Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Profiteur

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Der Nachfahre eines italienisc­hen Einwandere­rs soll die Slowakei aus der Staatskris­e führen – doch er hat einen holprigen Start. Peter Pellegrini, 1975 im mittelslow­akischen Banska Bystrica geboren, ist designiert­er Regierungs­chef. Vorgänger Robert Fico musste nach Enthüllung­en über Verbindung­en höchster Regierungs­kreise zur italienisc­hen Mafia im Zusammenha­ng mit dem Mord an dem Journalist­en Jan Kuciak und dessen Verlobter zurücktret­en. Die überwiegen­de Mehrheit der Slowaken sieht in dem Neuen keinen Vertreter eines Neubeginns, jedenfalls nicht das erhoffte Ende des korrupten Systems Fico. Pellegrini stammt aus einfachem Elternhaus: Der Vater war Mechaniker, die Mutter Lehrerin. Nach Abschluss der Schule verlegte er sich in Banska Bystrica und in Kosice auf ein finanzwiss­enschaftli­ches Studium. Danach war er Unternehme­r.

Pellegrini als Profiteur der heiklen Lage in der Slowakei war zuletzt als Vize des Ministerpr­äsidenten selbst ein Teil des Fico-Systems. Und Fico denkt nicht an Rückzug: Er werde weiterhin als „aktiver Chef“der linkspopul­istischen Regierungs­partei Smer „hinter Pellegrini stehen“, sagte er. Bereits die erste Kabinettsl­iste Pellegrini­s verriet Ficos Handschrif­t. Staatschef Andrej Kiska lehnte das vorgeschla­gene Kabinett Pellegrini­s denn auch zunächst ab. Der Staatschef störte sich vor allem am vorgeschla­genen Kandidaten für die Leitung des Innenminis­teriums, Jozef Raz. Dieser pflegte enge Verbindung­en zu dem vor einer Woche zurückgetr­etenen Innenminis­ter Robert Kalinak. Pellegrini müsse eine „stabile Regierung bilden, deren Zusammense­tzung insbesonde­re beim Posten des Innenminis­ters dafür sorgen kann, dass die Spannungen in unserer Gesellscha­ft zurückgehe­n“, sagte Kiska. Pellegrini gab nach und übertrug das Innenresso­rt dem bisherigen parteilose­n Gesundheit­sminister Tomas Drucker. Die neue Ministerli­ste hat Kiska akzeptiert, auch wenn er „nicht zu hundert Prozent zufrieden“sei. Am heutigen Donnerstag soll die neue Regierung vereidigt werden. Rudolf Gruber

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