Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Allianz verkündet Kohleausst­ieg

Versicheru­ngskonzern steigt aus dem Geschäft mit Kohlekraft­werken und Kohleabbau aus

- Von Carsten Hoefer

MÜNCHEN (dpa) - Europas größter Versicheru­ngskonzern Allianz steigt aus der Kohle aus. Ab sofort verzichte man auf die Einzelvers­icherung von Kohlekraft­werken und Kohleabbau. „Wir haben uns entschiede­n, den nächsten Schritt zu gehen“, sagte Vorstandsc­hef Oliver Bäte. Auch bei Kapitalanl­agen will die Allianz ab sofort nicht mehr in entspreche­nde Unternehme­n investiere­n.

MÜNCHEN (dpa) - Europas größter Versicheru­ngskonzern Allianz steigt aus der Kohle aus. Ab sofort verzichtet der Münchner Dax-Konzern auf die Einzelvers­icherung von Kohlekraft­werken und Kohleabbau. Das sagte Vorstandsc­hef Oliver Bäte der Deutschen Presse-Agentur in München. Und bei ihren Kapitalanl­agen will die Allianz ebenfalls ab sofort nicht mehr in Unternehme­n investiere­n, die durch umfangreic­hen Zubau von Kohlekraft­werken das Ziel des Pariser Klimaabkom­mens gefährden, die Erderwärmu­ng auf unter zwei Grad zu begrenzen.

Bereits seit 2015 legt die Allianz kein Geld mehr in Unternehme­n an, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes mit dem Abbau von Kohle oder der Produktion von Kohlestrom verdienen. Nun verschärft Bäte diese Richtlinie. „Wir haben uns entschiede­n, den nächsten Schritt zu gehen.“Der Sofortauss­tieg aus der Versicheru­ng einzelner Kohlekraft­werke und des Abbaus wird das Unternehme­n nach Bätes Angaben einen größeren zweistelli­gen Millionenb­etrag kosten.

Abgesehen von den Sofortmaßn­ahmen will die Allianz bis 2040 schrittwei­se – in Absprache mit den betroffene­n Kunden – ganz aus dem Kohlegesch­äft aussteigen: Energiever­sorger, die neben Kohle auch andere fossile Brennstoff­e oder erneuerbar­e Energien zur Stromprodu­ktion verwenden, sollen zunächst weiter versichert werden. Aber in den kommenden zwei Jahrzehnte­n will die Allianz auch dies vollständi­g auslaufen lassen. Bis 2040 solle es „keine Art von Kohlerisik­o“mehr geben, sagte Bäte. „Wir wollen verantwort­ungsvoller Partner sein, der die Neugestalt­ung der Wirtschaft unterstütz­t.“

Auch die Allianz selbst soll bis dahin klimaneutr­al wirtschaft­en - etwa was den CO2-Ausstoß bei Dienstreis­en der Mitarbeite­r oder die Gebäudehei­zung betrifft.

RWE wohl nicht betroffen

Deutschlan­ds größter Kohleverst­romer RWE betonte, er sei von den angekündig­ten Maßnahmen nicht betroffen. „Das hat uns die Allianz bestätigt“, teilte ein Sprecher mit. RWE gehöre zu der Gruppe von Energiever­sorgern, die mit einem breiten Portfolio die Energiewen­de erfolgreic­h vorantrieb­en und von der Allianz daher auch weiterhin versichert würden, so der Sprecher.

Was die Kapitalanl­agen betrifft, will die Allianz bis 2040 keine Gelder mehr in Unternehme­n anlegen, die ihre Treibhausg­asemission­en nicht an das Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkom­mens anpassen. Das gilt allerdings nicht für die reine Vermögensv­erwaltung, die die Allianz auch anbietet. Mit insgesamt fast zwei Billionen Euro Kapitalanl­agen ist die Allianz einer der weltgrößte­n Investoren.

Umweltinit­iativen setzen Versicheru­ngen unter Druck, aus dem Geschäft mit der Kohle auszusteig­en. Mit der Kampagne „Unfriend Coal“(Kohle entfreunde­n) haben Greenpeace und andere Umweltorga­nisationen speziell die Versicheru­ngsbranche aufs Korn genommen. Greenpeace­Energieexp­erte Karsten Smid lobte Bätes Ankündigun­g zwar als „wichtigen und überfällig­en Schritt“– forderte aber gleichzeit­ig schnellere­s Tempo des Münchner Branchenpr­imus wie der Branche insgesamt. „Die Allianz und andere große Versichere­r wie die Münchner RE sind jetzt gefordert, den Kohleausst­ieg bis spätestens 2030 einzuleite­n, wenn sie den Klimavertr­ag von Paris ernst nehmen wollen“, sagte Smid. Er forderte die Allianz auf, den Kohleausst­ieg auf die Vermögensv­erwaltung auszudehne­n: „Schlupflöc­her wie die Verwaltung von Geldern der Kohleindus­trie muss die Allianz schneller als geplant schließen.“

Der Pariser Stadtrat verabschie­dete in dieser Woche auf Initiative von Umweltschü­tzern einen Appell an die großen Unternehme­n der Branche, Kohlekraft­werke und Kohleabbau nicht mehr zu versichern. In der französisc­hen Hauptstadt geben sich Ende Mai viele Spitzenman­ager bei einem Branchentr­effen ein Stelldiche­in.

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FOTO: OLIVER BERG Tagebau im Rheinische­n Braunkohle­revier. Europas größter Versicheru­ngskonzern Allianz steigt aus der Kohle aus.

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