Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
SPD versackt im Umfragetief
Juso-Chef Kevin Kühnert attackiert Finanzminister Olaf Scholz
BERLIN (dpa) - Schlechte Umfragewerte nähren in der SPD Zweifel am Kurs in der Großen Koalition. JusoChef Kevin Kühnert warf Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine verheerende Vorstellung seines Haushaltsentwurfs im Bundestag vor. „Das war kommunikativ ganz alte Schule. Und leider weit von einer neuen SPD entfernt, weil er die Opposition ohne Not zum politischen Konter eingeladen hat“, sagte Kühnert. Scholz versucht, die Politik von CDU-Vorgänger Wolfgang Schäuble weitgehend fortzusetzen mit einem Fokus auf das Vermeiden neuer Schulden. Vielen in der SPD fehlen neue Akzente, zum Beispiel ein größeres Investitionsprogramm.
Im ARD-„Deutschlandtrend“kommt die SPD nur noch auf 17 Prozent. Das Institut gms sieht sie sogar nur noch bei 16 Prozent, die Union hingegen bei 34 Prozent – und damit mehr als doppelt so stark. Im ZDF„Politbarometer liegt die SPD bei 20 Prozent. In allen drei Umfragen sinkt die SPD mit der neuen Parteivorsitzenden Andrea Nahles zwei Monate nach dem Start der Koalition unter das historisch schlechte Bundestagswahlergebnis von 20,5 Prozent. Scholz war am Freitag zum Abschluss der ersten Runde der Beratungen über die Etats der einzelnen Bundesministerien bemüht, die Kritik zu entkräften. „Jede Qualifizierung als Sparpolitik ist falsch“, sagte er im Bundestag. Neben den von Union und SPD geplanten Ausgaben und Investitionen von 46 Milliarden Euro würden auch Steuermehreinnahmen von rund zehn Milliarden Euro investiert.
Das seien 56 Milliarden Euro in vier Jahren, so Scholz. Es gehe um Investitionen in die Zukunft Deutschland, in gebührenfreie Betreuungsund Bildungsangebote, Wohnungbau und Digitalisierung. „Wir werden Jahr für Jahr die Mittel für Investitionen steigern.“Zu viele würden nicht richtig zuhören und vorgefertigte Meinungen weiterplappern.
Arbeitsminister Hubertus Heil mahnte die SPD, mit Geschlossenheit Vertrauen zurückzugewinnen. „Ich finde, dass Angst und Panik immer ein falscher Ratgeber ist in der Politik“, sagte er. Es gehe um die längeren Linien. „Und dass wir Probleme lösen und nicht um uns selbst kreisen, betonte Heil.
Die baden-württembergische SPD-Chefin Leni Breymaier hat ihre Partei aufgerufen, die Nerven zu behalten. Andrea Nahles sei noch keinen Monat im Amt, die Regierung im Bund fange gerade an zu laufen, sagte Breymaier der „Stuttgarter Zeitung“und den „Stuttgarter Nachrichten“. Sie plädiere deshalb dafür, nicht nach jeder Umfrage in Hektik auszubrechen.
Angesichts der Zweifel, ob die Große Koalition entgegen der Beteuerungen der SPD-Spitze nicht doch den Niedergang weiter beschleunigt, werden Forderungen laut, spätestens 2019 auf einem Parteitag über die Fortsetzung der großen Koalition abzustimmen. „Die geplante Halbzeitbilanz spielt für die SPD eine große Rolle“, sagte Bremens Regierungschef Carsten Sieling dem „Spiegel“.