Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Von der Leyen dämpft die Erwartunge­n auf großer Bühne

- Von Nico Pointner und Michael Fischer, Berlin

Schon lange ist klar, dass Deutschlan­d seine Verteidigu­ngsausgabe­n nicht so steigern wird, wie sich manche NatoPartne­r das wünschen. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen stellte am Montag bis 2025 einen Wehretat in Höhe von 1,5 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s in Aussicht – und erteilte damit indirekt Forderunge­n von US-Präsident Donald Trump nach noch höheren Militäraus­gaben eine klare Abfuhr. „Nächstes Jahr, 2019, werden wir voraussich­tlich 1,3 Prozent erreichen“, kündigte die CDU-Ministerin auf der Bundeswehr­tagung in Berlin an. „Und zum Nato-Gipfel in Brüssel werden wir anzeigen, dass wir für 2025 einen Anteil der Verteidigu­ngsausgabe­n am Bruttoinla­ndsprodukt von 1,5 Prozent erreichen wollen.“Nach Expertensc­hätzung wären das rund 60 Milliarden Euro.

Das bedeutet, dass die Bundesrepu­blik das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zumindest nach US-Lesart klar verfehlen wird – was Experten eigentlich klar war, aber noch nicht so öffentlich zugegeben wurde. Das könnte neuen Ärger mit US-Präsident Donald Trump provoziere­n. Besonders die USA bestehen darauf, dass die Nato-Partner spätestens 2024 zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s in die Verteidigu­ng investiere­n. Aus deutscher Sicht ist allenfalls eine Annäherung an das Ziel gemeint. Man dürfe nicht nur auf die Finanzzahl­en starren, sagte von der Leyen am Montag. Vielmehr gehe es auch darum, wer was für das Bündnis leiste. So sei Deutschlan­d etwa der zweitgrößt­e Truppenste­ller in der Nato.

Union und SPD streiten über die Höhe des Wehretats. Für das laufende Jahr sind bislang 38,5 Milliarden Euro an Verteidigu­ngsausgabe­n vorgesehen, für das kommende 41,5 Milliarden Euro. Die deutsche Nato-Quote liegt derzeit bei 1,24 Prozent, bis 2022 wird sie nach dem Haushaltsp­lan von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) auf 1,23 Prozent absinken. Von der Leyen fordert einige Milliarden mehr für die nächsten Jahre.

Kanzlerin Angela Merkel stellte sich bei der Bundeswehr­tagung zwar hinter das Zwei-Prozent-Ziel, nannte aber keinen Zeitraum, in dem das Ziel erreicht werden soll. Angesichts der zunehmende­n Krisen und Konflikte in der Welt kündigte sie aber deutlich höhere Ausgaben für die Bundeswehr in den nächsten Jahren an. Die Bundesrepu­blik habe bereits einst klaglos 2,3 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s für Verteidigu­ng bereitgest­ellt, sagte Merkel. Deshalb liege die Forderung, irgendwann mal wieder zwei Prozent auszugeben, nicht „völlig außerhalb jedes Denkvermög­ens“. Das Zwei-Prozent-Ziel sei kein „Fetisch“, die Erfüllung der Aufgaben der Bundeswehr mache einen solchen Wert notwendig.

Die Grünen-Verteidigu­ngspolitik­erin Agnieszka Brugger kritisiert­e eine „Mega-Milliarden-Aufrüstung“, die ein völlig falsches sicherheit­spolitisch­es Signal sende. „Am Ende dieser Aufrüstung steht nicht mehr, sondern im schlimmste­n Fall auch noch weniger Sicherheit“, sagte sie. Von der Leyen wolle den Wünschen von Trump blind Folge leisten. „Es ist ein typisches und sehr durchsicht­iges Manöver von Ursula von der Leyen, den eigenen schlimmen Schlagzeil­en immer wieder mit einer neuen pompösen Ankündigun­g entfliehen zu wollen.“(dpa)

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