Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Altes Handwerk macht alle zufrieden
Großer Andrang beim Handwerkertag im Museumsdorf Kürnbach
KÜRNBACH - Alte Handwerkstradition hat am Sonntag bei schönstem Frühlingswetter etwa 4000 Besucher ins Museumsdorf Kürnbach gelockt. Alte und neue Handwerkskunst begeisterten sowohl die kleinsten und jungen Besucher wie auch jene, die die gezeigten Handwerksberufe entweder selbst noch erlernt haben oder aus ihrer Jugend und Kindheit kennen.
Seidig weiche und obendrein noch hübsch anzusehende Pinsel, Bürsten und Staubwedel aus Ziegenhaar stellt Andreas Kaupp, Bürstenmacher in vierter Generation, in geduldiger Handarbeit her. Diese Mühe lohne sich, erklärt er: Denn die feine Struktur des Ziegenhaars nehme Staub besonders leicht und gründlich auf, ziehe diesen geradezu an. Diese Besonderheit und die Langlebigkeit solcher handgefertigten Haushaltshelfer rechtfertige durchaus den im ersten Moment etwas höheren Preis. Leben kann der 54-Jährige von diesem Traditionshandwerk leider nicht mehr. Deshalb baut der Bürstenmacher zum Broterwerb Messestände und bietet seine Bürsten nebenbei an Wochenenden auf traditionellen Handwerkermärkten in der Region an.
Hauptberuflich unterwegs ist dagegen noch einer der drei Scherenschleifer, die beim historischen Handwerkertag stumpfe Messer und Scheren gratis wieder scharf geschliffen haben. Rund 150 Messer habe er an einem Markttag zu schleifen, berichtet er. Reich werde er davon freilich nicht, „aber zufrieden“. Dabei ist es gerade die hohe Qualität und gute Verarbeitung, die die Käufer der handgemachten Gebrauchsgegenstände so schätzen. Ein robuster Besen vom Besenmacher, ein schöner Korb vom Korbmacher, ein handgearbeitetes wunderschönes Haarnetz, eine handgetöpferte Butterdose oder auch ein ebenso praktischer wie stabiler Leiterwagen erfreuen ihre Besitzer bei jedem Gebrauch. Da fällt nichts auseinander, da riecht nichts nach Chemie und auch im selbst gebrannten Schnaps sind außer jenen des heimischen Obsts garantiert keine weiteren Aromen drin.
Doch auch wer beim Handwerkermarkt nichts kaufen, sondern nur schauen wollte, bekam sehr viel zu sehen beim Riemenschneider, bei der Klöpplerin, in der historischen Schmiede, bei der Töpferin, beim Drechsler, bei der Herrenschneiderin oder beim Flaschner. Die Sockenstrickmaschine etwa faszinierte nicht nur handarbeitsbegeisterte Strickerinnen, auch Männer interessierten sich für die ausgeklügelte Mechanik. „Sensenfrau und Sensenmann“demonstrierten wie stumpfe Sensen einst wieder messerscharf gedengelt wurden und gleich nebenan konnte man dann sehen und auch selbst mal ausprobieren, wie schweißtreibend das Mähen mit der Sense ist. Und, dass auch aus einem Baumstamm ohne Fleiß und noch mehr Schweiß kein ordentlicher Balken wird, zeigten zwei Zimmermänner. Wer es selbst mal ausprobieren wollte, durfte unter Anleitung von Zimmermann Thomas Zuckerle zu Breitbeil und Bundaxt greifen. Doch gaben die meisten recht schnell wieder auf – nicht nur, weil man von dieser Arbeit schnell Blasen an den Händen bekommt, sondern auch, weil das tatsächlich harte körperliche Arbeit ist, die Kreuz und Arme schnell erlahmen lässt.
Doch auch für all jene, die schon allein beim Zuschauen Hunger bekamen, war bestens gesorgt. Egal ob bei schwäbischen Maultaschen, hausgemachten Kuchen, dick bestrichenen Kräuterkäs'-und Schmalzbroten, süßen Törtchen und Pralinen, zünftigen Vesper oder am Eisstand – das Warten lohnte sich überall.
Gut angekommen ist bei den vielen Familien das abwechslungsreiche Programm für Kinder: Vom Kinderschminken, übers Kerzenziehen, Bähnlefahren oder einer Kutschfahrt im zweispännigen Planwagen bis hin zum Gestalten von Kissen und Buttons war viel geboten.