Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Köche sollten kochen, nicht schreiben
Um die kulinarische Gretchenfrage, wo man denn bloß zum Essen hingehen soll, hat sich eine ganze Empfehlungsindustrie herausgebildet. Neben den üblichen Verdächtigen wie Gault Millau oder Guide Michelin gibt es ganze Regalmeter weiterer Führer und Magazine, die alle von sich behaupten, den rechten Weg zum Genuss zu weisen.
Mit dem Titel „Where Chefs eat“, was nichts anders heißt als „Wo Küchenchefs essen“, ist jetzt noch ein gewichtiges weil 1200 Seiten starkes Werk hinzugekommen. Die Idee: Restaurants auflisten, in die Köche gehen, weil dann muss es da ja gut sein. Und das weltweit. 650 Küchenchefs haben also 4500 Restaurants ausgewählt und empfohlen. Versehen mit ein paar zumeist dürren oder gar nichtssagenden Worten und den nötigsten Daten zu den Lokalen. Alles auf Englisch. Beispiel: Über das Sosein in Heroldsberg schreibt Micha Schäfer: „Felix Schneider kocht lokale Küche in einem Teil Deutschlands, der beste Rohstoffe liefert.“Mehr nicht. Den Rest muss man sich als Leser denken.
Außerdem ein Problem: Für ganz Deutschland sind lediglich 48 Empfehlungen verzeichnet. Für die USA ein Vielfaches verteilt auf mehr als 300 Seiten. Glaubt man dem Buch, dann ist Nordamerika offenbar das Mekka exzellenter Restaurants, während wir hier gastronomische Hinterwäldler sind. Das sagt eigentlich schon alles, was es über dieses Buch zu wissen gibt. Oder anders gesagt: Köche sollten kochen, nicht schreiben.
Joe Warwick und Joshua Davis Stein: Where Chefs Eat: A Guide To Chef’s Favoite Restaurants (Third Edition/englisch). Phaidon Verlag, 1000 Seiten, 21,99 Euro. ISBN 978 071 487 5651.