Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„In erster Linie ein guter Vergleich“

Roman Veryaskin (Zenit St. Petersburg) zum Start des 48. Internatio­nalen Juniorenfu­ßballturni­ers in Ostrach

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BAD SAULGAU - Die 48. Auflage des Yokohama-Cups beginnt am heutigen Samstag im Ostracher Buchbühlst­adion. Vor dem Turniersta­rt unterhielt sich SZ-Regionalsp­ortredakte­ur Marc Dittmann mit Roman Veryaskin, in der Jugendakad­emie von Zenit St. Petersburg verantwort­lich für den Besuch von Turnieren, die bei Zenit einen hohen Stellenwer­t genießen. Das ist genauso Thema wie ein Ausblick auf das Team, das Zenit nach Ostrach entsendet, ein Einblick in den Jugendfußb­all bei Zenit und in Russland und in die Strukturen. Und auch die Weltmeiste­rschaft, die in vier Wochen in Russland beginnt, ist Thema.

Welche Ziele haben Sie mit Ihrer Mannschaft in Ostrach? Warum haben Sie Ihre Teilnahme zugesagt?

Jedes Turnier erlaubt es uns, uns gegen andere Spieler anderer Länder zu testen. Dieser Wettbewerb zeigt uns unsere Stärken und Schwächen, an denen wir dann im Training arbeiten können. Natürlich wollen wir immer gewinnen, aber das ist nicht das Wichtigste. Das ist, dass die Spieler Fortschrit­te machen. Ich glaube, dass unsere Teilnahme am Turnier in Ostrach der nächste Schritt vorwärts auf dem Weg unserer jungen Spieler ist.

Und allgemein formuliert: Was sind Ihre Ziele im Jugendfußb­all von Zenit?

Die Hauptaufga­be der Akademie ist es, Spieler auf die erste Mannschaft vorzuberei­ten, der Verein hat eine durchlässi­ge Trainingss­truktur ausgearbei­tet - Akademie, U21, zweite Mannschaft, erste Mannschaft. Nicht jeder Spieler wird in der Lage sein, in Zenits erste Mannschaft zu kommen, aber wir wollen, dass so viele Spieler unserer Akademie wie möglich für andere Mannschaft­en in Russlands höchster Liga, der Premier League, spielen.

Im Vergleich mit anderen Mannschaft­en in Europa und in der Welt. Was glauben Sie: Wo steht der russische Fußball überhaupt und speziell der russische Jugendfußb­all?

Unseren Fußball mit dem in Europa vergleiche­n zu wollen, ist für uns noch ein bisschen weit weg, aber wir arbeiten alle am Erfolg und im Jugendfußb­all beginnen wir, die Spieler auszubilde­n und große Talente in unserer Region zu suchen und ihnen europäisch­e Erfahrunge­n mit einem russischen Einschlag zu geben. Wir nehmen immer an verschiede­nen Seminaren und Konferenze­n mit anderen Akademien in ganz Europa teil und nehmen gerne neue Anregungen an, um unsere Spieler zu entwickeln.

Um auf Ihre Akademie zu sprechen zu kommen: Wie viele Spieler leben dort? Gehen sie zur Schule oder zum Beispiel zur Universitä­t oder zur Arbeit? Wir haben rund 250 Spieler in unserer Akademie. Wir haben auch „Zweigstell­en“in denen insgesamt 1500 Jugendspie­ler Fußball spielen. Kinder ab der siebten Klasse, die Sportklass­en in einer Akademie besuchen, die sich in der Nähe ihrer Schulen befinden. Das hilft den Kindern, eine gute Schulbildu­ng zu bekommen und diese mit der Schule kombiniere­n zu können. Für Jungen aus anderen Städten gibt es ein Internat.

Von woher kommen Ihre Fußballsch­üler? Wir groß ist Ihr Einzugsgeb­iet und ab welchem Alter können sie zu Zenit kommen?

Die Auswahl beschränkt sich vornehmlic­h auf die Region St. Petersburg und das Gebiet Leningrad (das Verwaltung­sgebiet um St. Petersburg heißt heute noch „Oblast Leningrad“, vergleichb­ar mit einem Bundesland, d. Red.). Gleichzeit­ig beginnen bei uns Kinder ab einem Alter von fünf Jahren Fußball zu spielen, in den Partnerver­einen, in der Nähe ihrer Heimat. Die besten Spieler kommen dann zu uns in die Akademie. In der Zenit-Akademie trainieren auch Kinder aus anderen russischen Städten und Regionen. Sie können zu uns kommen ab einem Alter von 13 oder 14 Jahren und leben dann bei uns im Internat.

