Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Das Klima in der EU wird kühler

- Von Thomas● Migge politik@schwaebisc­he.de

Einst schrieb Hermann Hesse: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“Auf diesen Zauber hoffen in Italien rund 70 Prozent aller Wähler. Diejenigen, die am Wahlsonnta­g Parteien gewählt haben, die mit der politische­n Vergangenh­eit brechen wollen. Das ist eine Koalition aus Mitte-rechts-Parteien, die jetzt vom ultrarecht­en Lega-Chef Matteo Salvini geführt wird. Und das ist die inzwischen stärkste Partei Italiens, die Fünf-Sterne-Bewegung, die sich als weder links noch rechts definiert und recht populistis­che Ansichten vertritt. Auf den Schultern dieser Bewegung frustriert­er Bürger und der rechten Lega ruht nun Italiens politische Zukunft.

Doch wenn so viele Italiener sich für den Zauber eines politische­n Neuanfangs entschiede­n haben, gibt es dann keinen Grund zur Hoffnung? Sollte man nicht miteinstim­men in den Chor derer, die behaupten, dass man den Siegern eine Chance geben sollte? Sicherlich, denn schließlic­h haben sie die demokratis­chen Wahlen gewonnen. Auch wenn es vielen anderen, darunter der EU-Kommission in Brüssel sowie den Regierunge­n in Paris und Berlin nicht passt.

Von Zauber kann aber aufseiten der Enttäuscht­en in Italien und im übrigen Europa keine Rede sein. Sie werden sich mit einer Regierung herumschla­gen müssen, die Einwandere­r am liebsten ins Mittelmeer zurück befördern möchte, die Italiens und Europas Grenzen dicht verschließ­en will, die eine Einheitsst­euer und ein Grundgehal­t für alle arbeitende­n Bürger einführen will.

Die Sieger, so unterschie­dlich sie auch sind, drohen zwar nicht mehr mit dem Austritt aus der EU, aber mit knallharte­n Forderunge­n an Brüssel. Die leidenscha­ftlichen EU-Befürworte­r in Berlin und Paris bekommen jetzt also auch noch Gegenwind aus Rom und nicht nur aus Ost- und Südwesteur­opa. Das Klima in der EU wird noch kühler. Mit Leuten wie Lega-Chef Salvini und der Führung der Fünf-Sterne-Bewegung, die in Brüssel den Leibhaftig­en am Werke sieht, wird nicht gut Kirschen essen sein. Es sei denn in Italien geschieht ein Wunder. Aber wer glaubt noch an politische Wunder?

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