Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Sprache, die wie Musik klingt
Die ersten Literaturtage beginnen mit Lesung aus Werner Dürrsons Werken
RIEDLINGEN - Zum Auftakt der ersten Literaturtage in Riedlingen hat die Werner-Dürrson-Stiftung am Donnerstagabend in das Refektorium des ehemaligen Kapuzinerklosters eingeladen. Cornelius Frommann, in Daugendorf lebender Synchronautor und -regisseur, las aus Werken von Werner Dürrson; ergänzt und passend umrahmt wurden seine Vorträge durch Gitarrenmusik von Bernd Geisler, Musiker, Musiklehrer und Chorleiter. Zuvor führte Christiane Johannsen interessierte Besucher durch die Räume der Werner-Dürrson-Gedenkstätte im ersten Stock. Sie ist zusammen mit Roswitha Mayer, dem Stiftungsvorstand Herbert Theisinger und Stellvertreter Matthias Kehle verantwortlich für Ideen und Organisation der Literaturtage.
Im Innenhof des Kreuzganges eröffnete Bürgermeister Marcus Schafft die drei Tage der Literatur. Ein Stück Literatur solle den Besuchern in dem schönen Rahmen des Kapuzinerklosters nahe gebracht werden. An diesem Eröffnungsabend passe alles: die Literatur, der schöne Abend, die zahlreichen Besucher. „Ein gelungener Beitrag zum Kulturprogramm in Riedlingen.“
Dann, nach gut einer Stunde im Refektorium, schloss Herbert Theisinger mit anerkennendem Blick auf die beiden Vortragenden Cornelius Frommann und Bernd Geisler: „Solche Leute haben wir in Riedlingen!“Etwa 50 Besucher waren gut unterhalten und spendeten Applaus und Lob für das Vorlesen wie die Musik: „Das war toll!“Damit Sprache wie Musik klinge, sagte Theisinger, müsse sie so gut vorgelesen werden.
Und Frommann liest gut. Mit angenehm dunkler Stimme und vielen Blicken ins Publikum weiß er zu fesseln. Die hochgezogene Augenbraue, das sanfte Schmunzeln, die ernsthafte Betonung, die sparsamen Handbewegungen: Es ist eine Freude, ihm zu lauschen – besonders bei solch schwierig zu lesenden, spröden Texten wie sie Werner Dürrson schrieb.
Die Auswahl der Stellen zum Vorlesen sei nicht einfach gewesen, sagt Frommann eingangs. Er habe sich in der Vorbereitung mit vielen Klebezetteln durch verschiedene Werke Dürrsons „gearbeitet“. Er beginnt mit dem ersten Kapitel aus „Lohmann oder die Kunst sich das Leben zu nehmen – Eine romaneske Biographie“, der Geburt und den Kindheitsjahren. In der zweiten Sequenz verändere sich der Ton. Es sind lyrische Beschreibungen des Meeres, des Himmels, des Windes, seiner Empfindungen: Thomas Lohmann, Dürrsons Alter Ego, reist mit dem Schiff in die USA, um auch mit dem damaligen Präsidenten Eisenhower im Weißen Haus Mundharmonika zu spielen.
Für den dritten Abschnitt wechselt Frommann zu Dürrsons erst nach dessen Tod erschienenen „Denkmal fürs Wasser“. Wasser spiele in Dürrsons Werk eine große Rolle, so Frommann. Er hat eine Stelle gewählt, die vielfältige Beschreibungen des Wassers enthält, seines Verhaltens und seiner Ästhetik. „Ich finde es einfach nur schön“, sagt der Vorleser dazu.
Und für die abschließende Vorleserunde kehrt Frommann zurück zu Lohmann. Hier beschreibt der Lyriker die Entstehung von sieben Gedichtzeilen über einen längeren Zeitraum, ausgehend von einem Ausspruch seiner Mutter. Als Zugabe hat Frommann ein Dürrson-Gedicht zum Frühling ausgesucht und erzählt aus seinem eigenen Weg des Lesens und Verstehens der Worte.
Bernd Geislers Gitarrenmusik gestaltet die Übergänge. Von klassischen Stücken aus dem 18. Jahrhundert bis zur Moderne reichen seine Beiträge. Zum Ausklang spielt er ein indisches Lied auf einem indischen Instrument und schafft die gedankliche Verbindung vom Komponist des Liedes Tagore (1861 bis 1941) zu Werner Dürrson: Beide haben sich einige Zeit in Tübingen aufgehalten.
Matthias Kehle, der Werner Dürrson noch persönlich gekannt hat, erinnert in seiner kurzen Einstimmung aufs Hören mit dessen Lebenslauf als Musiker und Dichter. Zahlreiche Gedichtbände habe der veröffentlicht, schrieb Erzählungen, Essays und Kritiken, war Mitarbeiter beim Süddeutschen Rundfunk, übersetzte aus dem und ins Französische. Vor allem aber sei Dürrson Lyriker gewesen: „Ich lese immer wieder gerne in seinen Gedichten.“