Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Sigmaringen ist eine sichere Stadt“
Ulrich Neuburger ist der neue Chef des Polizeireviers – 21 Haftbefehle gegen Flüchtlinge seit Jahresbeginn
SIGMARINGEN - Ulrich Neuburger ist seit April Kopf der Führungsgruppe des Sigmaringer Polizeireviers. Sein Vorgänger Alexander Canadi arbeitet nun in Stuttgart. Im Interview mit SZ-Redakteurin Anna-Lena Buchmaier spricht der 55-Jährige über die Sicherheitslage der Stadt und die gestiegene Belastung für die Einsatzkräfte.
Herr Neuburger, Ihr Vorgänger, Alexander Canadi, war nur ein Jahr Leiter des Sigmaringer Polizeireviers und wechselte jüngst nach Stuttgart. Sie wurden der Öffentlichkeit nun als kommissarischer Leiter vorgestellt. Wie kam das?
Ich hatte mich 2017 auf die ab März freigewordene Stelle des stellvertretenden Revierleiters beworben, da sich der Stelleninhaber in den Ruhestand verabschiedet hat – da war noch nicht bekannt, dass Herr Canadi gehen würde. Er ist Fachmann im Bereich Digitalfunk und da ist eben eine Stelle im Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei in Stuttgart freigeworden. Daraufhin wurde ich im April mit der Leitung des Polizeireviers Sigmaringen beauftragt.
Sie haben also binnen zwei Monaten auf dem Papier zweimal den Job gewechselt?
Genau.
Warum lautet ihre Berufsbezeichnung „kommissarischer Revierleiter“? Haben Sie denn vor, bald wieder zu gehen?
Herr Canadi ist nach wie vor offizieller Stelleninhaber, er wurde aber nach Stuttgart abgeordnet. Die Stellvertreterstelle ist derzeit vakant. Mein Plan ist es, im Polizeirevier Sigmaringen in den Ruhestand zu gehen.
Sigmaringen ist ihnen ja bestens bekannt.
Ja. Seit der Polizeireform war ich bei der Sigmaringer Verkehrspolizeidirektion stellvertretender Direktionsleiter und Leiter der Führungsgruppe. Meine Ausbildung habe ich 1985 begonnen, anschließend wurde ich nach Stuttgart versetzt, wo ich 13 Jahre gearbeitet habe. 2002 kam ich nach Bad Saulgau in den Streifendienst, dann in den Bezirksdienst und 2010 nach Sigmaringen als Leiter der Verkehrspolizei.
Die Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Jahren in Sigmaringen verändert. Die Stadt ist auch überregional in den medialen Fokus gerückt. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Seit 2014 hat sich die Sicherheitslage in der Tat signifikant geändert, es gab definitiv eine Steigerung der Diebstahls- und Rohheitsdelikte, vor allem in Bezug auf Straftaten, die von Flüchtlingen verübt werden. Auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung hat sich verändert.
Wie hat die Polizei auf die veränderte Lage reagiert?
Seit 2017 haben wir Kräfte des Polizeipräsidiums vor Ort, stehen in engem Kontakt mit Zoll, Bundespolizei und Sicherheitsdienst der Bahn. Die Bevölkerung nimmt auch deutlich wahr, dass wir verstärkt an den Brennpunkten vor Ort, wie dem Bahnhof, sind. Ich würde sagen, das subjektive Sicherheitsgefühl hat sich verbessert.
Aber dann passiert wieder eine solche Straftat : Ein 14-Jähriges Mädchen wurde von zwei Schwarzafrikanern am Bahnhof belästigt und bestohlen... Da ist es doch verständlich, dass sich Eltern – und nicht nur die – Sorgen machen?
Ja. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, ist aber wirklich gering. Man braucht keine Angst zu haben, aber natürlich nehmen wir auch das subjektive Angstgefühl der Bevölkerung ernst.
Ist Sigmaringen in ihren Augen immer noch eine sichere Stadt?
Ja.
Wie gehen Sie gezielt gegen kriminelle Flüchtlinge vor?
Zu Beginn des Jahres haben wir die seit Anfang 2017 bestehende Konzep- tion neu ausgerichtet und überarbeitet, da die Diebstahlskriminalität Ende 2017 angestiegen war. Wir haben eine besondere Aufbauorganisation eingerichtet, mit den Einsatzabschnitten Präsenz und Kontrolle sowie dem Einsatzabschnitt Ermittlungen, also Folgemaßnahmen. Damit gehen wir verstärkt gegen gewerbsmäßige Strukturen und Intensivtäter vor. Mit 21 Haftbefehlen gegen Flüchtlinge seit Jahresbeginn – deutlich mehr als üblich – konnten wir auch merkliche Erfolge erzielen. Die Anzahl der Delikte hängt aber auch stark mit der LEA-Belegung zusammen. Die Situationen und Symptome ändern sich laufend, mal ist die LEA selbst häufiger Einsatzort, dann verlagert sich der Brennpunkt. Wir müssen die Maßnahmen laufend anpassen.
Was beschäftigt die Sigmaringer Polizei darüber hinaus?
Sonst gibt es keine Auffälligkeiten, wir haben das gleiche Spektrum an Straftaten wie in jeder anderen Stadt. Es beschäftigt uns vor allem die LEA – es handelt sich nicht nur um eine zeitliche Belastung. Die Aggressivitätsdelikte gegenüber Kollegen sind deutlich angestiegen.