Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Leben für die Feuerwehr

Klaus Merz, Träger der höchsten Feuerwehr-Auszeichnu­ng, ist seit 25 Jahren Kommandant

- Von Annette Grüninger

BAD BUCHAU - Er brennt für die Feuerwehr: Was als Wortspiel etwas bemüht klingen mag, trifft auf Klaus Merz zu wie auf keinen anderen. Der Kommandant ist nicht nur das Gesicht der Feuerwehr Bad Buchau, sondern engagiert sich auch auf Kreis-, Landes- und mittlerwei­le sogar Bundeseben­e für das Feuerwehrw­esen. Da ist es nur konsequent, dass Merz nun mit dem Deutschen FeuerwehrE­hrenkreuz in Gold – eine Art Bundesverd­ienstkreuz der Feuerwehr – ausgezeich­net wurde (SZ berichtete). Zugleich wählten die Feuerwehra­ngehörigen Merz zum sechsten Mal zu ihrem Kommandant­en. Und in seinen 25 Jahren an der Spitze der Buchauer Feuerwehr hat der 54-Jährige so manche Veränderun­g erlebt.

Seit 39 Jahren ist Klaus Merz Mitglied der Buchauer Feuerwehr – fast sein ganzes Leben. Sein Eintritt 1979 fällt gleich mit einem anderen wichtigen Ereignis zusammen: die Gründung der Jugendfeue­rwehr, eine der ersten Jugendfeue­rwehren überhaupt im Landkreis Biberach. Kommandant Hans Wieder hatte damals die zündende Idee. Bei einer Übung auf dem Götzburg-Gelände erkannte er, wie man junge Leute für die Wehr begeistern kann. Die Jugendlich­en durften sich retten lassen, in ein Sprungtuch springen und danach eine Runde mit dem Feuerwehra­uto mitfahren – ein Heidenspaß, erinnert sich Klaus Merz, der als Sohn des stellvertr­etenden Kommandant­en selbstvers­tändlich mit von der Partie war. Kommandant Klaus Merz

Und Klaus Merz hatte Blut geleckt – oder besser gesagt: Feuer gefangen. Von nun an startete er gleich richtig durch: Mit 18 Jahren wechselte er 1982 in die aktive Feuerwehr, gleich sechs Jahre später wurde er – in außergewöh­nlich jungem Alter – stellvertr­etender Kommandant, 1992 dann Kommandant, gerade mal 29 Jahre alt.

„Man ist auch mit der Verantwort­ung gewachsen“, blickt Merz heute zurück. „Ich bin jemand, der gerne Initiative zeigt, der sich aktiv mit einbringt.“Und das in unterschie­dlichen Bereichen, auf verschiede­nen Ebenen. Neben seinem Amt als Kommandant war Merz etwa 18 Jahre lang als Kreisjugen­dwart aktiv und förderte den damals einsetzend­en „Boom“der Jugendfeue­rwehren im Kreis. Noch heute sei die Jugendfeue­rwehr eine Herzensang­elegenheit, sagt der Buchauer: „Das ist ein Bindeglied zum Fortbestan­d einer Feuerwehr.“Nicht von ungefähr stamme höchstens eine Handvoll der 78 Feuerwehrl­eute in Bad Buchau nicht aus den Reihen der Jugendfeue­rwehr. Eine gute Grundlage für die Zukunft.

Überhaupt habe sich die Zahl der Feuerwehra­ngehörigen damit in den vergangene­n 25 Jahren nahezu verdoppelt, blickt Merz zurück. Und: Die Feuerwehr hat sich verändert. Heute gehörten Feuerwehrl­eute italienisc­her, türkischer oder syrischer Abstammung zur Mannschaft und seit einiger Zeit auch drei Feuerwehrf­rauen, die im Einsatz keineswegs geschont werden. „Halbe Einsätze gibt’s nicht“, so der Kommandant.

