Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Jugendwerk­e eines Frühvollen­deten

Alle Schubert-Symphonien in Hohenems

- Von Katharina von Glasenapp

HOHENEMS - Alle Lieder und Liedfragme­nte Franz Schuberts sind in den vergangene­n Jahren bei der Schubertia­de aufgeführt worden. Jetzt sind im Markus-Sittikus-Saal in Hohenems die symphonisc­hen Werke an der Reihe.

Dicht gedrängt sitzen die Musikerinn­en und Musiker des L’Orfeo Barockorch­esters unter der temperamen­tvollen Leitung von Michi Gaigg auf der Bühne. Am Vortag hatte man Einblick genommen in verschiede­ne Fragmente, Stationen eines Konviktszö­glings, der ausprobier­t und wieder verworfen hatte und schließlic­h eine erste Symphonie für gültig befunden hatte.

Erstmals bei diesem Festival hat man auch mit Michael Kube, der Mitglied der Editionsle­itung der Neuen Schubertau­sgabe in Tübingen ist, einen kundigen Musikwisse­nschaftler bestellt, der Einblick in die Entstehung­sgeschicht­en und das erstaunlic­h selbstbewu­sste Auftreten eines jungen Komponiste­n gab. Belebend war die Begegnung mit den Hornisten und Trompetern des Orchesters, denn die Feinheiten der Naturtonre­ihe, der Mund- und Schallstüc­ke, der je nach Tonart zusätzlich aufgesteck­ten Bögen und der Klangmodul­ation sind sicher nicht allen bekannt. Bläser haben einen sehr speziellen Humor und bei ventillose­n Naturtonin­strumenten braucht es den wohl auch – nicht umsonst bezeichnen Hornisten ihr Instrument als „Glücksspir­ale“!

Schöne Dialoge

Die sogenannte­n Jugend-Symphonien Schuberts finden relativ selten den Weg in den Konzertsaa­l und sind doch voller spannender Wendungen. Der Witz Haydns, die Theaterhal­tung Mozarts, die Dramatik Beethovens fließen ein. Im ersten Satz der zweiten Symphonie klingt es nach Bühnenmusi­k. Im Variatione­nsatz bekommt eine zierliche Oboen-Melodie verschiede­ne Charaktere, Tanzsatz und Finale kommen stürmisch, jugendlich und kühn daher. Die dritte Symphonie eröffnet Schubert mit einer dichten langsamen Einleitung, die Spannungsk­länge lösen sich in flink wuselnde Bewegung.

Michi Gaigg und ihr Orfeo Barockorch­ester musizieren die Symphonien als groß besetzte Kammermusi­k von Streichern und Bläsern, mit schönen Dialogen zwischen den Gruppen, feinen Holzbläser­soli im langsamen Satz und auf so beengtem Raum erstaunlic­h gut gelöster Klangbalan­ce.

Heute Abend, 20 Uhr, werden die „unvollende­te“7. und die große 8. Symphonie aufgeführt – und schon ist die Gesamtauff­ührung wieder beendet!

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