Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
CDU will Polizisten besser schützen
CDU-Generalsekretär will Pilotprojekt aus Offenburg auf das ganze Land ausweiten
STUTTGART (tja) - Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär Manuel Hagel fordert eine konsequentere Strafverfolgung von Tätern, die Polizisten oder Rettungskräfte angreifen: „Da reicht ein Strafbefehl nicht aus. Querulanten und Straftäter müssen vor Gericht.“Hagel schlägt vor, ein Konzept der Staatsanwaltschaft Offenburg auf das ganze Bundesland auszuweiten. Dort beschäftigt sich ein Schwerpunktdezernat mit solchen Delikten.
STUTTGART - Mit härteren Gesetzen will die Bundesregierung die Gewalt gegen Polizisten eindämmen. Die CDU in Baden-Württemberg will aber noch mehr tun, um Beamte, Rettungskräfte und Feuerwehrleute zu schützen. Generalsekretär Manuel Hagel wünscht sich ein konsequenteres Vorgehen der Justiz. Vorbild ist ein Projekt der Staatsanwaltschaft Offenburg.
Die dortige Behördenleitung hat 2016 eine neue Ermittlungskonzeption für Fälle eingeführt, in denen Polizisten oder Beamte der Ordnungsämter angegriffen oder beleidigt werden. Ein Staatsanwalt kümmert sich nun um alle Fälle, vorher waren verschiedene Juristen zuständig. Die Ankläger sollen ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung der Delikte annehmen. Das hat konkrete Auswirkungen: In solchen Fällen darf ein Verfahren nicht eingestellt werden.
Außerdem sollen die Staatsanwälte keine Deals mehr abschließen, um Prozesse zu vermeiden. Darüber hinaus sollen sie, bei entsprechend schweren Fällen, mindestens eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen verlangen. Ziel ist sogar, in der Mehrheit der Verfahren eine Hauptverhandlung zu führen. Die Idee dahinter: Ein Prozess im Gerichtssaal soll die Schwere der Taten verdeutlichen.
Alle Rettungskräfte einbeziehen
CDU-Politiker Hagel lobt den Ansatz: „Das ist ein Best-Practice-Modell für Baden-Württemberg. Bei solchen Taten reicht ein Strafbefehl nicht aus. Querulanten und Straftäter müssen vor Gericht, das erzeugt eine ganz andere Wirkung.“Deswegen will er mit Justiz- und Innenministerium sowie den Fraktionen im Landtag diskutieren, ob man das Offenburger Modell auf alle Staatsanwaltschaften in Baden-Württemberg ausweiten kann. Dann müsse es jedoch neben Polizisten und Ordnungsamts-Mitarbeitern auch für alle übrigen Rettungskräfte gelten.
Es gehe keineswegs darum, die Justiz zu bevormunden. Aber der Staat habe den Auftrag, seine Beamten und Rettungskräfte zu schützen. „Beamte im Einsatz, Rettungskräfte und Gemeindevollzugsbedienstete dürfen nicht die Fußabtreter der Nation sein“, so Hagel.
Rückenwind bekommt er von Alexander Ganter, dem Chef des Landesarbeitskreises Christlich Demokratischer Juristen. Er hält das Offenburger Modell für empfehlenswert. „Das beste Gesetz nützt nicht, wenn es nicht umgesetzt wird“, so der Richter. 2017 hatte die Bundesregierung einen neuen Straftatbestand eingeführt. Er soll es erleichtern, Attacken auf Ordnungshüter zu verfolgen. Mit dem Offenburger Projekt sei es gelungen, das neue Gesetz sinnvoll zu vollstrecken, so Ganter.
Die Staatsanwaltschaft Offenburg zieht nach anderthalb Jahren ein positives Zwischenfazit ihres Projektes. Seit 2016 verfolgte die Behörde nach Angaben einer Sprecherin 336 Verfahren wegen Straftaten gegen Polizeibeamte. Darunter waren 29 Körperverletzungen und 129 Beleidigungen. Davon wurden 153 rasch erledigt, nämlich innerhalb eines Monats.
Positive Zwischenbilanz
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein Zeichen für den Erfolg des neuen Weges. Durch die alleinige Zuständigkeit eines Dezernates könnten Verfahren stringenter erledigt werden. Auch die Aufklärungsquote ist hoch: Über 90 Prozent der Verfahren enden mit Erhebung einer Anklage durch Strafbefehl oder vor Gericht. Die Richter folgen den Anträgen der Ankläger oft: Sie verhängten in mehr als 80 Prozent der Erledigungsfälle die beantragte Geldstrafe von 50 Tagessätzen. Die Täter mussten rund 1,5 Nettomonatsgehälter zahlen. „Es ist erfreulich, dass sich schon anderthalb Jahre nach dem Start der Konzeption zeigt, dass die mit ihr verfolgten Ziele erreicht wurden“, sagte die Staatsanwältin Miriam Kümmerle.