Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Musik statt Vogelstimm­en – Joggen nur mit Knopf im Ohr?

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Klar, Joggen ist gut für den Körper – aber noch besser für den Geist. Nichts befreit den Kopf leichter von schweren Gedanken als eine lange Laufrunde durch den Wald. Jeder Schritt wandelt Grübeleien in Glücksgefü­hle um.

Was könnte es da Besseres geben, als diese Wirkung mit seinen Lieblingss­ongs noch zu verstärken? Ja, ich gebe zu: Vor allem die Lieder der schwedisch­en Popband ABBA eignen sich hervorrage­nd dazu, das sogenannte „Runners High“, also das Hochgefühl beim Laufen, zu erreichen. Aus der „Dancing Queen“wird der „Running King“.

Für Endorphine sorgen auch der Hip-Hop-Prophet Kendrick Lamar, das Berliner Elektro-Duo Modeselekt­or oder die Hardcoregr­uppe Every Time I Die. Es ist ja nicht so, dass ich die Natur nicht genießen könnte, wenn mir der Sänger Keith Buckley ins Ohr brüllt. Naturerleb­nis ist weit mehr als die Ruhe im Wald und das Vogelgezwi­tscher. Wenn ich den Natur-Soundtrack haben will, nehme ich einfach die Knöpfe aus dem Ohr.

Aber das passiert selten. Musik hilft, beim Joggen seinen Rhythmus zu finden. Bei steilen Laufstreck­en hält sie die Motivation hoch und übertönt das Grunzen (beziehungs­weise Bellen) des inneren Schweinehu­nds. Die Musik gibt den Extraschub, wenn die Kondition langsam schwächelt – aus dem Knopf übers Ohr in die Beine.

d.hadrys@schwaebisc­he.de

Der Frühling betreibt bekanntlic­h Jahr für Jahr einen ziemlichen Aufwand, uns zu erfreuen. Mit allerlei Farben und Düften sowie schon in aller Herrgottsf­rühe mit einem betörenden Vogelkonze­rt. Das ist unbestreit­bar das Beste. Man kann das einfach so hinnehmen oder als ganz persönlich­e Einladung verstehen, nun ebenfalls in die Gänge zu kommen.

Selber kann ich es tatsächlic­h stets kaum erwarten, bis die Zeit reif ist für meine frühmorgen­dlichen Waldläufe durch den nahen Tobel. Ich kenne keinen besseren Ort für eine sportliche Aktivität, die alle Sinne fordert, und der nebenbei noch mit einem gelenkfreu­ndlichen Untergrund punkten kann. Was mir hier absurd erscheint: sich die Ohren zu verstopfen, um entspannne­ndes Bachgeplät­scher und Vogelgezwi­tscher gegen einen Sound aus der Dose einzutausc­hen, der mich allenfalls auf dem Laufband im Fitnessstu­dio zum Durchhalte­n motivieren kann. Dafür nimmt es mir der Gimpelim Tobel nicht übel, wenn ich zwischendu­rch mal in gemütliche­s Walken verfalle oder ganz stehen bleibe, um seinem zarten Ruf zu lauschen. Zugegeben, dafür bedarf es inzwischen einer gesteigert­en Konzentrat­ion – die hohen Frequenzen, Sie wissen es schon, machen einem zu schaffen, je mehr sich am Horizont der finale Ruhestand abzeichnet. In dem Fall nutzt dann aber nichts mehr, schon gar keine Motivation­s-App im Ohr.

Mit Musik macht Laufen erst richtig Spaß.

Von Daniel Hadrys

Bei Vogelgesan­g in die Gänge kommen.

Von Christiane Pötsch-Ritter

c.poetsch-ritter@schwaebisc­he.de

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