Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
EU wiIl Internetkonzerne effektiver besteuern
Übergangssteuer von drei Prozent auf digitale Umsätze geplant
BRÜSSEL - Die EU will die Körperschaftsteuer auf digitale Unternehmen wie Onlineplattformen, Tauschbörsen, Streamingdienste sowie Einkünfte aus Onlinewerbung ausweiten. Da Steuerdebatten in der EU langwierig sind, soll eine Übergangssteuer von drei Prozent auf digitale Umsätze jeweils in dem Land erhoben werden, wo die Nutzerdaten abgeschöpft wurden. Steuerpflichtig sind Unternehmen mit einem Gesamtjahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro und EU-Einnahmen von mindestens 50 Millionen Euro. Nach Schätzungen der EU-Kommission würde die neue provisorische Umsatzsteuer fünf Milliarden Euro jährlich in die Kassen der Mitgliedsstaaten spülen.
Während andere Multis Wachstumsraten zwischen 0,2 und drei Prozent verzeichnen, sind bei Google und Co. Umsatzsteigerungen von bis zu 14 Prozent jährlich keine Ausnahme. Besteuert aber wird davon nur ein winziger Teil. Das will die EUKommission ändern. „Wir Europäer verschicken jeden Tag 20 Milliarden Mails, schauen uns 800 Millionen Videos online an, posten 150 Millionen Nachrichten in sozialen Netzwerken – das ist ein blühendes Geschäft“, sagt der für Steuern zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici. Die Digitalwirtschaft eröffne große Chancen für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung in Europa. Dafür wolle man offen bleiben. „Aber es stellen sich auch juristische und fiskalpolitische Fragen.“Während vor zehn Jahren nur einer der 20 umsatzstärksten Weltkonzerne sein Geld mit Digitalwirtschaft verdiente, sind es heute neun von 20 Unternehmen.
„Unser Vorschlag richtet sich nicht gegen ein bestimmtes Unternehmen oder ein Land – das habe ich auch dem zuständigen US-Minister mehrfach versichert“, so Moscovici. Die EU-Kommission schätzt, dass 120 bis 150 Unternehmen weltweit von der Steuer betroffen sind, davon etwa die Hälfte aus den USA und ein Drittel aus Europa.