Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gemeinderat revidiert seine Entscheidung
Bingen führt die unechte Teilortswahl nach deren Abschaffung im November wieder ein
BINGEN - Mit deutlicher Mehrheit hat der Binger Gemeinderat die unechte Teilortswahl wieder eingeführt, nachdem er sie erst im vergangenen November abgeschafft hatte. Mehrere Gemeinderäte und auch Bürgermeister Jochen Fetzer erklärten, dass die breite Front der Gegner des Beschlusses sie zu einem Umdenken gebracht hätte.
Nachdem zwei der Vertrauensleute für den Einwohnerantrag noch einmal kurz ihre Sicht der Dinge erläutert hatten, ergriff Fetzer zuerst das Wort. Selbst das gewissenhafte Abwägen aller Argumente hätte ihm die Entscheidung noch schwer gemacht. „Geholfen hat mir dann aber die Besinnung auf meinen Amtseid“, sagte er. Darin habe er gelobt, „das Wohl der Gemeinde und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern“. Bis zur Einwohnerversammlung am 8. März habe er niemanden getroffen, „der unseren Entschluss unterstützt hat“. Er kündigte an, für die Wiedereinführung der unechten Teilortswahl zu stimmen.
Helmut Rummler erklärte, dass der Integrationsprozess der Ortsteile zwar stattfinde, aber noch nicht abgeschlossen sei. „Die Ortsteile fühlen sich eher repräsentiert, wenn sie einen festen Vertreter haben“, sagte er. „Die Zeit, das Wahlsystem zu ändern, ist noch nicht reif.“Walter Enz argumentierte noch einmal, dass die Integration zumindest im Gemeinderat sehr wohl abgeschlossen sei. „Außerdem sitzen hier gleich zwölf Ansprechpartner“, sagte er. „Das muss doch nicht zwingend der eigene Nachbar sein.“
Horst Arndt gehörte zu denjenigen, die anders abstimmten als noch im November. Für ihn war die kleine Abstimmung nach der Einwohnerversammlung „eindeutig ein Zeichen, dass ich meine Meinung ändern sollte“. 80 Personen hatten dort abgestimmt, davon waren 70 für die Wiedereinführung der unechten Teilortswahl. Holger Hofstetter vermutete, dass das Wahlsystem für die meisten keine Rolle spiele.. „Aber eine große Menge sieht es anders, und die müssen wir vertreten“, sagte er.
Anita Gauggel und Sabine Grom bekräftigen ihre Haltung gegen die unechte Teilortswahl. „Wenn wir künftig Kandidaten für den Gemeinderat brauchen, spielt der Wohnort keine Rolle mehr“, sagte Gauggel. Sabine Grom zeigte Verständnis für die Angst, die die Unterzeichner des Einwohnerantrags haben. „Ich glaube aber nicht, dass die Ortsteile abgehängt werden“, sagte sie. „Wir sind doch schließlich ein Gemeinderat für alle.“
Tobias Ströbele lobte, „wie das Ganze gelaufen ist. Den Menschen zuhören und dann seine Meinung ändern: Das zeichnet unseren Gemeinderat aus“, sagte er.
Bei der Abstimmung kehrte sich das Stimmenverhältnis im Vergleich zum November um: Neun stimmten für die Wiedereinführung der unechten Teilortswahl, vier dagegen. Im Herbst hatten noch sieben Gemeinderäte gegen die unechte Teilortswahl und nur fünf dafür votiert.