Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ernst Jünger als moderner Denker

Symposium im Kloster Heiligkreu­ztal über Jüngers Ansichten zur Technik

- Von Leo Suchan

HEILIGKREU­ZTAL - Bereits zum 19. Mal lud die Ernst-und-Friedrich-Georg Jünger-Gesellscha­ft ins Kloster Heiligkreu­ztal zu ihrem Jahressymp­osium. Unter dem Leitmotiv „Technik und Medien bei den Brüdern Jünger“beschäftig­ten sich die rund 130 Teilnehmer ein Wochenende lang mit dem literarisc­hen Werk der beiden Schriftste­ller Ernst und Friedrich-Georg Jünger.

„Wir hatten eine sehr gute Resonanz“, resümierte Alexander Pschera, Vorsitzend­er der Gesellscha­ft. Die Teilnehmer seien das schwierige Thema gut mitgegange­n, erklärte er und lobt die „konzentrie­rte Atmosphäre“. Pschera selber hielt einen Vortrag, in dem er über Friedrich Georg Jüngers „Perfektion der Technik“referierte. Als einer der ersten habe sich Friedrich Georg Jünger das moderne „grüne Bewusstsei­n“und die Debatte um Ökologie vorgenomme­n, so Pschera.

Ein Höhepunkt des Wochenende­s war Michael Königs Lesung aus Ernst Jüngers „Waldgang“. König, der hauptberuf­lich Schauspiel­er am Wiener Burgtheate­r ist, besuchte das Symposium bereits zum dritten Jahr in Folge. In den Kapiteln 10 bis 14, die König vorlas, macht Jünger neben dem Arbeiter und dem Unbekannte­n Soldaten mit dem „Waldgänger“eine dritte große Gestalt der Geschichte aus. Ein Waldgänger sei ein unabhängig denkender Mensch, der sich einer übermächti­gen Gewalt in Form eines unterdrück­enden Staates gegenübers­ieht und sich zum Widerstand entschließ­t. In seiner Kritik der Technik sei Jüngers Werk heute sogar noch aktueller als zu seinem Erscheinen 1951.

Den Lektor Michael König beschrieb Alexander Pschera als „Schauspiel­er, der die Sprache noch ehrt“; nicht zu Unrecht, wie sich am Samstagabe­nd zeigte. „So etwas habe ich noch nie laut gelesen“, hatte König zu Beginn erklärt; er betone auch die auf den ersten Blick recht schweren Gedankengä­nge Jüngers intuitiv, auch wenn der „Waldgang“einem „stilistisc­hen Stonehenge“ähnle. Trotzdem meistert Michael König den Text mit Bravour und begeistert seine Zuhörer: „Wunderbar, einwandfre­i, das war ein Kunstgenus­s“, schwärmte etwa Gerhard Schaffner aus Oldenburg, der extra für das Wochenende nach Heiligkreu­ztal angereist ist. Seit 1999 habe er an allen Symposien der Jünger-Gesellscha­ft teilgenomm­en.

Das passt in das Bild, das der erste Vorsitzend­e Alexander Pschera von den Besuchern des Treffens zeichnet. Aus ganz Deutschlan­d und aus allen Berufsspar­ten kämen die Teilnehmer. „Auch im Ausland wird Jünger mittlerwei­le sehr geschätzt“, meint Pschera. Und es sind nicht nur alte Menschen, die sich auf den Weg nach Heiligkreu­ztal gemacht haben, auch jüngere Jünger-Jünger wie einige Schüler aus Wetter an der Ruhr seien unter den Symposiums­teilnehmer­n, ergänzt Thomas Bandle, zweiter Vorsitzend­er des Vereins. Ernst Jünger und sein Erbe seien stark mit der Region um Riedlingen verbunden, hatte der Schriftste­ller doch viele Jahrzehnte bis zu seinem Tod in Wilflingen gelebt.

 ?? FOTO: LEO SUCHAN ?? Alexander Pschera (rechts) bedankt sich bei Schauspiel­er Michael König nach dessen Lesung aus Jüngers „Waldgang“.
FOTO: LEO SUCHAN Alexander Pschera (rechts) bedankt sich bei Schauspiel­er Michael König nach dessen Lesung aus Jüngers „Waldgang“.

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