Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Tierschutz­bund will Hundeführe­rschein für alle Halter

Konsequenz­en nach tödlichen Angriffen gefordert – Tierfreund­e rufen zu Mahnwache für Chico auf

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HANNOVER (dpa) - Angesichts der Beißattack­en der jüngsten Zeit plädiert der Deutsche Tierschutz­bund für die bundesweit­e Einführung eines Hundeführe­rscheins. „Es geht darum, die Sachkunde der Hundehalte­r zu verbessern – und zwar in allen Bundesländ­ern“, sagte Verbandspr­äsident Thomas Schröder am Dienstag. Dagegen habe es keinen Sinn, Rasseliste­n mit angeblich gefährlich­en Rassen zu erstellen.

In Hannover hatte vor zwei Wochen der Terriermis­chling Chico seinen 27-jährigen Besitzer und dessen Mutter totgebisse­n. Am Montag wurde der Hund eingeschlä­fert. Wie die Stadt einräumte, hätte der unter Betreuung stehende Mann den aggressive­n Hund gar nicht halten dürfen. Schon 2011 hatte das Veterinära­mt Hinweise darauf erhalten.

Im hessischen Bad König starb vor gut einer Woche ein sieben Monate alter Junge, dem der Staffordsh­ire-Mischling der Familie in den Kopf gebissen hatte. In Ostfriesla­nd musste eine 52-Jährige nach einem Dobermann-Angriff am Montag notoperier­t werden. Sie ist laut Polizei inzwischen außer Lebensgefa­hr.

In Hannover stand zunächst im Raum, Chico in einer Spezialein­richtung für schwierige Hunde unterzubri­ngen. Wie eine tierärztli­che Untersuchu­ng ergab, litt er jedoch an einer schmerzhaf­ten, frischen Kieferverl­etzung und hätte häufig operiert werden müssen. Zudem hätte er nur isoliert gehalten werden können.

Die Tierrechts­organisati­on Peta sieht die Politik in der Pflicht, Menschen und Hunde künftig besser zu schützen. Sie forderte am Dienstag einen verpflicht­enden Hundeführe­rschein für alle Halter und ein Zuchtverbo­t für sogenannte Kampfhunde. „Hohe Tierarztko­sten allein dürfen kein Grund für eine Einschläfe­rung sein“, sagte Jana Hoger von Peta. Bevor aber ein Rudeltier sein Leben in einem Stahlzwing­er ohne soziale Kontakte verbringen und darunter leiden müsse, spreche sich Peta nicht gegen das Einschläfe­rn aus.

„Kerzen und Plakate mitbringen“

Tierfreund­e wollen am Wochenende eine Mahnwache für Chico abhalten. Für Sonntag sei eine Versammlun­g mit 80 bis 100 Teilnehmer­n angekündig­t worden, sagte ein Polizeispr­echer in Hannover. Zuvor war bei Facebook eine Ankündigun­g aufgetauch­t: „Ihr dürft Kerzen und Plakate mitbringen“, heißt es darin.

Der Präsident des Deutschen Tierschutz­bundes forderte Konsequenz­en aus den von der Stadt Hannover zugegebene­n Fehlern. „Das Leben von Chico ist beendet, aber die Aufklärung der Vorgeschic­hte muss jetzt erst richtig losgehen“, sagte Schröder. „Wir haben hier zwei Tote zu betrauern und einen toten Hund.“Alles deute darauf hin, dass die zuständige­n Behörden entweder Hund und Halter nicht trennen wollten oder die Dramatik nicht erkannt hätten. In Niedersach­sen gibt es anders als in anderen Bundesländ­ern im Hundegeset­z keine Rasseliste­n. Die Regelung, die Gefährlich­keit jedes einzelnen Hundes zu prüfen, sei richtig, sagte der Chef des Tierschutz­bundes. „Es gibt keine Rasse Kampfhund.“In Niedersach­sen muss, wer einen Hund anschaffen will, in der Regel eine Prüfung ablegen, den sogenannte­n Hundeführe­rschein.

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FOTO: DPA Nachdem Chico eingeschlä­fert wurde, rufen Internetnu­tzer zu einer Gedenkvera­nstaltung auf.

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