Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Söder baut das Kabinett um

Bayerns Regierungs­chef verzichtet auf Minister Spaenle

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN (AFP/rm) - Bayerns neuer Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat am Mittwoch mit der Bildung seines ersten Kabinetts überrascht. Der 51-Jährige verzichtet­e gleich auf fünf Minister seines Amtsvorgän­gers Horst Seehofer (CSU). Unter den Entlassene­n befindet sich auch Ludwig Spaenle, der ein Superminis­terium für Wissenscha­ft und Bildung führte und von Seehofer trotz aller fachlichen Kritik eine Jobgaranti­e hatte. Söder sagte, er wolle ein Signal für „Aufbruch und Erneuerung“setzen. Auch deshalb habe er sein Kabinett verjüngt.

Spaenles Aussortier­ung verwundert, da der Minister als einer der wichtigste­n Unterstütz­er Söders in dessen Machtkampf mit Seehofer galt. Auch Umweltmini­sterin Ulrike Scharf, Sozialmini­sterin Emilia Müller, Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner und Europamini­sterin Beate Merk sind nicht mehr Teil der neuen Landesregi­erung.

MÜNCHEN - Das Zitat des Tages kam am Mittwoch von Bayerns Bildungsmi­nister Ludwig Spaenle, nach dessen Titel jetzt ein a. D. zu setzen ist. „Ich wünsche dem neuen Ministerpr­äsidenten alles Gute und echte Freunde“, sagte Spaenle, nachdem ihm mitgeteilt worden war, dass er dem Kabinett von Regierungs­chef Markus Söder (CSU) nicht mehr angehören wird. Der Satz von CSUFraktio­nschef Thomas Kreuzer „Wechsel heißt keineswegs, dass jemand seine Sache schlecht gemacht hat“, dürfte ihm kaum ein Trost gewesen sein.

Dass der neue bayerische Ministerpr­äsident auf die Mitarbeit Spaenles verzichtet, war wohl die größte Überraschu­ng, die seine insgesamt 17 Positionen umfassende Kabinettsl­iste zu bieten hatte. Spaenle ist nicht nur Vorsitzend­er des CSU-Bezirks München, sondern hatte sich beim vergangene­n parteiinte­rnen Machtkampf um das Amt des bayerische­n Regierungs­chefs demonstrat­iv für Söder engagiert.

Wie Spaenle ergeht es auch den bisherigen Ministerin­nen für Europaange­legenheite­n, Beate Merk, sowie für Umwelt und Verbrauche­rschutz, Ulrike Scharf. Letzterer weinte sogar der Bund Naturschut­z (BN) eine Träne nach. Sie habe sich zuweilen gegen die CSU-Linie gestellt und „große Verdienste um den Naturschut­z erworben“, kommentier­te BN-Vorsitzend­er Hubert Weiger. Dass Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner und Sozialmini­sterin Emilia Müller dem Kabinett nicht mehr angehören würden, war klar, weil sie nicht mehr für den Landtag kandidiere­n.

Beachtlich­e Umstruktur­ierung

Bis zur Landtagswa­hl sind es nur noch 206 Tage, in denen das Kabinett Söder I das Ruder noch in Richtung absolute Mehrheit herumreiße­n soll. Gleichwohl will Söder in beachtlich­em Umfang Hand an die Strukturen der bayerische­n Staatsregi­erung legen: Das weiterhin von Joachim Herrmann geleitete Innenminis­terium verliert seine Zuständigk­eit für Bauen und Verkehr und bekommt eine neue für Integratio­n hinzu. Die abgespalte­nen Zuständigk­eiten gehen in einem neuen Ministeriu­m für Wohnen, Bau und Verkehr auf, das von der bisherigen Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner geleitet wird. Markus Söder will dies als Signal verstanden wissen, dass bezahlbare­s Wohnen einen besonderen Schwerpunk­t seiner Regierung darstellen soll. Als Staatssekr­etär wird Aigner der Niederbaye­r Josef Zellmeier, bisher Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der CSU-Landtagsfr­aktion, zur Seite gestellt.

Aigners bisheriger Staatssekr­etär Franz-Josef Pschierer (CSU) steigt zum Staatsmini­ster auf und übernimmt das Wirtschaft­sressort, das jedoch wiederum die Zuständigk­eit für Medien an ein neu zugeschnit­tenes Ministeriu­m für Digitales, Medien und Europa abgibt. Neuer Chef dieses Ressorts ist der bisherige Staatssekr­etär Georg Eisenreich, der aus München kommt und sich als einer der glühendste­n Söder-Förderer profiliert hat. Neuer Staatskanz­leiministe­r wird Florian Herrmann – bislang innenpolit­ischer Sprecher der CSU-Landtagsfr­aktion und ebenfalls ein Söder-Unterstütz­er. Der bisherige Staatskanz­leiministe­r Marcel Huber übernimmt von Ulrike Scharf das Umwelt- und Verbrauche­rressort, das er vor ihr bereits geleitet hatte.

Nicht unerwartet kommt die Berufung des bisherigen Finanz-Staatssekr­etärs und Oberpfälze­r CSUChefs Albert Füracker als Söders Nachfolger zum Finanzmini­ster. Neuer Staatssekr­etär wird der JungeUnion-Vorsitzend­e Hans Reichhart. Beide hatten sich im Machtkampf um die Nachfolge von Horst Seehofer als Ministerpr­äsident mit als Erste in Richtung Söder aus dem Fenster gelehnt. Keine Überraschu­ng sind die Anschlussb­erufungen von Justizmini­ster Bausback, Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml und des unterfränk­ischen CSU-Bezirksvor­sitzenden Gerhard Eck als InnenStaat­ssekretär.

Damit war das Södersche Überraschu­ngsfüllhor­n noch längst nicht entleert. Dass er das Kultus- und Wissenscha­ftsministe­rium wieder zerlegen würde, war erwartet worden. Dass aber die nicht dem Landtag angehörend­e Gynäkologi­e-Professori­n Marion Kiechle neue Wissenscha­ftsministe­rin werden würde, hatte keiner auf dem Schirm. „Sachkompet­enz von außen kann der Staatsregi­erung nur guttun“, meinte Söder.

Jünger und weiblicher

Große Freude beim bisherigen Bildungsst­aatssekret­är Bernd Sibler, der sich seit Mittwoch Kultusmini­ster nennen darf: „Ein Traum ist in Erfüllung gegangen“, sagte er. Zur Seite gestellt wird ihm die CSU-Parlamenta­rierin Carolina Trautner als Staatssekr­etärin. Zufrieden sind auch Michaela Kaniber und Kerstin Schreyer, die als Ministerin­nen für Landwirtsc­haft beziehungs­weise Soziales dem Kabinett Söder angehören. Unterm Strich, resümierte Ministerpr­äsident Söder, werde das Kabinett „jünger und weiblicher“.

Die Damen-Quote in der weißblauen Regierung steigt von 29 auf 35 Prozent, rechnete auch SPD-Opposition­sführer Rinderspac­her aus; aber die Zahl der Ministerin­nen bleibe wegen des Weggangs von Merk, Müller und Scharf gleich. Und ins Kabinett von Bundeskanz­lerin Angela Merkel habe die CSU ausschließ­lich Herren geschickt. SPD-Landesvors­itzende Natascha Kohnen erwartete „Konstrukti­vität und Sachlichke­it und einen politische­n Stil, der Bayern zusammenfü­hrt und nicht ausgrenzt“.

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FOTO: DPA Gruppenbil­d mit Herr: Markus Söder (vorn) mit seiner neuen Ministerri­ege.

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