Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weniger Macht den Konzernen
EU-Kommission will Bauern vor unfairer Behandlung schützen – Handelsverband nennt Gesetzesvorschlag „schädlich“
BRÜSSEL (dpa) - Kleinbauern und Landwirte in Europa müssen nach dem Willen der EU-Kommission besser vor unfairer Behandlung durch große Handelskonzerne geschützt werden. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag legte die Behörde am Donnerstag in Brüssel vor. Unter anderem sollten Last-Minute-Stornierungen bei verderblichen Produkten untersagt werden. Auch deutlich verspätete Zahlungen sollen nicht mehr erlaubt sein. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen den Plänen noch zustimmen. Von Handelsverbänden kam scharfe Kritik.
Kleine Betriebe und Höfe werden aus Sicht der EU-Kommission bei Verhandlungen zu oft von großen Abnehmern, Händlern und Supermarktketten benachteiligt. So werden etwa Verträge nachträglich einseitig geändert oder Bestellungen kurzfristig storniert. Für Landwirte in Europa entstehen dadurch Schätzungen zufolge Schäden in Höhe von knapp elf Milliarden Euro pro Jahr. Chancen, dagegen effektiv vorzugehen, gibt es nicht überall. In rund 20 EU-Staaten gibt es bereits nationale Regeln, sie unterscheiden sich aber zum Teil deutlich voneinander.
„Wenn wir wollen, dass unsere Bauern überleben, müssen wir dafür sorgen, dass sie in der Lebensmittelkette faire Bedingungen haben“, sagte EU-Agrarkommissar Phil Hogan. Agrarbetriebe in Europa sind in den vergangenen Jahren zunehmend unter Druck geraten, unter anderem mussten sie mit Niedrigstpreisen bei Milchprodukten kämpfen. Seit Russland wegen EU-Sanktionen in Folge der Ukraine-Krise 2014 ein Einfuhrverbot für europäische Produkte verhängte, fehlt ihnen außerdem ein wichtiger Absatzmarkt.
Von Unternehmensseite kam Kritik an den Vorschlägen. Der Handelsverband Deutschland bezeichnete sie als „schädlich“. „Unfaire Handelspraktiken sind schon heute verboten, entsprechendes Fehlverhalten wird in Deutschland sehr effektiv sanktioniert. Wir brauchen hierzulande keine zusätzlichen Vorschriften in diesem Bereich“, sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.