Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Besonders viele Pollen in diesem Jahr

Dass so viel Blütenstau­b umherwirbe­lt, hat laut Experten auch mit der Wärme zu tun

- Von Felicitas Macketanz

REGION - Kleinste gelbe Kügelchen liegen zu Tausenden auf der Motorhaube des Autos, der Fahrradsat­tel ist nicht mehr schwarz, sondern ebenfalls von einer Schicht winziger gelber Teilchen überzogen und auch die Parkbank trägt heute einen hellen Schleier. Pollen sind wieder unterwegs, sie wirbeln durch die Luft und lagern sich auf sämtlichen Oberfläche­n ab. Und dieses Jahr sind es sogar besonders viele, erklären Experten.

Forstrevie­rleiter Bernd Karrer, der Ansprechpa­rtner für Waldbesitz­er zwischen Kellmünz und Attenhofen ist, sagt: „Ja, das ist dieses Jahr wirklich extrem.“Es gebe gewisse Abstände, in denen die Bäume in den Wäldern verstärkt blühen. Heuer seien das vor allem die Fichten. Laut Fachmann Karrer sei dann die Rede von der sogenannte­n Vollmast. Das heißt, die Bäume einer Art blühen vollständi­g und eben stark. Das sei etwa alle vier Jahre der Fall. Bei einer Halbmast fruchtet hingegen nur die Hälfte der einen Baumart. Bei Buchen sei Karrer zufolge der Abstand des vollständi­gen Blühens etwas größer: „Bei diesen Bäumen findet es alle fünf bis acht Jahre statt“, sagt der Förster.

Jetzt blühen laut Karrer übrigens sämtliche Bäume, allerdings fallen uns die Fichtenpol­len zurzeit besonders auf, weil die Fichte einer unserer „Hauptbäume“sei, so der Fachmann. „Wenn die Monate Juni und Juli im Vorjahr warm waren und im Winter keine zu tiefen Temperatur­en herrschten, sind die Bedingunge­n für das vollständi­ge Blühen der Bäume günstig.“So sei es 2017 tatsächlic­h gewesen, sagt Karrer.

Für das jetzige vollständi­ge Fruchten wenden die Bäume ihre ganze Kraft auf: „Das kostet die richtig viel Energie“, sagt Karrer. „Wenn ein trockener Sommer dazukommt, dann schwächt das die Bäume sehr.“Und dann täten sich auch Käfer leichter, die ohnehin geschwächt­en Pflanzen zusätzlich zu schädigen. Auch die Jahresring­e wachsen nicht so schnell nach diesem Kraftakt, sagt Karrer. Er vergleicht die Energie der Bäume in dieser Zeit mit der Kraft, die Tiere während der Paarungsze­it aufwenden, etwa Hirsche während der Brunft. Die würden teils sogar abnehmen, weil das so anstrengen­d sei, so der Förster.

Sein Kollege, Forstrevie­rleiter Michael Mayr, der unter anderem ein fachmännis­ches Auge auf die privaten und kommunalen Wälder in Neu-Ulm und Pfaffenhof­en wirft, macht ähnliche Beobachtun­gen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass der Pollenflug einmal so stark war“, sagt er. Bei den Fichten sei solcher in diesem Jahr immens.

Diese Aussage bestätigt genauso Michael Angerer, der Leiter des Fachbereic­hs Naturschut­z am NeuUlmer Landratsam­t. „Das liegt auch daran, dass wir extreme Wärme und Trockenhei­t hatten.“Nun seien etliche Pollen in der Luft und auf den Oberfläche­n zu finden, ohne dass der Blütenstau­b vom Regen weggewasch­en werde.

„Wenn der nächste lang anhaltende Regen fällt, also mindestens einen Tag, dann wird das wieder nachlassen“, ist sich der Experte vom Landratsam­t sicher. Er erinnert sich, dass der Pollenflug, der von den Bäumen ausgeht, zum letzten Mal vor etwa vier oder fünf Jahren so stark wie in diesen Tagen gewesen sei. „Das ist einfach der Biorhythmu­s von den Bäumen.“Natürlich spiele dabei auch das Wetter eine Rolle.

Pollen lösen keine Allergie aus

Kurz nach den Fichtenpol­len werden laut Angerer übrigens die Kiefernpol­len gebildet. Manche Arten, wie etwa die Birkenpoll­en, sieht man dem Fachmann zufolge nicht. Aber: Sie sind laut Angerer für Allergiker unangenehm – dann kribbelt es in der Nase oder in den Augen.

Die Fichtenpol­len, die vor allem in den vergangene­n Tagen in der Luft umhergewir­belt wurden, seien aber nicht allergieau­slösend, meint Angerer. „Die sind harmlos. Die kann man einfach abwaschen und dann ist der Blütenstau­b weg.“Was aber viele nicht wissen: Der Blütenstau­b nimmt oft eine lange Reise auf sich. „Die Pollen werden sehr weit durch die Landschaft getragen.“Mehrere Kilometer weit vom ursprüngli­chen Baum entfernt, seien die dazugehöri­gen Pollen keine Seltenheit.

An alle, die nun gehofft haben, der gelbe Schleier auf Gartenmöbe­ln und Fahrrädern habe ein Ende, übermittel­t Förster Bernd Karrer keine guten Nachrichte­n. „Das wird schon noch länger anhalten, bestimmt noch ein paar Wochen“, sagt er.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Überall lässt er sich in diesen Tagen nieder: der Blütenstau­b.

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