Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Historische Reise in die Klostergeschichte
Hubert Schelkle berichtet aus seinem Buch über die Lebensumstände kleiner Leute
ZWIEFALTEN - Der Zwiefalter Geschichtsverein fördert die Geschichtsschreibung aus der Klosterzeit und unterstützt Publikationen in vielfältiger Weise. Auf dessen Einladung schilderte Hubert Schelkle (61) vor über 40 Besuchern aus der Region in einer historischen Reise zur Klostergeschichte Ausschnitte über „das Leben der kleinen Leute in der Zeit der Feudalherrschaft“.
Stellvertretend für alle Dörfer aus dem Einflussbereich der Zwiefalter Herrschaft wurden anschauliche Beispiele aus der heutigen Teilgemeinde Upflamör aufgezeigt. Der 61-jährige Hubert Schelkle ist in Upflamör aufgewachsen. Dieser Ort gehörte seit der Gründung des Klosters Zwiefalten im Jahr 1089 bis zu dessen Auflösung im Jahre 1802 zum Herrschaftsgebiet des Klosters Zwiefalten. Die beschriebenen konkreten Rechtsund Lebensverhältnisse der Untertanen aus Upflamör könne als stellvertretend für das Herrschaftssystem des Feudalismus angesehen werden.
Die Grundlagen stammen aus der Klosterordnung des Jahres 1479 und dem Vogtbuch aus dem Jahre 1568. Wichtige Hinweise ergaben sich auch aus den Amtsprotokollen von Upflamör aus den Jahren 1630 bis 1803. In diesem Zeitraum lebten in dem Klosterstaat etwa 4000 bis 5000 Menschen.
In den damals „wilden, kriegerischen Zeiten“herrschen durch die Klosterordnung für alle Leibeigenen und Leute, die sich im Kloster aufhielten, „keine großen Freiheiten“. Bei vielen Regelungen sei es um Geld gegangen, es herrschte viel Streit, es wurden harte Strafen ausgesprochen.
Die Klosterordnung von 1479 ist das erste umfassende Regelungswerk über die Lebensverhältnisse im Herrschaftsgebiet des Klosters Zwiefalten. Sie umfasst 41 Artikel und wurde unter der Herrschaft von Abt Georg II verfasst und verkündet. Später wurden Nachträge ergänzt. Das Regelwerk ist auf einem etwa DIN A 3 großen Pergament verfasst, welches auf DIN A 4 gefaltet und auf drei Seiten beschrieben ist.
Unter Abt Johannes IV. (1557 1577) wurde das erste Regelwerk durch das Vogtbuch ersetzt. Hier sind die einzelnen Gebote und Verbote wesentlich detaillierter als vorher beschreiben. Ergänzend zu den Rechtsverordnungen halt häufig auch noch das Gewohnheitsrecht.
Sehr interessante Hinweise ergeben sich auch aus den Lagerbüchern, diese enthalten auch Angaben zur Abgaben- und Steuererhebung. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts waren noch keine Flurkarten oder ein amtliches Kataster vorhanden. gab es unzählige Streitigkeiten, die alle verarbeitet und dokumentiert werden mussten. Dadurch sind viele Details nachzuvollziehen
Im Ordnungsrecht sind wenige Rechtsgeschäfte mit Juden erfasst, viele Geschäfte aber waren verboten. Einen umfangreichen Bereich nehmen Beschreibungen über unsittliches Verhalten, Unzucht, Ehebruch und Regelungen im Sozialwesen ein. Auch über die medizinische Versorgung wird berichtet.
Oft ist in den Schilderungen „Kurioses“beschrieben, insgesamt sind aber mit den zahlreichen Namen und den Beschreibungen aus Militär, Handwerk und Gewerbe hoch interessante Details auch zur Land- und Forstwirtschaft und ihren Nutzungen angegeben.
Die Besucher konnten zwischendurch immer wieder Fragen stellen und zeigten sich berührt von den sehr stark eingeschränkten Rechten der Untertanen und den schwierigen Verhältnissen der Gerichtsbarkeit.
Nach knapp zwei Stunden bedankte sich der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Jörg-Hubertus Riedlinger, mit einem Geschenk bei Hubert Schelkle für die detailierten Einblicke in die damaligen Lebensund Rechtsverhältnisse der Untertanen unter den strengen Regeln der Klosterherrschaft.