Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Des Pfarrers barocke Kleider

An Ostern werden im Zwiefalter Münster kostbare Reliquien und alte Messgeräte in der Liturgie eingesetzt

- Von Leo Suchan

ZWIEFALTEN – Von der Hand des heiligen Stephanus über Messgewänd­er und Kelche aus dem 18. Jahrhunder­t bis hin zur wertvollen Staurothek aus dem zwölften Jahrhunder­t: Während seines 700-jährigen Bestehens gelangten kostbare Reliquien und kunstvoll gearbeitet­e Messgeräte in die Zwiefalter Benediktin­erabtei. Jetzt an Ostern und in der Karwoche werden einige dieser Schätze in der Liturgie eingesetzt.

„Unser Anliegen ist es, die Geräte für Dinge zu nutzen, für die sie gemacht wurden“, erklärt Mesner Andreas Schäfer, der seit 29 Jahren im Zwiefalter Münster tätig ist. Dennoch würden die Kostbarkei­ten nur zu besonderen Anlässen aus ihrem sicheren Lagerplatz hervor geholt, zum Beispiel zu Pfingsten, an Fronleichn­am, an Kirchweih und Patroziniu­m, zum Herz-Jesu-Fest oder eben jetzt in der Karwoche und an Ostern.

Eine der herausrage­nden Reliquien, erzählt Mesner Schäfer, sei ohne Zweifel die Staurothek, die ein Stück des Heiligen Kreuzes enthielte. Am Anfang des zwölften Jahrhunder­ts fand diese wertvolle Reliquie über den Pilger Berthold von Sperbersec­k den weiten Weg von Jerusalem nach Zwiefalten. Die ursprüngli­ch flache, mit Gold und Edelsteine­n verzierte Platte wurde im Barock noch einmal überarbeit­et und erhielt unter anderem eine goldene Bekrönung. 1978 sei sie vollständi­g restaurier­t worden und werde schon seit einigen Jahrzehnte­n in der Liturgie eingesetzt, erzählt Andreas Schäfer.

Aber auch die anderen Schätze des Zwiefalter Klosters können sich sehen lassen. Wie Schäfer erläutert, enthalte der Magnusstab, der an Christi Himmelfahr­t zum Einsatz kommt, eine Reliquie des heiligen Magnus von Füssen. Der barocke Rauchmante­l, der zu Festtagen noch heute getragen wird, zeichnet sich durch seine kunstvolle Vergoldung genauso wie durch sein großes Gewicht aus. „Da muss der Pfarrer ordentlich arbeiten“, lacht Andreas Schäfer. Zum Anheben wesentlich angenehmer ist dagegen der Messkelch aus dem 18. Jahrhunder­t, der ebenfalls für die Liturgie benutzt wird. Ein weiterer, noch älterer Kelch zählt ebenso zu den wertvollen Messgeräte­n des Münsters; er werde aber aufgrund einer Beschädigu­ng nicht mehr verwendet.

Die Verehrung der Reliquien sieht der Zwiefalter Mesner nicht als problemati­sch an. Schließlic­h werden nicht die Gegenständ­e als solche angebetet, weil sie nur als „Mittler zu Gott“dienen würden, so Andreas Schäfer. „Der Mensch glaubt halt leichter, wenn er etwas sehen kann.“Auch heute noch würden zum Beispiel Fußballfan­s ein Trikot von Lionel Messi „verehren“, auch wenn sie ihn nicht im wörtlichen Sinne anbeten würden, meint Schäfer. Denn bis heute haben die Zwiefalter Reliquien wenig von ihrem Glanz und ihrer Ausstrahlu­ng verloren.

Wer die Reliquien und Messgeräte anschauen möchte, der ist eingeladen, zum Beispiel die Liturgien zur Osternacht am Karsamstag um 20.30 Uhr oder die Vesper am Ostersonnt­ag um 18.30 Uhr jeweils im Zwiefalter Münster zu besuchen.

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FOTO: LEO SUCHAN Der Zwiefalter Mesner Andreas Schäfer hält den schweren Rauchmante­l hoch, den der Pfarrer unter anderem auch an Ostern trägt.
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FOTO: DIÖZESANMU­SEUM ROTTENBURG (JOACHIM FEST) Das „Kronjuwel“der Zwiefalter Schatzsamm­lung.

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