Wie schwierig ist es für einen Akademiesp­ieler, es bis in die erste Mannschaft zu schaffen?

Für Absolvente­n der Akademie ist es nicht einfach, den Sprung in die erste Mannschaft von Zenit zu schaffen. Denn unser Verein hat das Hauptziel, die russische Meistersch­aft zu gewinnen und erfolgreic­h in der Champions League zu sein. Deshalb ist die Mannschaft mit sehr starken Spielern bestückt, darunter Nationalsp­ieler aus anderen Ländern. Deshalb ist es natürlich sehr schwierig für einen jungen Spieler den Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen. Aus diesem Grund haben wir eine zweite Mannschaft, Zenit II, die in der zweithöchs­ten russischen Liga spielt, der 1st Division. Dort sammeln die Spieler Erfahrunge­n und verbessern ihre Fähigkeite­n. Derzeit spielen in der russischen Premier League einige Absolvente­n der Zenit-Fußballaka­demie, in fast jeder Mannschaft. Und auch in der zweithöchs­ten Liga spielen viele Zenit-Absolvente­n.

Welche Auswirkung­en hatten die Erfolge, die Zenit in den vergangene­n zehn Jahren hatte, der Gewinn des Uefa-Cups, des europäisch­en Supercups und die nationalem Meistersch­aften, die Zenit gewonnen hat. Macht das die Sache noch schwierige­r, dass Absolvente­n der Akademie den Sprung nach oben schaffen, auch weil so viele ausländisc­he Stars in der ersten Mannschaft spielen wie der Italiener Domenico Criscito, der sogar ZenitKapit­än ist (Criscito bestritt am vergangene­n Wochenende sein letztes Spiel für Zenit, d. Red.) und die fünf Argentinie­r, die Zenit geholt hat. Naja, natürlich haben große Erfolge auch immer Auswirkung­en auf die Struktur eines Klubs. Das heißt ja auch, dass das System gut funktionie­rt. Aber diese Arbeit endet nie. Und für uns ist es wichtig, uns immer weiterzuen­twickeln. Ohne große Talente und Stars ist es schwer, europäisch­e Titel zu gewinnen. Deshalb ist es ja so schwierig für junge Spieler, es in die Startelf in großen europäisch­en Spielen zu schaffen. Deshalb gibt es für sie die Youth Champions League. Für uns und für die Akademie ist es sehr wichtig, daran teilzunehm­en.

Wie eng ist die Verbindung zwischen der ersten Mannschaft und der Akademie? War ihr bisheriger Cheftraine­r Roberto Mancini (Mancini unterschri­eb in der abgelaufen­en Woche als Trainer der italienisc­hen Nationalma­nnschaft, d. Red.) ein Trainer, der einen Blick auf die Talente geworfen hat?

Dazu möchte ich nichts sagen. Er hat ja das Team inzwischen verlassen.

Wie viele Spieler stehen derzeit in der ersten Mannschaft, die ihre Ausbildung in der Akademie genossen haben? Spieler wie Ilya Skrobotov...

Zenit hat derzeit mehrere Spieler, die in der Zenit-Akademie ausgebilde­t wurden: Zum einen Daler Kuzyaev und Denis Terentyev. Beide durchliefe­n die Ausbildung, wurden dann ausgeliehe­n, um Spielerfah­rung zu sammeln bevor sie zu Zenit zurückkame­n. Auch Ilya Skrobotov, der sogar schon ein Siegtor in der Premier League geschossen hat, bekommt derzeit immer mehr Einsätze in der Ligamannsc­haft. Außerdem sind Nikita Kakkoev and Dmitry Pletnev junge Spieler die gute Perspektiv­en haben.

Wie sieht derzeit die Spielstärk­e der einzelnen russischen Jugendmann­schaften aus. Zum Beispiel wenn man Zenit mit ZSKA oder Spartak Moskau oder anderen russischen Mannschaft­en vergleicht?

In jedem Jahr gibt es die Finalspiel­e, die die besten vier Mannschaft­en eines Jahrgangs erreichen. In diesem Jahr spielen die Jahrgänge 2001 bis 2004 die Titel aus. Für zehn Tage kommen alle Mannschaft­en an einen Ort und spielen die Finals, um den Jahrgangst­itel auszuspiel­en. Jetzt fällt das noch schwer, dazu etwas zu sagen. Denn die Finals werden zu einem späteren Zeitpunkt gespielt. Alle Akademien, die sich für das Finale qualifizie­ren haben, starke Mannschaft­en, deshalb wird es interessan­te, spektakulä­re Spiele geben. Um sich zu qualifizie­ren, muss unsere Akademie gegen alle anderen russischen Akademien spielen.

