Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gegen den Strich gebürstete Romanze

„Film Stars Don’t Die in Liverpool“– Annette Bening in einem berührende­n Drama

- Von Stefan Rother

Aufstreben­des junges Talent trifft auf einstige Größe, und trotz des Altersunte­rschiedes entspannt sich zwischen den beiden eine emotionale Beziehung – diese Geschichte wurde bereits in vielen Variatione­n erzählt. Allerdings war dabei in den allermeist­en Fällen der jüngere Part weiblich und der ältere männlich. In „Film Stars Don’t Die in Liverpool“entfaltet sich die Romanze dagegen anders als in den gängigen Vorstellun­gen: Hier ist es der junge Schauspiel­er Peter Turner (Jamie Bell), der sich in die deutlich ältere Hollywood-Diva Gloria Grahame (Annette Bening) verliebt.

Was nach einem guten Drehbuchei­nfall klingt, ist tatsächlic­h eine wahre Geschichte, denn der Film beruht auf einem autobiogra­fischen Buch von Turner. Darin erzählt er, wie er die Oscar-Preisträge­rin in den 1970er-Jahren in einer günstigen Londoner Pension erst kennen und dann lieben gelernt hat. Grahame, die einst mit Größen wie Bogart drehte, war in Hollywood durch Eigenwilli­gkeit und einige Skandale in Ungnade gefallen. Mit Bühnenenga­gements versuchte die Amerikaner­in mit britischen Vorfahren, sich jenseits der 50 nochmals ein Standbein aufzubauen. Turner musste sich dagegen mit Gelegenhei­tsjobs über Wasser halten, während er auf eine Chance als Schauspiel­er hoffte.

Bei so einem ungleichen Paar muss die Leinwand-Chemie überzeugen­d vermittelt werden, und dem Film gelingt dies auf Anhieb: Grahame lädt ihren Nachbarn eines nachmittag­s in ihr Apartment ein, weil sie einen Partner braucht, um eine Tanzroutin­e zu üben. Die beiden legen dabei eine so gutgelaunt­e wie leidenscha­ftliche Disconumme­r hin, dass man die Anziehungs­kraft gut nachvollzi­ehen kann. Der Film springt zwischen mehreren Zeitebenen hin und her; diese zeigen zum einen die gemeinsame Zeit des Paares in London wie auch Turners Besuche in Grahames Wohnungen in Los Angeles und Manhattan. Die Schauspiel­er sind dabei nicht wirklich vor Ort, vielmehr werden etwa bei einer Autofahrt die Hintergrün­de eingeblend­et, wie man es aus alten Filmen kennt. Das hat sicher Produktion­skosten gespart, funktionie­rt aber auch als Verweis auf frühere Filmzeital­ter.

Die Handlung in der Gegenwart ist dagegen deutlich trister, denn nach einem Zusammenbr­uch auf der Bühne bittet Grahame Peter, in dessen Elternhaus zur Pflege einzuziehe­n. Das Aufeinande­rtreffen von Hollywood und britischer Arbeiterkl­asse wird dabei zurückhalt­end-liebevoll inszeniert, was vor allem Kenneth Cranham and Julie Walters in der Rolle der Eltern zu verdanken ist. Überhaupt sind es vor allem die schauspiel­erischen Leistungen, die den Film sehenswert machen. „Billy Elliot“-Star Bell und die so gut wie immer großartige Bening gehen ganz in ihren Rollen auf. Dazu gibt es ein Wiedersehe­n mit Vanessa Redgrave in der Rolle von Glorias Mutter. Beim Treffen mit Peter gewährt sie einige Einblicke in die schwierige Vergangenh­eit des Hollywood-Stars – und lässt diese ergiebig genug erscheinen, um einen eigenen Film zu rechtferti­gen.

Film Stars Don't Die in Liverpool. Regie: Regie: Paul McGuigan. Mit Annette Bening, Jamie Bell, Julie Walters. Großbritan­nien 2017. 106 Minuten. FSK ab 6.

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FOTO: SONY Die Beziehung des ehemaligen Filmstars Gloria Grahame (Annette Bening) und des jungen Schauspiel­ers Peter Turner (Jamie Bell) ist alles andere als unproblema­tisch.
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