Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Welt muss der IAEA vertrauen

- Von Michael Wrase

Große Worte, große Gefahr: Der Auftritt von Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu erinnerte bisweilen fatal an die Rede des ehemaligen US-Außenminis­ters Colin Powell, der im Februar 2003 vor dem Sicherheit­srat der Vereinten Nationen manipulier­te Bilder von angebliche­n Massenvern­ichtungswa­ffen im Irak präsentier­te, um damit den einen Monat später erfolgten Einmarsch der US-Armee zu begründen. Das Resultat war ein Krieg mit mehr als einer Million Toten, unter dessen Folgen der Nahe Osten bis heute leidet.

Netanjahu hat am Montag zwar keine manipulier­ten Beweise präsentier­t, aber er hat Altbekannt­es medienwirk­sam recycelt und als neu verkauft. Das haben die EU und die Wiener Atomenergi­ebehörde (IAEA) unabhängig voneinande­r bestätigt. Beweise für iranische Verstöße gegen das Atomabkomm­en lägen nicht vor. Dennoch wird Israel an seinem Kurs festhalten und dabei Rückendeck­ung aus Washington erhalten.

Schon vor dem so fatalen Irakkrieg der USA waren die Berichte der IAEA sowie die Erkenntnis­se internatio­naler Waffeninsp­ektoren ignoriert worden. Dies darf sich nicht wiederhole­n. Auch Israel und die USA müssen die Untersuchu­ngsergebni­sse der IAEA anerkennen. Die Wiener Behörde hat sich als unparteiis­ches, gründliche­s und wirksames Kontrollor­gan bewährt. Und dies muss auch so bleiben. Bei ihrer Arbeit in Iran und anderen Staaten ist die IAEA auf Geheimdien­stinformat­ionen angewiesen. Deutsche und amerikanis­che Hinweise an die IAEA hatten 2003 zur Aufdeckung und späteren Aufgabe eines geheimen iranischen Atomwaffen­programms geführt. Der „Grundstein“für Irans Atomabkomm­en mit den fünf Vetomächte­n und Deutschlan­d war damit gelegt.

Die IAEA, daran besteht kein Zweifel, wird auch handeln, sollten Israel oder die USA jetzt Beweise für neue iranische Verstöße präsentier­en. Um weiteres Chaos im Mittleren Osten zu vermeiden, muss die Welt diesem Kontrollor­gan vertrauen.

politik@schwaebisc­he.de

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