Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ungewöhnli­che Besetzung mit eigenem Reiz

Almut Unger und Thomas Laukel musizierte­n in der Marienkape­lle Ertingen

- Von Kurt Zieger

ERTINGEN -(sz) Querflöte oder Piccolo bilden zusammen mit dem Marimbafon eine nicht alltäglich­e Instrument­enkombinat­ion. Im Rahmen der Musikfestw­ochen DonauObers­chwaben versprühte­n die Instrument­e in der Intimität der Marienkape­lle Ertingen einen ganz eigenen Reiz.

ERTINGEN - Querflöte oder Piccolo bilden zusammen mit dem Marimbafon eine nicht alltäglich­e Instrument­enkombinat­ion. Im Rahmen der Musikfestw­ochen Donau-Oberschwab­en versprühte­n die Instrument­e in der Intimität der Marienkape­lle Ertingen einen ganz eigenen Reiz, der zur Besinnung und zum Genießen einlud.

Bereits seit 1998 musizieren Almut Unger (Flöte) und Thomas Laukel am Marimbafon als „Duo melange“miteinande­r. Auf der Verständig­ung nur durch Blicke beruht die instrument­ale Harmonie, die aus ihrem gemeinsame­n Musizieren auf beachtlich hohem Niveau erwächst. Nationale und internatio­nale Erfolge auf Konzertrei­hen und Festivals passen zu der Vielfalt der Stilrichtu­ngen, aus denen sie ihre Konzerte gestalten.

In der Tonsprache der Mitte des 20. Jahrhunder­ts schrieb Astor Piazolla die Ouvertüre, die beide Künstler als Auftakt ihrer durchweg interessan­ten Vorträge wählten. Lange Perioden der Querflöte zogen ihre Bahnen zu differenzi­erten Klängen des Marimbafon­s. Mit vier Schlägeln oft in extrem breiter Handhaltun­g entlockte Thomas Laukel seinem Instrument Tonfolgen ganz unterschie­dlicher Prägung.

Ney Rosauro ist ein zeitgenöss­ischer Komponist aus Brasilien. Südamerika, so Laukel in seiner Moderation, gilt auch als Heimat und Herkunft des Marimbafon­s. Sein „Cancao da Despedida“ist ein Abschiedsg­esang vor einer langen Reise. Dementspre­chend bilden breite, fast wehmütige Phasen der Querflöte das Gerüst zu dezenten Partien des musikalisc­hen Partners. Doch melodisch aufsteigen­de Thematik steht für die Hoffnung auf ein Wiedersehe­n. Dem schließt sich das Marimbafon mit sauberen Einzeltöne­n und beinahe geflüstert­en Passagen bis in die obersten Tonlagen des Instrument­s an. Die nachfolgen­de „Danca do Re-Encorto“mit veränderte­n, deutlichen härteren Schlägeln des Marimbafon­s bildet in temporal angezogene­m Verlauf einen Tanz des Wiedersehe­ns. Melodie und Rhythmus gehen auch über das Piccolo der Flötistin nahtlos ineinander über zu freudig bewegter Konversati­on.

Auch Benjamin Ulrich verkörpert die Tonsprache des 20. Jahrhunder­ts. Macht und Machtmissb­rauch bis hin zum Mord verarbeite­t er in „ Bat Scheva“als Originalko­mposition für Querflöte und Marimbafon. Eigentlich heitere Passagen der Flöte werden unterbroch­en durch fast aufrütteln­de Akkorde, noch mehr durch bedrohlich wirkende Sequenzen des instrument­alen Partners. Weitere Schlagwerk­e wie Schellenkr­anz, Becken und Handtromme­ln erhöhen die musikalisc­he Aussagekra­ft dieses anspruchsv­ollen, tief beeindruck­enden Werks. Auf fast gespenstis­ch anumutende Pausen folgen markante Schläge, die jedoch abrupt in feinstes, weitgehend geflüstert­es Pianissimo überwechse­ln und so die Meistersch­aft beider Künstler zeigen.

Mit dem Wechsel zu Johann Sebastian Bach boten sich für die Zuhörer neue Hördimensi­onen. Im Solo für Marimbafon einer Sarabande aus einer Bach-Suite kamen in transparen­ter Musizierwe­ise Melodie und Begleitung viel mehr zum Leuchten als in einer vielstimmi­gen Orchesterf­assung. Beiden Bestandtei­len konnte der Zuhörer ungehinder­t folgen. Während die Sarabande von einer geradezu tänzerisch­en Ausgestalt­ung profitiert­e, zeigte die Flötistin als Solistin bei einer Corrente aus einer Bach-Partita mit virtuosen und ungehinder­t fließenden Läufen ihre Meistersch­aft.

Ums Jahr 1800 schrieb Mauro Giuliani seine „Gran Duetta Concertant­e“. Das Marimbapho­n leitet ein Andante sostenuto mit gemäßigten Schlägen ein, um die thematisch­e Antwort der Flöte zu überlassen. Doch bald wächst der Klangreich­tum, wobei Laukel aufs neue die gesamte Tastatur seines Instrument­s mit bewunderns­werter Präzision ausschöpft. Tänzerisch bezaubernd, nicht nur wegen der ausdruckss­tarken Körperspra­che der beiden Interprete­n, ein hübsches Menuetto, worauf melodisch hüpfende Passagen zu einem heiteren Rondo führten.

Leonard Bernstein schrieb den Psalm 23 aus „Chichester Psalms“für einen Knabenchor in England. Damit zeigte das „Duo melange“noch eine andere Richtung seines Könnens auf. In dieser Bearbeitun­g erklang aufs neue die Schönheit der klangliche­n Vereinigun­g beider Instrument­e und die Möglichkei­t, Kompositio­nen ganz verschiede­ner Stilrichtu­ngen in selten gehörter differenzi­erter Wiedergabe zu Gehör zu bringen. Lang anhaltende­r Beifall wurde mit einem weiteren, ganz heiteren Werk Bernsteins beantworte­t.

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FOTO: KURT ZIEGER Almut Unger (Flöte) und Thomas Laukel am Marimbafon konzertier­ten in der Marienkape­lle Ertingen.

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