Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Die Region ist voll von Hass und Krieg“
BERLIN - Der Iran-Deal liegt in Trümmern. Andreas Herholz befragte Norbert Röttgen (CDU/ Foto: dpa), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, zu den Folgen.
Droht jetzt eine Eskalation zwischen Iran und Israel?
Diese Gefahren bestehen ganz konkret. Die gesamte amerikanische Politik in Nahost birgt die Gefahr der Eskalation der Konflikte. Das reicht vom Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem bis zum Ansatz, die arabisch-sunnitische Welt gegen Iran aufzustellen. Die ganze Region ist voll von Konflikten, Hass und Krieg. Auch die Politik der israelischen Regierung antwortet auf die iranische Bedrohung in der Region nicht mit Deeskalation, sondern mit Militärschlägen auf militärische Stellungen der Hisbollah in Syrien. Die Beendigung des Atomabkommens durch die USA richtet sich gegen die Sicherheitsinteressen Israels. Diese Sicht wird auch in Sicherheitskreisen Israels geteilt.
Warum hält sich Israel dann nicht zurück?
Die Haltung und das Vorgehen der Regierung in Tel Aviv hat sehr viel mit der innenpolitischen Lage zu tun, darüber hinaus ist Premierminister Netanjahu persönlich wegen Korruptionsvorwürfen stark unter Druck. Trump hat das IranAbkommen immer gebrandmarkt und angekündigt, es zu beenden. Das hat allerdings keine außenpolitischen Gründe. Es gibt keine amerikanische Außenpolitik mehr unter Trump. Ihm geht es stets darum, innenpolitisch zu punkten und das diplomatische Glanzstück seines Vorgängers, das Atomabkommen mit Iran, zu zerstören.
Was kann Europa noch tun, um das Schlimmste zu verhindern?
Die europäische Diplomatie und Außenpolitik sind jetzt auf höchster Ebene gefordert. Es geht um unsere ureigenen Interessen an Sicherheit und Stabilität in Europa, die wir nicht mehr von der politischen Lage im Nahen Osten trennen können. Ich finde, die EU sollte zusammen mit den Staaten aus der Region des Nahen Ostens schnellstmöglich zu einem Nahostgipfel einladen. BERLIN/TEHERAN (dpa) - US-Präsident Donald Trump startet einen Alleingang nach dem anderen – erst Strafzölle, nun neue Sanktionen gegen Iran. Der Kollateralschaden für die westlichen Partner scheint ihn nicht sonderlich zu interessieren. Die Folgen des Abschieds vom IranAtomabkommen sind jedenfalls immens, es droht ein Dominoeffekt. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Warum können die US-Sanktionen auch europäische Unternehmen treffen?
„So wie wir die Sanktionen lesen, haben wir im US-Sanktionsrecht keinen Altbestandsschutz“, sagt der Vize-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. Will heißen: Auch bestehende Geschäfte, zum Beispiel der Bau einer Maschinenfabrik, können nicht fortgeführt werden. Nach dem Erlass von Sanktionen bleibt eine Frist von maximal 180 Tagen, um die Geschäfte abzuwickeln. Sonst drohen den Unternehmen Strafen für ihre Geschäfte in den USA und/oder US-Firmen müssen ihre Aktivitäten mit den Unternehmen beenden. Obwohl die Firmen im Einklang mit europäischem Recht Geschäfte machen, trifft sie also der lange Arm des über die Landesgrenzen hinaus geltenden US-Sanktionsrechts.
Kann die Bundesregierung etwas dagegen tun?
Nein. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, es gebe juristisch keine Möglichkeit, deutsche Unternehmen gegen die USMaßnahmen zu schützen oder davon auszunehmen. „Das ist ein enormes Damoklesschwert“, mahnt DIHKExperte Treier. Der neue US-Botschafter Richard Grenell fordert schon, Investitionen in Iran zurückzufahren.
Wie groß sind die Iran-Geschäfte bisher?
Das Abkommen trat Anfang 2016 in Kraft. Im Gegenzug zum Verzicht auf das Streben nach einer Atombombe und Kontrolle der Uran-Anreicherung wurden die Iran-Sanktionen der USA und der EU weitgehend aufgehoben.