Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Post-Test zeigt Mängel in der Zustellung
Nur 64 Prozent der Briefe kommen am nächsten Werktag beim Empfänger an
KREIS SIGMARINGEN/OSTRACH Trotz Handy, E-Mail und Co. hat der klassische Brief längst nicht ausgedient. Nach eigenen Angaben stellt die Deutsche Post an einem durchschnittlichen Werktag 59 Millionen Briefe zu und zu 94 Prozent schon am nächsten Werktag. Die „Schwäbische Zeitung“hat getestet, wie gut die Zustellung in der Region tatsächlich klappt.
Insgesamt 33 Briefe und Postkarten haben die SZ-Mitarbeiter sich in der Testwoche im Februar gegenseitig geschickt. Das Ergebnis: Nur 64 Prozent der Briefe sind am nächsten Werktag angekommen, weitere 23 Prozent am zweiten Werktag. Bei den Postkarten sind es 55 und 18 Prozent. Ein Brief und eine Karte sind bislang noch gar nicht angekommen. Das Ergebnis des kurzen Tests ist allerdings nicht repräsentativ. Denn die staatlichen Vorgaben der PostUniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV) geben vor, dass die Post mindestens 80 Prozent der inländischen Briefsendungen am nächsten Werktag und 95 Prozent am übernächsten Werktag zustellen muss – im Jahresdurchschnitt.
Eine Auffälligkeit beim Test der SZ: In Ostrach gab es die häufigsten Mängel. Dort kamen nur zwei von sechs Sendungen am nächsten Werktag an, eine Postkarte war sogar fünf Werktage unterwegs. Montags war der Briefkasten trotz erwarteter Sendung stets leer. Auch scheint der Briefkasten Ecke Schlößlestraße/ Schillerstraße nicht wie darauf angegeben am Samstag um 8 Uhr geleert worden zu sein. Denn alle drei dort vorher eingeworfenen Sendungen waren zwei oder drei Werktage unterwegs. Zustellprobleme in Ostrach sind Postsprecherin Carolin Gruber im Testzeitraum nur für Samstag, 17. Februar, aufgrund der schlechten Witterung bekannt. Ansonsten sei die Zustellung nach Ansicht des Unternehmens ohne Ausfälle gelaufen.
Post-Test entkräftet einen Mythos
Auch seien Briefkästen ihren Informationen zufolge täglich geleert worden. Dass montags der Briefkasten oft leer bleibt, liegt laut Gruber am grundsätzlich geringeren Briefaufkommen über das Wochenende. Da Samstag und Sonntag wenige Unternehmen und Behörden arbeiten, werde auch nur sehr wenig Post eingeliefert. „Das führt dazu, dass etliche Briefzusteller montags frei haben, weil ein Kollege an dem Tag zwei Bezirke bedient“, berichtet die Unternehmenssprecherin. Aber immerhin: Den Mythos, dass montags die heimischen Briefkästen grundsätzlich leer bleiben, hat auch der SZPost-Test entkräftet: Von den neun samstags eingeworfenen Sendungen sind vier am Montag drauf angekommen.
Laut eines Sprechers der Bundesnetzagentur, der Aufsichtsbehörde der Postdienstleister, kann die Post auch auf Leerungen verzichten. Dieser Service müsse lediglich so geleistet werden, dass das Unternehmen die entsprechenden Jahresmittelwerte bei der Zustellung einhalten kann. Beschwerden über Post-Probleme aus dem Raum Ostrach sind der Behörde nicht bekannt. Im vergangenen Jahr gab es für die Region lediglich jeweils eine Beschwerde aus Bad Saulgau, Mengen und Pfullendorf.
Bundesweit verzeichnet die Aufsichtsbehörde allerdings eine starke Zunahme von Beschwerden. Wurden im Jahr 2016 noch 4015 schriftliche Beschwerden vorgebracht, waren es im vergangenen Jahr bereits 6100. Davon ging es bei 54 Prozent um Briefe, die zum Beispiel falsch zugestellt wurden, verloren gingen oder zu lange unterwegs waren. Bei der Zahl an Beschwerden ist Nordrhein-Westfalen mit 1034 Spitzenreiter unter den Bundesländern. In Baden-Württemberg waren es im vergangenen Jahr insgesamt 469.
20 000 Zuschriften im Jahr
Diesen Anstieg der Beschwerden kann Post-Sprecherin Gruber nicht pauschal erklären, weil die unterschiedlichsten Sachverhalte Anlass für die Meldungen bei der Bundesnetzagentur seien. „Wir gehen zudem davon aus, dass der Anstieg der Beschwerden auch darauf zurückzuführen ist, dass die Bundesnetzagentur in der öffentlichen Wahrnehmung vermehrt als Beschwerdestelle für Anliegen im Postbereich angesehen wird“, so Gruber.
Nicht nur die Bundesnetzagentur, sondern auch die Verbraucherzentrale ist vermehrt Anlaufstelle für Post-Beschwerden geworden. Die hat eigens das Informations- und Beschwerdeportal www.Post-Ärger.de entwickelt, um die Verbraucherposition am Brief- und Paketmarkt zu analysieren. „In den vergangenen drei Jahren haben wir einen stetigen Zuwachs an Zuschriften“, berichtet Oliver Buttler, Abteilungsleiter Telekommunikation, Internet und Verbraucherrecht. Rund 20 000 seien es mittlerweile pro Jahr, allein im Dezember des vergangenen Jahres waren es insgesamt 2500. Regionalisierte Daten liegen dazu aber nicht vor.