Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
In Notfallsituationen klaren Kopf behalten
HEs ist der „Kick“des Notfalls und das „unbeschreibliche Gefühl“, wenn ein Patient gerettet wurde. Es ist die höchste Konzentration während einer OP und danach die große Dankbarkeit der Patienten. Und es ist die präzise technische Arbeit und gleichzeitig der tägliche Umgang mit Menschen – mit den Kollegen des Operationsteams ebenso wie mit den Kranken im Aufwachraum: All das reizt Marijke de Bruijne und Marilena Metzler am Beruf der Anästhesietechnischen Assistentin (ATA). Im September letzten Jahres haben sie mit ihrer Ausbildung begonnen und sind von der Vielseitigkeit der Aufgaben begeistert. „Ich könnte mir nicht vorstellen, täglich acht bis neun Stunden im Büro zu sitzen“, sagt Marijke de Bruijne. Wie Marilena Metzler nimmt die 19-Jährige lieber Schichtarbeit und körperliche wie psychische Anstrengungen in Kauf, um als ATA arbeiten zu können. Ihnen macht dieser verantwortungsvolle Beruf mit der teils großen Anspannung Spaß. Die beiden jungen Frauen wissen, dass sie in diesem Job belastbar sein und in Notfallsituationen einen klaren Kopf bewahren müssen. „In die Herausforderungen wächst man hinein. Man steht nicht alleine da, sondern arbeitet in einem guten Team“, meint Marijke de Bruijne. Mit im Team sind der Narkosearzt (Anästhesist), der Operateur sowie das OP-/OTATeam. „Der Anästhesietechnische Assistent ist auch Teil des Notfallteams in der Klinik“, erklärt ATAAusbildungsleiter Günther Schmid. So werden Anästhesietechnische Assistenten auch mit Unfällen, Herzstillstand und Reanimationsversuchen konfrontiert. Der ATA assistiert dem Narkosearzt vor und während der Narkose, überwacht während der Operation die technischen Geräte und beobachtet dabei die Patienten. Er bereitet die Anästhesie und die Medikamente vor und bewacht den Zustand der Patienten im Aufwachraum. Er kümmert sich um Hygienemaßnahmen wie die Sterilisierung der Instrumente und die fachgerechte Entsorgung von Einwegund Verbandsmaterialien. Zudem muss er den Narkoseverlauf dokumentieren.
Wer eine Ausbildung zum Anästhesietechnischen Assistenten anstrebt, sollte mindestens ein einwöchiges Praktikum absolvieren. Dabei sollen die Bewerber testen, ob sie den Anforderungen Stand halten können und ob dieser verantwortungsvolle Beruf der richtige für sie ist. Gleichzeitig kann auch das Klinikpersonal einschätzen, wie der Praktikant zurechtkommt. Die Ausbildung selbst dauert drei Jahre. Durch den Ausbildungsvertrag mit einer Klinik findet der praktische Teil dort statt, die theoretische Ausbildung erhalten die Azubis im Blockunterricht an einer OTA-/ATA-Schule.
Marijke de Bruijne arbeitet im St. Elisabethen-Klinikum in Ravensburg und besucht ebenso wie Marilena Metzler, die bei der Klinikum Friedrichshafen GmbH ihren praktischen Teil der Ausbildung absolviert, die Gesundheitsakademie Bodensee-Oberschwaben GmbH in Weingarten. Weitere Schulen gibt es in Tübingen, Reutlingen, Freiburg und in Ulm-Wiblingen. Die Berufschancen schätzt Roland W. E. Steeb, Kommissarischer Schulleiter der Gesundheitsakademie Bodensee-Oberschwaben GmbH, als sehr gut ein. Denn in vielen Kliniken fehlen Nachwuchskräfte. Alternative Einsatzfelder für einen ATA sind die Sterilisationsabteilung, die Notaufnahme oder die Endoskopie.
Marijke der Bruijne, die bereits eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin absolviert hat, macht die ATAAusbildung sehr viel Spaß. „Während der OP ist man hoch konzentriert und man gibt alles. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn es dem Patienten nach der OP gut geht.“Weil immer wieder Menschen bei Notfällen ihr Leben verlieren, nimmt auch der Umgang mit dem Tod eine zentrale Position in diesem Beruf ein. „Man darf nicht ganz zart besaitet sein“, meinen die beiden Schülerinnen. Umso mehr liebt Marilena Metzler den Kontakt zu den Patienten. Gerne beruhigt die 22-Jährige ängstliche Patienten vor der OP und begleitet und beobachtet sie danach im Aufwachraum. „Man bekommt eine große Dankbarkeit von ihnen zurück.“ Auch den theoretischen Unterricht finden die beiden Schülerinnen spannend. Vor allem, wenn die Lehrer ihren Lernstoff mit vielen Praxisbeispielen anreichern und von ihren persönlichen Erfahrungen berichten. „Dabei kann man viel lernen“, sind sich die beiden Azubis einig. Schließlich kommen die Lehrkräfte aus der Praxis. Sie verfügen nicht nur über eine Krankenpflegeausbildung sondern auch über eine entsprechende fachliche Zusatzqualifikation und über ein pädagogisches Studium oder eine Weiterbildung.