Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Null Bands, aber 4000 Besucher
Hailtinger Festival vom 24. bis 27. Mai ist seit zweieinhalb Monaten ausverkauft
HAILTINGEN - Ein Musikfestival ohne Lineup ist nicht nur möglich, sondern auch durchaus gefragt. Bereits seit 26. März ist das „Festival ohne Bands“in Hailtingen über die Homepage des Veranstalters ausverkauft. 4000 Besucher werden dort vom 24. bis 27. Mai erwartet – doppelt so viele, als bei der Premiere im vorigen Jahr gekommen sind.
Damit hatte auch Festival-Organisator David Lüke nicht gerechnet. An Weihnachten habe er festgestellt, dass die Nachfrage die Erwartungen deutlich überstieg. Mit zusätzlicher Fläche, die auch genehmigt wurde, konnte er die Kapazität erweitern. 73 000 Quadratmeter stehen jetzt zwischen Hailtingen und Betzenweiler für das Festival zur Verfügung, vor allem von örtlichen Landwirten, die das Projekt unterstützen. Für das kommende Jahr will Lüke gleich von Anfang an mit noch größerem Platzangebot an den Start gehen.
Der Aufwand für das achtköpfige Organisationsteam ist beachtlich. Zwei Kilometer Bauzäune müssen rund um das Festivalgelände aufgestellt werden. Darin entsteht so etwas wie eine kleine Stadt – die auch völlig autark ist. „Wir zapfen keine Stromleitung an und brauchen keinen Kanal“, so Lüke. Generatoren sorgen für Strom, es gibt Wasser und ausreichend Toiletten. Für flüssige und feste Nahrung ist an verschiedenen Verpflegungsstellen gesorgt. Und es gibt zwar keine Bands, aber trotzdem eine Bühne, gewissermaßen das Zentrum des Geschehens. Zu hören gibt es vornehmlich Rock, Punk und Metal. Bei einer Jukebox kann sich jeder Besucher gegen einen kleinen Obolus Lieder wünschen: „Das Publikum ist der DJ“.
Groß ist auch das Personalaufgebot. Bis zu 100 Personen sind während der Veranstaltung im Einsatz: Auschankhelfer, Security, Sanitäter, Feuerwehrleute. „Wir arbeiten mit Profis zusammen, die auch Fesstivals mit 40 000 Teilnehmern machen“, sagt Lüke. Im Vorfeld wurde ein Notfallkonzept erstellt, in dem unter anderem die Fluchtwege festgelegt sind. Terrorgefahr sei dabei ein großes Thema: „Es geht nichts über Sicherheit.“Der 30-jährige Hailtinger arbeitet als Veranstaltungskaufmann für den Laupheimer Parylikörhersteller Efag und ist dort für Promotion und Vertrieb zuständig. Als Brancheninsider hat er auch Kontakte für alles, was man für ein Festival braucht: Ton- und Lichttechnik, Securityfirmen und Getränkehersteller.
Geparkt werden kann direkt beim Festivalgelände auf dem Campingbereich. Das sei „vom Sicherheitsaspekt her sinnvoll“. Bei Unwetter biete das Auto einen Schutzraum – auch gegen Blitzschlag. Darum geht es beim Festival ohne Bands: um die Camping-Atmosphäre. Die hatte David Lüke beim Rock im Park 2009 so sehr genossen, dass er während des ganzen Festivals nur drei Bands von insgesamt rund 90 gesehen hat – bei 140 Euro Eintritt. Aus der Erfahrung heraus ist dann auch die Idee zum „Festival ohne Bands“entstanden, die im vergangenen Jahr schließlich in die Realität umgesetzt wurde. David Lüke hat sich damit einen Traum erfüllt.
Minus vom vorigen Jahr
Geld will er damit nicht verdienen: „Wir sind nicht auf Gewinn ausgerichtet. Wir machen das, weil wir Festivals lieben.“Und ein Festival feiern kann man nur mit vielen Gleichgesinnten. Die zahlen jeweils 20 Uhr für den gesamten Aufwand. Das allein reicht freilich nicht aus. „Wir hatten ein Minus von 8000 Euro im vorigen Jahr“, berichtet Lüke. „Dieses Jahr läuft es auf ein fünfstelliges Minus hinaus.“Das müsse durch den Umsatz vor allem mit Speisen und Getränken erwirtschaftet werden. Oder durch Aktionen wie Autogrammkarten: Da es ja keine Bands gibt, können sich Festivalbesucher eigene Autogrammkarten drucken lassen und damit im Infield Autogrammstunden geben – wie bei den Promis mit Wellenbrecher und Security. Lüke hofft, so einigermaßen über die Runden zu kommen. „Außer es regnet drei Tage – dann nicht.“Dann entstünden nicht nur erhöhte Kosten dafür, den Boden wieder herzurichten, dann bleiben auch die Besucher eher im Zelt und nehmen das Gastronomieangebot weit weniger in Anspruch.
Lüke hofft auch, dass die Besucher wieder so diszipliniert sind wie im vorigen Jahr. Die Wiederherstellung des Platzes in den vorherigen Zustand sei problemlos gewesen: „Das hat super funktioniert.“Damit kein Sperrmüll entsorgt werden muss, wird für mitgebrachtes Mobiliar wie Sofas Pfand erhoben. Es gibt kein Glasverbot, in der Hoffnung, dass hinterher kein erhöhter Aufwand für die Beseitigung von Scherben entsteht: „Wir probieren das mal, da es uns selber bei anderen Festival nervt.“