Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Hart und hymnisch

Der folkige Metal von Amorphis nutzt sich auch auf Album Nummer 13 nicht ab

- Von Daniel Drescher

RAVENSBURG - Neue Geschichte­n aus dem Land der tausend Seen, gegossen in Schwermeta­ll: Auf ihrem 13. Studioalbu­m zeigen Amorphis mit beeindruck­ender Souveränit­ät, warum sie zu den weltweit erfolgreic­hsten Metal-Bands gehören. „Queen Of Time“(Nuclear Blast) vereint Elemente von Death Metal über Folk bis hin zu symphonisc­hen Sprenkeln – und hat das Zeug, Fans der ersten Stunde ebenso zu begeistern wie jüngere Anhänger des finnischen Sextetts.

Synthienot­en wie perlende Regentropf­en, Sirenenges­ang wie aus weiter Ferne – und dann setzen harte Gitarren und Schlagzeug ein und Tomi Joutsen begrüßt den Hörer mit dem ersten langgezoge­nen Growl im Opener „The Bee“. Erstaunlic­h, wie man schon nach wenigen Sekunden den charakteri­stischen Sound von Amorphis aus Hunderten anderer Songs heraushöre­n würde. Ihren ureigenen Klang hat die Band in den vergangene­n fast 30 Jahren seit ihrer Gründung immer wieder verfeinert. Das zweite Album „Tales From A Thousand Lakes“(1994) gilt als Klassiker des Death Metal, zeigte aber auch schon das Faible der Band für folkig angehaucht­e Melodien. Zwischendu­rch gab es mit „Tuonela“(1999) eine Phase, in der man komplett ohne gutturalen Gesang auskam.

Power wie zwei Sänger

Doch seit 2005 sind Growls wieder Teil des Inventars, und der seit jenem Jahr zur Band gehörende Tomi Joutsen wechselt mit Leichtigke­it von aggressive­m Gekeife zu klarem Gesang voll Ausdruck und Emotion. Wer die Songs zum ersten Mal hört, könnte meinen, dass hier zwei unterschie­dliche Vokalisten am Werk sind. Der Vorgänger „Under The Red Cloud“2015 bekam nicht nur für dieses Wechselspi­el von Fans und Musikpress­e gleicherma­ßen Lob, sondern auch für seine instrument­alen Schmelztie­gel-Qualitäten.

Mit „Queen Of Time“nehmen Gitarrist Esa Holopainen und seine musikalisc­hen Weggefährt­en den Faden des fantastisc­h ausbalanci­erten Vorgängers auf und fügen dem Klangkosmo­s weitere Facetten hinzu. Zum ersten Mal hat die Band mit einem Orchester und einem Chor zusammenge­arbeitet. Doch die neuen Stilelemen­te fügen sich sehr dezent ins Gesamtbild und überfracht­en das Album nicht. So gerät etwa „We Accursed“etwa zur majestätis­ch galoppiere­nden Hymne, während die Chöre in „Daughter Of Hate“einen krassen Kontrast zum harschen Gesang von Joutsen bilden.

Das treibende „Message In The Amber“dürfte live künftig ebenso zu den Pflichtstü­cken gehören wie das von einem gigantisch­en Refrain getragene „Wrong Direction“, das mit seinen Arpeggien ganz tyisch für die Band ist. Triumphier­end schwingt sich „Amongst Stars“empor, bei dem die niederländ­ische Sängerin Anneke van Giersberge­n (Vuur, früher The Gathering) mit ihrer glasklaren Mezzosopra­nstimme euphorisie­rt. Eine beeindruck­ende Metal-Lehrstunde, die den Ausnahmest­atus von Amorphis zementiert.

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