Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Heintje und die Revoluzzer
Deutschland '68 (Mo.,
ARD, 23.30 Uhr) - Für Menschen, die selbst bewegt sind vom Geist der 68er-Epoche, ist dieser Film eine Enttäuschung. Dem Mischteam von NDR und
BR geht es vor allem um eins: Ausgewogenheit. Artig vorgestellt werden Leute wie ein langhaariger Yoga-Lehrer aus dem Wendland („Es war eine wilde Zeit“), eine oberbayrische CSU-Veteranin („Die durften studieren und machten Zirkus.“), eine Boutiquenbesitzerin aus Bremen, die Miniröcke verkaufte, ein pensionierter Berliner Polizist, der bei den Demos Dienst hatte („Meine Frau hat viel jelitten.“) sowie eine Gruppe kirchlich orientierter Rolling-Stones-Fans aus dem sächsischen Schirgiswalde. Die waren 1968 von der Schule geflogen, weil sie gegen den Abriss der Leipziger Uni-Kirche protestiert hatten. Im Westen ging es um den Vietnamkrieg, die Notstandsgesetze, die alten Nazis in den Institutionen. „Die haben sich für uns null interessiert“, beschwert sich Ost-Bardin Bettina Wegner. Die vorgeführten Zeitdokumente – stammelnde Studenten, chaotische Demos – wirken rudimentär und tendenziös. Freundlich präsentiert wird hingegen Heintje, der 1968 mit „Mama“in die Charts kam. Es entsteht der Eindruck, dass da ein paar arbeitsscheue Krawallbrüder die Straßen sinnlos unsicher machten. Dass die Bewegung uns am Ende alle von den Zwängen und den Lügen der Nachkriegszeit befreit hat, ist den Autoren entgangen.