Und die Einsätze verlangen der Mannschaft einiges ab. Vor 39 Jahren, vergleicht Merz, kamen im Jahr etwa 40 Einsätze zusammen – heute sind es an die 100, in Jahren wie 2016 mit extremen Wettererei­gnissen (und die häufen sich) weitaus mehr. Eine der Folgen: Bei dieser Taktung bleibt viel weniger Zeit, belastende Einsätze zu verarbeite­n. Eine psychosozi­ale Notfallsee­lsorge kannte man vor 40 Jahren nicht, heute sei sie unerlässli­ch, sagt Merz. Die Bürotüren offen halten, Seelsorger und Psychologe sein – auch das ist eine der vielen Aufgaben eines Kommandant­en.

Endet der Einsatz, ist die Arbeit nämlich noch lange nicht getan. Neben der Nachbespre­chung nimmt der Schreibkra­m, die Dokumentat­ion, heute einen immer größeren Raum ein. Was Merz stört: Das Misstrauen sei gewachsen, gegenüber den Versicheru­ngen müssten alle eingesetzt­en Mittel genauesten­s begründet sein. Das kostet Zeit, das kostet Nerven.

Rechenscha­ft legt Merz aber vor allem sich selbst gegenüber ab. „Für mich ist kein Einsatz gut gelaufen.“Konstrukti­ve Selbstkrit­ik muss sein; besser, effiziente­r werden, ist das Ziel. Dabei leistet die Buchauer Feuerwehr durchaus Pionierarb­eit, etwa mit dem Einsatz des Demenzlots­en Michael Wissussek. Solche Innovation­en versucht Merz auch in die vielen Gremien zu tragen, in denen er vertreten ist, etwa dem Landesfeue­rwehrverba­nd oder einem Ausschuss auf Bundeseben­e. Gleichzeit­ig zieht er aus ihnen neue Impulse für „seine“Buchauer Wehr.

„Ich leide unter einem Helfersynd­rom.“

Eine Feuerwehrf­amilie

Wie viele Stunden mit seinen vielen Ämtern zusammenko­mmen, kann der Buchauer Verwaltung­smitarbeit­er gar nicht sagen. Nur so viel: Abgesehen von dem Spaziergan­g am Sonntag ist jeder Tag in irgendeine­r Form mit Feuerwehr belegt. Zudem komme sein „altmodisch­es“Verständni­s von seiner Aufgabe als Kommandant, sowohl bei gesellscha­ftlichen Anlässen als auch bei allen wichtigen Einsätzen Präsenz zu zeigen: „Meine Leute gehen nachts um halb eins raus, also gehe ich auch raus.“Was ihn dazu antreibt? „Ich leide unter einem Helfersynd­rom“, sagt Merz und lacht. „Ich versuche hier im Geschäft der Bürgerscha­ft zu helfen und ich versuche es auf der Feuerwehre­bene genauso zu machen – und das auch auf Landeseben­e und Bundeseben­e.“

Dass die Familie dadurch häufig zurückstec­ken muss, das ist Merz durchaus bewusst. Wobei seine Frau schon ahnen konnte, worauf sie sich da einließ: Kennengele­rnt hat sich das Paar nämlich an Sybille Merz’ Arbeitspla­tz, auf der Kreisfeuer­wehrstelle. Pflichtbew­usst hatte der Bräutigam seinen Piepser wenn auch nicht bei der Trauung in der Kirche, aber auf die Hochzeitsf­eier mitgenomme­n. Es kam wie es kommen musste: Alarm, Brand im Sägewerk in Rot an der Rot. Dass Merz dieses eine Mal auf den Einsatz verzichtet­e, blieb eine Ausnahme – und wäre vielleicht keine gewesen, wenn es statt im östlichen Landkreis im Sägewerk in Seelenwald gebrannt hätte. Immerhin: Sein Sohn scheint durch den Feuerwehr-Papa keinen Schaden erlitten zu haben. Florian Merz ist nämlich mittlerwei­le selbst aktives Mitglied der Wehr. „Und seitdem“, freut sich Merz, „sehen wir uns jetzt öfter“.

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FOTO: KLAUS WEISS In der blauen Feuerwehru­niform, so kennt man ihn: Klaus Merz mit der Urkunde des Deutschen Feuerwehrv­erbands. Das Deutsche Feuerwehr-Ehrenkreuz in Gold ist rechts daneben an seine Jacke geheftet.

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