Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mehr Planungssicherheit für Klinik
Bürgerinitiative fordert Sana dazu auf, „aus der Deckung zu kommen“.
RIEDLINGEN - Von der Protestbewegung zum konstruktiven Prozessbegleiter, so charakterisierte der alte und neue Vorstand mit Christoph Selg und Axel Henle an der Spitze die Entwicklung der Bürgerinitiative „Freundeskreis zum Erhalt der Riedlinger Klinik“. Auch ihr Aufgabenfeld hat sich verändert. Kämpfte sie einst gegen Verkauf und Auflösung des Riedlinger Krankenhauses, so ist sie jetzt bemüht, die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Riedlingen zu sichern mit Ärztehaus, inklusive chirurgischer und internistischer Praxis und einer Betten-Etage als wichtigem Element.
Hierzu fehlt den Beteiligten noch das notwendige Bekenntnis der Sana Kliniken GmbH, auch um jenen Ärzten Planungssicherheit zu geben, die sich für einen Einzug ins Ärztehaus interessieren. Immerhin sieben Praxen sind es. Hierzu gehört auch das Zentrum für Psychiatrie Bad Schussenried mit seiner Tagesklinik. Christopher Selg vom Architekturbüro Arche Wohna stellte dazu erste planerische Entwürfe vor. Platziert hat er das Gebäude direkt vor das Schwesternwohnheim, doch es könnte auch an seinen Platz rücken, wenn für die Nutzer Übergangslösungen gefunden würden und diese zum vorübergehenden Umzug bereit wären. Zwei Baukörper, die sich in einem V öffnen, hat er entworfen. Sie sollen auch eine Apotheke und ein Sanitätshaus beherbergen. Riedlingens Wirtschaftsförderer Alexander Leitz nannte den Entwurf „eine gute Lösung“. Auf dieser Basis könne man den Bebauungsplan auf den Weg bringen, was unabdingbar im Herbst dieses Jahres geschehen müsse. Zurzeit wird das Artenschutz-Gutachten erstellt, ihm folge ein Lärmgutachten.
Erwartet wird dazu die Entscheidung der Sana Kliniken GmbH zur stationären Versorgung, wobei statt eines Bettenhauses eine Etage in dem Ärztehaus reserviert werden könne. Sana jedoch sage, so Leitz, dass man die Situation zwei Jahre lang beobachten wolle. Die Frage des Bettenhauses blockiere jede Entscheidung, bedauerte Bürgermeister Marcus Schafft, und Vorsitzender Christoph Selg beklagte die „permanente NichtPräsenz“von Sana. Selg verlangt von ihr, „aus der Deckung zu kommen und mehr unternehmerische Haltung zu zeigen“. Axel Henle sagte: „Wir brauchen ein Bekenntnis“, ansonsten verliere man mangelnder Planungssicherheit wegen Partner.
Das Pflegeheim von Sankt Elisabeth grenzt direkt an die Krankenhauskapelle an, die auf jeden Fall stehen bleiben soll. Architekt Selg führte zum bestehenden Krankenhaus aus, dass es durchaus für Wohnzwecke genutzt werden könne.
Die zweite große Herausforderung ist der ersehnte internistische Facharztsitz. Freude herrschte darüber, dass ein Arzt, der sich in Riedlingen engagieren will, gefunden wurde. Hier ist die Kassenärztliche Vereinigung am Zuge. Dank galt deren stellvertretendem Vorsitzenden in BadenWürttemberg, Dr. Johannes Fechner, für die aufgezeigten Wege von zwei halben Facharzt-Sitzen. Als positiv wertete der Bürgermeister, dass die anwaltliche Vertretung für die Erreichung der Zulassung Sana übernommen habe. Gespräche führen wollen die BI-Verantwortlichen auch mit Ärzten aus der Umgebung und um ein positives Votum werben. Die Aussichten für eine Zulassung stünden diesmal besser als beim ersten Mal, meinte Leitz.
„Markante Entwicklung“
Da Neuwahlen anstanden, resümierte Selg die vergangenen drei Jahre seiner Vorstandschaft und die seines Stellvertreters Axel Henle, unterstützt von den Beiräten Dorothea Kraus-Kieferle, Dr. Hans-Peter Schreijäg und Markus Mark, die später alle wiedergewählt wurden.
Der Aufbau eines sachlichen, konstruktiven Austausches nannte er als eine der Strategien zunächst zur Standortsicherung und später zur Standortwahl des Gesundheitszentrums. Die erreichte Geschlossenheit in Riedlingen und später mit den Gemeinden der Raumschaft und das Auftreten bei der Bürgerversammlung in Ertingen wertete er als positive Grundlage. Dies habe eine „markante Entwicklung“genommen.
Eine Vielzahl von Gesprächen, Partnern und Inhalten zählte er auf. Geredet wurde mit Sankt Elisabeth, Sana, der Kreisverwaltung sowie Kreisräten. „Wir mussten gegenseitige Abneigung abbauen“, beschrieb er letztere und freute sich über den „positiven Stimmungswandel“bei Entscheidungsträgern mit der Zusage: „Wenn Riedlingen ein stimmiges Konzept entwickelt, dann setzt sich der Kreistag für die Unterstützung durch den Landkreis ein“.
Im Runde-Konzept sieht dies die BI. Alle politischen Vertreter, die man auf Landesebene und darüber hinaus konsultiert habe, seien offen für das Riedlinger Anliegen gewesen, betonte Selg, und erinnerte nach ersten Absagen an die Entscheidung des Sozialministeriums, dass das Land die Planungen für stationäre Strukturen in Riedlingen zulässt.
Leider wieder aufgelöst habe sich der „Ärztestammtisch“. Durch eigenes Engagement sei die Aussage von Sana widerlegt worden, es wollten keine Ärzte nach Riedlingen.
Eine Kultur des Ermöglichens zu schaffen, sei die Absicht der Gespräche gewesen, Wohlwollen und Unterstützung zu erzeugen und das Thema immer im Bewusstsein aller Entscheidungsträger präsent zu halten. Doch leider sei man noch nicht am Ziel, sagte Selg. In diesem Sinne sieht sich die BI auch als „Motor“der Entwicklung.
Er würdigte mit der verstorbenen Ursula Craemer eine engagierte Frau der ersten Stunde. Otto Panzer erinnerte an die Sammlung von 15 000 Unterschriften für den Erhalt der Klinik und Protestaktionen.
Josef Martin unterstrich erneut die Notwendigkeit von Betten für alleinstehende Menschen, die aus dem Krankenhaus entlassen werden, sich aber noch nicht zu Hause versorgen können und fand bei den Anwesenden offene Ohren, dass diese in einem Bettenhaus angegliedert werden könnten.