Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mehr als 40 tote Schafe nach Wolfsattac­ke

Politiker fordern Abschuss – Tierschütz­er wollen effektiver­en Herdenschu­tz

- Von Susanne Kupke

BAD WILDBAD (lsw) - Nach einer vermuteten Wolfsattac­ke in Bad Wildbad (Kreis Calw) sind mehr als 40 Schafe gestorben. Ein Großteil soll der Wolf gerissen haben, einige mussten wegen schwerer Verletzung­en getötet werden. Unklar ist, wie viele Tiere ertranken, weil sie in Panik in einen nahen Bach sprangen. Der Vorfall löste unterschie­dliche Reaktionen aus. Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) forderte ein effektives Wolfsmanag­ement, das zeige, wie sich die Wolfsbestä­nde in den Regionen entwickeln.

Dem baden-württember­gischen Umweltmini­sterium zufolge wurden 32 Tiere gerissen. „Nach den ersten Untersuchu­ngen der Forstliche­n Versuchs- und Forschungs­anstalt Baden-Württember­g (FVA) vor Ort ist dafür mit hoher Wahrschein­lichkeit ein Wolf verantwort­lich“, hieß es. Gewissheit solle die genetische Eilanalyse von Proben der toten Tiere bringen. Diese habe das Umweltmini­sterium beantragt und dauere sieben Tage, sagte ein Sprecher am Dienstag der Deutschen PresseAgen­tur. Falls die Risse tatsächlic­h auf einen Wolf zurückgehe­n, könne der betroffene Schäfer mit einer raschen Entschädig­ung rechnen.

Nach Angaben der Geschäftsf­ührerin des Landesscha­fzuchtverb­andes, Anette Wohlfarth, befand sich die Herde mit mehr als 150 Tieren auf einem umzäunten Areal. Sie sei erst vor wenigen Tagen vom Stall auf die Weide gekommen. Der Wolf sei eventuell über den nahen Fluss eingedrung­en. „Es war ein Bild des Grauens“, schilderte Wohlfarth am Montag der dpa ihre Eindrücke. Der Vorfall ist für sie ein trauriger Beleg für die lange gehegte Vermutung: „Weidetierh­altung und Wolf zusammen funktionie­rt nicht flächendec­kend in Baden-Württember­g.“

Betroffenh­eit bei Wolfsfreun­den

Auch Wolfsfreun­de zeigten sich betroffen. „Jetzt gilt es, dem Schäfer so schnell wie möglich zu helfen“, meinte Nabu-Landeschef Johannes Enssle. Und es gelte, Baden-Württember­g schnell auf die Rückkehr der Wölfe vorzuberei­ten. Mit effektivem Herdenschu­tz ließen sich solche Vorfälle in der Regel verhindern.

FDP-Landtagsfr­aktionsche­f HansUlrich Rülke forderte die Grünen auf, ihre „romantisch­e Wolfspaten­schaft“zu beenden. Der Wolf müsse unter die Kontrolle des Jagdrechts gestellt werden. „Das hat sich auch bei den geschützte­n Tierarten wie dem Luchs bewährt. Als dicht bevölkerte­s Flächenlan­d müssen wir durch bessere Kontrolle verhindern, dass Wölfe zum Problem werden.“Handlungsb­edarf sieht auch Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU). „Wir müssen die Entwicklun­g der Wolfspopul­ation in Deutschlan­d genauer beobachten“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe. Auch der Abschuss von Wölfen soll laut Klöckner möglich sein.

Der Arbeitskre­is für Umwelt und Naturschut­z der CDU-Landtagsfr­aktion spricht sich bereits für einen Abschuss aus. Das politische Ziel sei zwar, dass der Wolf auch in BadenWürtt­emberg einen Lebensraum haben könne. „In diesem Einzelfall jedoch halten wir es für notwendig, den Problemwol­f, der sich offensicht­lich im Blutrausch befunden hat, zu entnehmen“, sagte der Vorsitzend­e Paul Nemeth am Dienstag.

Blutrausch aus Reflex

Mit „Blutrausch“ist der sogenannte Beuteschla­g-Reflex gemeint. Für einen Wolf sei das Überangebo­t auf einer Weide unnatürlic­h, heißt es beim Nabu. Die Weidetiere können nicht flüchten, weshalb der Jagdtrieb des Raubtieres immer wieder ausgelöst wird. Deshalb könne es vorkommen, dass der Wolf mehr Tiere tötet als er sofort fressen könne.

Seit der Jahrtausen­dwende vermehren sich Wölfe wieder in Deutschlan­d, nachdem sie als ausgestorb­en galten. Laut dem Naturschut­zexperten der Grünen-Landtagsfr­aktion, Markus Rösler, sind seit 2015 mindestens sechs Wölfe in Baden-Württember­g gesichtet worden. Zwei davon wurden überfahren, einer ist wohl verendet und einer wurde erschossen im Schluchsee gefunden.

 ?? FOTO: DPA ?? Mitarbeite­r der Forstliche­n Versuchs- und Forschungs­anstalt Baden-Württember­g (FVA) und der Forstverwa­ltung Calw untersuche­n die getöteten Tiere bei Bad Wildbad. Sie sind aller Wahrschein­lichkeit einem Wolf zum Opfer gefallen.
FOTO: DPA Mitarbeite­r der Forstliche­n Versuchs- und Forschungs­anstalt Baden-Württember­g (FVA) und der Forstverwa­ltung Calw untersuche­n die getöteten Tiere bei Bad Wildbad. Sie sind aller Wahrschein­lichkeit einem Wolf zum Opfer gefallen.

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