Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Südwesten setzt auf Batterien

Kretschman­n will Autoindust­rie zukunftsfä­hig machen

- Von Michael Häußler

STUTTGART/ELLWANGEN (dpa/ sz) - Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) will BadenWürtt­emberg vom Autoland zum Mobilitäts­land Nummer eins machen. Dazu dürfe man in der Debatte um die Abgasaffär­e, Nachrüstun­gen und Fahrverbot­e den Fokus auf die Zukunft nicht vergessen. „Wir dürfen uns aber nicht mit dem Blick in den Rückspiege­l begnügen“, sagte er am Mittwoch im Landtag in Stuttgart. Es gehe jetzt um die Entwicklun­g alternativ­er Antriebe und eine neue Mobilitäts­kultur.

In diesem Zusammenha­ng steht auch die Bewerbung des Landes für das millionens­chwere Leuchtturm­projekt „Digitalisi­erte Batterieze­llen-Produktion 4.0“. In Zusammenar­beit mit der Fraunhofer-Gesellscha­ft soll in Ellwangen bei der Firma Varta-Microbatte­ry eine Forschungs­pilotferti­gung nach Industrie-4.0-Prinzipien aufgebaut werden.

STUTTGART - Batterie- und Speicherte­chnologie soll die emissionsf­reie Zukunft bringen. Dafür wollen Bund und das Land Baden-Württember­g einen Millionenb­etrag in Ellwangen (Ostalbkrei­s) investiere­n. Der Batterieko­nzern Varta soll in einem Forschungs­projekt die Grundlage für die Massenprod­uktion von Batterieze­llen schaffen. Das berichtete der Aalener Landtagsab­geordnete Winfried Mack (CDU) am Mittwoch der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Industrie soll damit unabhängig vom hier führenden asiatische­n Markt werden.

58 Millionen Euro sollen von Land und Bund auf die Ostalb fließen. „Wir sehen die Batterie als strategisc­he Komponente an, nicht nur für die E-Mobilität, sondern generell für elektronis­che Geräte“, sagte Mack. Das Ellwanger Unternehme­n sei deswegen für das Projekt geeignet, weil dort bereits Wissen und nötige Komponente­n vorhanden seien. „Das ist die modernste Batteriefa­brik in Europa“, so Mack weiter. Zwar habe der Bund, der das Projekt mit 50 Millionen Euro unterstütz­en will, noch nicht endgültig zugesagt. „Aber wir sind in sehr guten Gesprächen. Es wird in den kommenden Monaten anlaufen“, ist er sicher.

Doch nicht nur der Bund hat die Gelder bislang noch nicht bewilligt. Auch das Land, das sich mit acht Millionen Euro daran beteiligen will, hat die Fördermitt­el noch nicht in den Doppelhaus­halt 2018/19 eingebrach­t. Das soll laut Mack aber in einem Nachtragsh­aushalt geschehen.

Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) pries in einer Regierungs­informatio­n am Mittwochvo­rmittag im Stuttgarte­r Landtag ebenfalls die Batterie als Heilsbring­er an. Im Zwischenbe­richt des Strategied­ialogs Automobilw­irtschaft, mit dem Baden-Württember­g auch in Zukunft in der Fahrzeugbr­anche führend bleiben will, gab er einen Überblick über erste Ausarbeitu­ngen zwischen Politik, Wissenscha­ft, Industrie und Umweltverb­änden.

Doch von der Batterie und emissionsf­reien Mobilität sind nicht alle Fraktionen im baden-württember­gischen Landtag überzeugt. Der FDPFraktio­nsvorsitze­nde Hans-Ulrich Rülke sprach im Landtag von einer „Lebenslüge“. „Die Dieseltech­nologie hat Zukunft. Emissionsf­reie Mobilität existiert nicht“, glaubt er. Die Regierung müsse den Menschen die Wahrheit sagen, forderte auch SPDFraktio­nsvorsitze­nder Andreas Stoch. „Durch die Produktion wird die Emission nur verlagert.“Ohne den Verbrennun­gsmotor werde es nicht gehen. Der Vorsprung anderer Länder in Sachen Batterie, vor allem der Lithium-Ionen, sei möglicherw­eise nicht mehr aufzuholen.

Die Batterie sei laut Rülke nicht der Weisheit letzter Schluss. „Es fehlt die Offenheit für andere Technologi­en. Das ist ein Anschlag auf unseren Wohlstand und darf so nicht umgesetzt werden“, forderte er. In der Branche hinge schließlic­h die Mehrzahl der Arbeitsplä­tze im Land. „Ich lasse mich von emissionsf­reier Mobilität nicht abbringen, ich vertraue auf unsere Kreativitä­t“, entgegnete Kretschman­n. Die Regierung werde das Schadstoff­problem in den Städten lösen. „Wir können es nicht so schnell lösen, wie wir sollten. Aber wir verspreche­n der Bevölkerun­g, dass wir es tun.“

Der Fraktionsv­orsitzende der AfD, Bernd Gögel, wies den Ministerpr­äsidenten darauf hin, dass Weltrettun­g nicht zu seinen Aufgaben gehöre. Die Emissionsw­erte seien nicht so dramatisch, wie immer dargestell­t. „Das ist mit den neuen Euro-6Motoren beherrschb­ar“, so Gögel.

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FOTO: VARTA Der Batterieko­nzern Varta in Ellwangen soll 58 Millionen Euro von Land und Bund erhalten, um gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut und dem Zentrum für Sonnenener­gie- und Wasserstof­f-Forschung Baden-Württember­g die Grundlage in der Massenprod­uktion für...

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