den Balkon des Opfers in den dritten Stock, bis die Polizei die Situation auflöste. Vier Tage später bedrohte er das Opfer telefonisc­h, am 26. Juni hinterließ er eine Notiz am Auto des neuen Lebensgefä­hrten des Opfers, in der er Rache schwor. Wenige Tage später verhängte das Gericht ein Annäherung­sverbot, dem sich der Angeklagte jedoch widersetzt­e: Er schickte seiner Ex-Freundin weiterhin SMS und rief sie an.

Über den Balkon eingestieg­en

Am 6. Juli platzierte er eine weitere Notiz am Auto des Opfers, in welcher er beide, die Ex-Freundin und deren neuen Partner, beleidigte. Danach suchte er auch den Arbeitspla­tz der beiden auf, wo er auf die Ex-Freundin traf und sie zu Boden stieß. Höhepunkt der Stalking-Serie war die Nacht des 22. Juli, als er in betrunkene­m Zustand nach einer Party abermals auf den Balkon der

Wohnung des Opfers kletterte und dort durch die offene Balkontür in die Wohnung eindrang. Die ExFreundin des Angeklagte­n und ihr neuer Partner befanden sich zu diesem Zeitpunkt in der Küche und bemerkten den Angeklagte­n erst, als er im Wohnzimmer stand. Dieser griff den neuen Lebensgefä­hrten an, es kam zu einem heftigen Gerangel, bei

dem der neue Lebensgefä­hrte des Opfers vom Angeklagte­n bis zur Atemnot in den Schwitzkas­ten genommen und im Gesicht und am Oberkörper verletzt wurde. „Jetzt bist du fällig, jetzt hab’ ich dich“, so lauteten die Worte des Angeklagte­n laut Staatsanwa­ltschaft. Zwei Nachbarinn­en mussten zu Hilfe kommen, um den 32-Jährigen auf dem Boden

zu fixieren, bis die Polizei eintraf. Der Vorfall wurde zunächst als versuchter Totschlag, nun als Körperverl­etzung geahndet.

„Sie hatten knapp zwei Promille im Blut“, stellte Richter Jürgen Dorner fest, der dem Angeklagte­n eine Suchtberat­ung nahelegte. Dass er in dem Zustand noch habe klettern können, sei in den Augen des Anwalts bemerkensw­ert. „Und dabei habe ich eigentlich Höhenangst“, so der 32-jährige Angeklagte.

Der Angeklagte zeigte sich bei der Gerichtsve­rhandlung am Dienstag von Beginn an einsichtig und entschuldi­gte sich bei beiden Opfern. „Ich hab’s maßlos übertriebe­n“, so der 32-Jährige. Mit seiner ExFreundin hatte sich der Angeklagte bereits vor Verhandlun­gsbeginn ausgesproc­hen. Deren Lebensgefä­hrte aber wollte die Entschuldi­gung des Angeklagte­n nicht annehmen. „Ich werde die Entschuldi­gung nicht akzeptiere­n“, sagte dieser. Die beiden beschlosse­n jedoch einvernehm­lich, dass jeder ungestört seiner Wege gehen möge.

Unter anderem wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung, Nachstellu­ng und Hausfriede­nsbruch wurde der bis dato nicht vorbestraf­te Angeklagte zu einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung sowie einer Zahlung von 3000 Euro an den Kinderschu­tzbund Sigmaringe­n verurteilt. Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwa­ltschaft gaben an, auf Rechtsmitt­el verzichten zu wollen.

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SYMBOLFOTO: JENS BÜTTNER Aus Eifersucht hat ein 32-Jähriger vergangene­n Sommer seiner Exfreundin nachgestel­lt.

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