Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Verfahren müssen schneller werden“

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BERLIN - Lars Castellucc­i, Innenexper­te der SPD-Bundestags­fraktion, fordert mehr Personal für die Polizei. Mit ihm sprach Sabine Lennartz.

Herr Castellucc­i, welche Lehren ziehen Sie aus Ellwangen?

Der Rechtsstaa­t muss durchsetze­n, dass das Recht für alle gilt. Es macht mir Sorgen, wenn die Polizei bei Einsätzen Unterstütz­ung braucht, weil sie der Lage nicht Herr werden kann, und diese Unterstütz­ung dann ausbleibt, weil die Kapazitäte­n fehlen. Ob das die Ereignisse vom Hamburger G20Gipfel sind, die von Ellwangen oder ein beliebiges Fest – die Polizei muss personell und von den Ressourcen her so ausgestatt­et sein, dass sie gut arbeiten kann. Beim Personal ist in den letzten Jahrzehnte­n zu viel gespart worden. Das gilt auch für Gerichte. Die Rechtsprec­hung muss schneller werden, Strafen schnell spürbar sein.

Grüne und Linke warnen vor großen Ankerzentr­en, weil dort ein Gewaltpote­nzial entstehen könnte. Was sagen Sie dazu?

Dem stimme ich zu. Aber nichts rechtferti­gt, dass man sich der Staatsgewa­lt widersetzt und gewalttäti­g wird. Gleichzeit­ig: Es ist auch Verzweiflu­ng im Spiel bei den Menschen, die ohnehin keine Bleibepers­pektive haben. Wir haben uns schon in der letzten Wahlperiod­e vorgenomme­n, auf drei Monate Verfahrens­zeit zu kommen. Schnelligk­eit und Qualität der Asylverfah­ren sind der Schlüssel, dass Vorkommnis­se wie in Ellwangen sich nicht wiederhole­n.

Jetzt will Innenminis­ter Horst Seehofer ja schnellere Verfahren, und die Asylsuchen­den sollen solange in Ankerzentr­en bleiben.

Das will er eben nicht, denn die Höchstdaue­r für den Aufenthalt in Ankerzentr­en beträgt 18 Monate. Da würde ich mir wünschen, dass der Bundesinne­nminister deutlich ehrgeizige­r wird. Man sollte die Leute nicht auf Dauer in Großunterk­ünften zusammenpf­erchen. Ich sage manchmal den Kollegen im Deutschen Bundestag, ich wüsste nicht, was passieren würde, wenn wir alle zusammen lange Zeit in solch einer Unterkunft wären. Allerdings: Wenn die Zentren nicht zu groß und gut ausgestatt­et sind, bieten sie die Chance, alles unter einem Dach besser zu bewältigen. Daran müssen wir arbeiten.

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