Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Südwesten setzt auf Batterien
Kretschmann will Autoindustrie zukunftsfähig machen
STUTTGART/ELLWANGEN (dpa/ sz) - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will BadenWürttemberg vom Autoland zum Mobilitätsland Nummer eins machen. Dazu dürfe man in der Debatte um die Abgasaffäre, Nachrüstungen und Fahrverbote den Fokus auf die Zukunft nicht vergessen. „Wir dürfen uns aber nicht mit dem Blick in den Rückspiegel begnügen“, sagte er am Mittwoch im Landtag in Stuttgart. Es gehe jetzt um die Entwicklung alternativer Antriebe und eine neue Mobilitätskultur.
In diesem Zusammenhang steht auch die Bewerbung des Landes für das millionenschwere Leuchtturmprojekt „Digitalisierte Batteriezellen-Produktion 4.0“. In Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Gesellschaft soll in Ellwangen bei der Firma Varta-Microbattery eine Forschungspilotfertigung nach Industrie-4.0-Prinzipien aufgebaut werden.
STUTTGART - Batterie- und Speichertechnologie soll die emissionsfreie Zukunft bringen. Dafür wollen Bund und das Land Baden-Württemberg einen Millionenbetrag in Ellwangen (Ostalbkreis) investieren. Der Batteriekonzern Varta soll in einem Forschungsprojekt die Grundlage für die Massenproduktion von Batteriezellen schaffen. Das berichtete der Aalener Landtagsabgeordnete Winfried Mack (CDU) am Mittwoch der „Schwäbischen Zeitung“. Die Industrie soll damit unabhängig vom hier führenden asiatischen Markt werden.
58 Millionen Euro sollen von Land und Bund auf die Ostalb fließen. „Wir sehen die Batterie als strategische Komponente an, nicht nur für die E-Mobilität, sondern generell für elektronische Geräte“, sagte Mack. Das Ellwanger Unternehmen sei deswegen für das Projekt geeignet, weil dort bereits Wissen und nötige Komponenten vorhanden seien. „Das ist die modernste Batteriefabrik in Europa“, so Mack weiter. Zwar habe der Bund, der das Projekt mit 50 Millionen Euro unterstützen will, noch nicht endgültig zugesagt. „Aber wir sind in sehr guten Gesprächen. Es wird in den kommenden Monaten anlaufen“, ist er sicher.
Doch nicht nur der Bund hat die Gelder bislang noch nicht bewilligt. Auch das Land, das sich mit acht Millionen Euro daran beteiligen will, hat die Fördermittel noch nicht in den Doppelhaushalt 2018/19 eingebracht. Das soll laut Mack aber in einem Nachtragshaushalt geschehen.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) pries in einer Regierungsinformation am Mittwochvormittag im Stuttgarter Landtag ebenfalls die Batterie als Heilsbringer an. Im Zwischenbericht des Strategiedialogs Automobilwirtschaft, mit dem Baden-Württemberg auch in Zukunft in der Fahrzeugbranche führend bleiben will, gab er einen Überblick über erste Ausarbeitungen zwischen Politik, Wissenschaft, Industrie und Umweltverbänden.
Doch von der Batterie und emissionsfreien Mobilität sind nicht alle Fraktionen im baden-württembergischen Landtag überzeugt. Der FDPFraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke sprach im Landtag von einer „Lebenslüge“. „Die Dieseltechnologie hat Zukunft. Emissionsfreie Mobilität existiert nicht“, glaubt er. Die Regierung müsse den Menschen die Wahrheit sagen, forderte auch SPDFraktionsvorsitzender Andreas Stoch. „Durch die Produktion wird die Emission nur verlagert.“Ohne den Verbrennungsmotor werde es nicht gehen. Der Vorsprung anderer Länder in Sachen Batterie, vor allem der Lithium-Ionen, sei möglicherweise nicht mehr aufzuholen.
Die Batterie sei laut Rülke nicht der Weisheit letzter Schluss. „Es fehlt die Offenheit für andere Technologien. Das ist ein Anschlag auf unseren Wohlstand und darf so nicht umgesetzt werden“, forderte er. In der Branche hinge schließlich die Mehrzahl der Arbeitsplätze im Land. „Ich lasse mich von emissionsfreier Mobilität nicht abbringen, ich vertraue auf unsere Kreativität“, entgegnete Kretschmann. Die Regierung werde das Schadstoffproblem in den Städten lösen. „Wir können es nicht so schnell lösen, wie wir sollten. Aber wir versprechen der Bevölkerung, dass wir es tun.“
Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Bernd Gögel, wies den Ministerpräsidenten darauf hin, dass Weltrettung nicht zu seinen Aufgaben gehöre. Die Emissionswerte seien nicht so dramatisch, wie immer dargestellt. „Das ist mit den neuen Euro-6Motoren beherrschbar“, so Gögel.