Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Welt muss der IAEA vertrauen
Große Worte, große Gefahr: Der Auftritt von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erinnerte bisweilen fatal an die Rede des ehemaligen US-Außenministers Colin Powell, der im Februar 2003 vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen manipulierte Bilder von angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak präsentierte, um damit den einen Monat später erfolgten Einmarsch der US-Armee zu begründen. Das Resultat war ein Krieg mit mehr als einer Million Toten, unter dessen Folgen der Nahe Osten bis heute leidet.
Netanjahu hat am Montag zwar keine manipulierten Beweise präsentiert, aber er hat Altbekanntes medienwirksam recycelt und als neu verkauft. Das haben die EU und die Wiener Atomenergiebehörde (IAEA) unabhängig voneinander bestätigt. Beweise für iranische Verstöße gegen das Atomabkommen lägen nicht vor. Dennoch wird Israel an seinem Kurs festhalten und dabei Rückendeckung aus Washington erhalten.
Schon vor dem so fatalen Irakkrieg der USA waren die Berichte der IAEA sowie die Erkenntnisse internationaler Waffeninspektoren ignoriert worden. Dies darf sich nicht wiederholen. Auch Israel und die USA müssen die Untersuchungsergebnisse der IAEA anerkennen. Die Wiener Behörde hat sich als unparteiisches, gründliches und wirksames Kontrollorgan bewährt. Und dies muss auch so bleiben. Bei ihrer Arbeit in Iran und anderen Staaten ist die IAEA auf Geheimdienstinformationen angewiesen. Deutsche und amerikanische Hinweise an die IAEA hatten 2003 zur Aufdeckung und späteren Aufgabe eines geheimen iranischen Atomwaffenprogramms geführt. Der „Grundstein“für Irans Atomabkommen mit den fünf Vetomächten und Deutschland war damit gelegt.
Die IAEA, daran besteht kein Zweifel, wird auch handeln, sollten Israel oder die USA jetzt Beweise für neue iranische Verstöße präsentieren. Um weiteres Chaos im Mittleren Osten zu vermeiden, muss die Welt diesem Kontrollorgan vertrauen.
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