Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Tödliche Hundeattac­ke

Mutter und Sohn wohl vom eigenen Kampfhund totgebisse­n

- Von Christina Sticht

HANNOVER (dpa) - Am Tag nach der blutigen Hundeattac­ke in einem Wohnblock in Hannover herrscht bei den Nachbarn Fassungslo­sigkeit. Kamerateam­s haben sich vor dem Eingang des siebenstöc­kigen Mietshause­s versammelt, der tragische Tod einer 52-Jährigen und ihres 27 Jahre alten Sohnes ist nicht nur in der Stadt Gesprächst­hema.

Die Schwester des jungen Mannes hatte am Dienstagab­end vom Balkon aus ihren Bruder leblos in der Wohnung liegen sehen und die Polizei alarmiert. Dabei warnte sie vor dem Staffordsh­ire-Terrier-Mischling. Als die Ermittler die Tür zur Wohnung aufbrachen, entdeckten sie auch die Leiche der 52-Jährigen. Der Hund wurde von Feuerwehrl­euten mit einer Schlinge eingefange­n und zunächst in ein Tierheim gebracht.

Um die Hintergrün­de der Tragödie aufzukläre­n, ordnete die Staatsanwa­ltschaft die Obduktion der Leichen an. Nach Einschätzu­ng von Rechtsmedi­zinern wurden Mutter und Sohn totgebisse­n.

Im Stahlzwing­er eingesperr­t

Die Mutter saß nach Angaben von Anwohnern im Rollstuhl. Aus Sicht vieler Menschen im Viertel waren die beiden mit dem Hund völlig überforder­t. Chico soll in einem Stahlzwing­er im Zimmer des 27-Jährigen gelebt haben.

Die Stadt Hannover muss nun entscheide­n, ob Chico nach der tödlichen Attacke auf sein Herrchen und Frauchen eingeschlä­fert wird. Im Tierheim lag er am Mittwoch apathisch in seinem Zwinger.

Vor 18 Jahren hatten zwei Kampfhunde in Hamburg den sechsjähri­gen Volkan zu Tode gebissen – bundesweit wurden danach die Regeln für gefährlich­e Hunde verschärft. Studien zufolge werden Hunde meistens auffällig, wen sie mit sehr viel Druck und Gewalt erzogen werden. „Ein Staffordsh­ire-Terrier ist nicht gefährlich­er als ein Labrador“, betont Dunia Thiesen-Moussa, die an der Tierärztli­chen Hochschule Hannover eine Verhaltens­medizinisc­he Sprechstun­de anbietet. „Man kann Hunde allerdings darauf trainieren, Artgenosse­n zu verletzen oder gar zu töten“, räumt die Tierärztin ein.

Zuletzt wurde im Mai 2017 im baden-württember­gischen Stetten am kalten Markt eine 72-Jährige von einem Hund der Rasse Kangal auf einem Fußweg angegriffe­n und totgebisse­n.

Jährlich sterben in Deutschlan­d im Schnitt drei bis vier Menschen an Hundebisse­n oder nach Hundestöße­n. Das Statistisc­he Bundesamt zählte von 1998 bis 2015 insgesamt 64 Todesopfer. Hundebisse werden bundesweit nicht statistisc­h erfasst. Für 2010 zählte die gesetzlich­e Unfallvers­icherung 3610 gemeldete Bissverlet­zungen – davon rund 75 Prozent durch Hunde und Katzen. Wenn die Hundeattac­ken tödlich enden, sind meist Menschen Opfer, die sich schlecht verteidige­n können – also Ältere und kleine Kinder.

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FOTO: DPA In dieser Wohnanlage wurden die zwei Toten entdeckt.

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