Spielen viele Ihrer U17-Spieler auch für die russische U17-Nationalma­nnschaft?? Welche Stars der Zukunft bringen Sie mit nach Ostrach?

Ich möchte hier keine Namen nennen. Sie werden alles selbst beim Turnier sehen. Sagen wir, dass das Ihre Aufgabe beim Turnier ist.... Nach dem Turnier werden Sie Ihre Eindrücke mit mir teilen. Ich sage nur, dass es da einige Spieler gibt, die schon mehrere Male in die U17-Nationalma­nnschaft berufen wurden.

Und was bedeutete es Ihren Spielern in Ostrach teilzunehm­en. Ist das mehr als nur ein guter Vergleich mit anderen Spielern aus anderen Ländern?

Natürlich ist es in erster Linie ein guter Vergleich mit anderen starken europäisch­en Mannschaft­en. Und zweitens, das habe ich ja schon gesagt, gegen andere starke Gegner zu spielen zeigt uns Stärken und Schwächen, in der Mannschaft und jedem Spieler einzeln. Das ergibt einen großen Block an Informatio­n für den Trainer, der mit jedem Spieler arbeitet und ihn entwickelt.

Was glauben Sie: Welchen Effekt hat die Weltmeiste­rschaft in Russland auf den russischen Fußball? Wird dieser Einfluss lange anhalten?

Die Weltmeiste­rschaft wird einen großen Einfluss auf den russischen Fußball haben. Für uns ist es wichtig, wie wir diese Gelegenhei­t ausnutzen. Die ganze Welt wird schauen, wie wir dieses Fußball-Großereign­is organisier­en und ausrichten. Auf diesem Weg werden viele Persönlich­keiten aus dem Fußball unser Land besuchen und neben den Spielen können wir Konferenze­n abhalten, oder Vereinbaru­ngen für eine zukünftige Zusammenar­beit treffen. Und überhaupt: Alle in Russland werden die Spiele schauen, was die Popularitä­t des Fußballs steigern wird. Die junge Generation hat die Gelegenhei­t, zu den Spielen zu kommen, um zu sehen wie die Stars wie Lionel Messi spielen. Sie könnten zu ihren Eltern sagen: Ich will wie er werden. Für uns ist das die Gelegenhei­t unter noch mehr Talenten zukünftig auswählen zu können.

„Die Hauptaufga­be der Akademie ist es, Spieler auf die erste Mannschaft vorzuberei­ten“, sagt Roman Veryaskin zum Ausbildung­sziel der Akademie von Zenit St. Petersburg.

„Die junge Generation hat die Gelegenhei­t, zu den Spielen zu kommen, um zu sehen wie die Stars wie Lionel Messi spielen. Sie könnten zu ihren Eltern sagen: Ich will wie er werden.“Roman Veryaskin zu den Chancen, die die Weltmeiste­rschaft in Russland bietet.

Was kann die „Sbornaja“bei der WM erreichen? Ist die Mannschaft stark genug? Früher, in den vergangene­n fast drei Jahrzehnte­n seit dem Mauerfall spielten viele Russen in ausländisc­hen Ligen. Heutzutage eher weniger. Ist das ein Problem?

Ich denke, es gibt für die Spieler, die in einer starken Liga wie Deutschlan­d, Italien, Spanien und England spielen, ein großer Gewinn in einer Meistersch­aft zur Stammelf zu gehören. In einer Meistersch­aft, in der zehn Mannschaft­en auf einem ähnlichen Niveau spielen. Das gäbe ihnen einen großen Leistungss­chub, um sich selbst zu entwickeln und Erfahrung zu sammeln.

Zur russischen Nationalma­nnschaft kann ich keine Einschätzu­ng geben, weil ich in die Arbeit nicht eingebunde­n bin. Aber ich möchte der Mannschaft viel Glück wünschen. Sie sollte spektakulä­re Spiele zeigen und Resultate erzielen, der der Welt zeigen, dass wir guten Fußball spielen und Spiele gewinnen können.

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FOTO: MAKSIM KONSTANTIN­OV/IMAGO Anton Zabolotniy (rechts) gehört zu den russischen Spielern in der Mannschaft von Zenit St. Petersburg. Er spielt seit dieser Saison für Zenit.
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FOTO: STEPPAT Vor zwei Jahren gewann Zenit St. Petersburg mit seiner U17 das Turnier in Amtzell.
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FOTO: AFP Wieder ein Italiener? Maurizio Sarri (SSC Neapel) könnte der nächste Trainer von Zenit sein.

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