Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Herausragende Gitarrenkunst
Julia Trintschuk begeistert in der Prälatur Zwiefalten
ZwiEFALTEN – Im Rahmen des „Forums Junger Interpreten“präsentierte der Geschichtsverein Zwiefalten am Samstag in der Prälatur die international gefragte, junge Gitarrenvirtuosin Julia Trintschuk. Mit Unterstützung der Kreissparkasse Reutlingen galten die Einnahmen des Benefizkonzerts dem Projekt „Dobel-Spatz“in Zwiefalten.
Die Prälatur als ehemaliger Empfangsraum der Zwiefalter Äbte bot in seiner barocken Intimität den idealen Rahmen für ein raumfüllendes Solokonzert einer außergewöhnlichen Künstlerin. So wie Julia Trintschuk weite Teile ihres Konzerts verinnerlicht mit geschlossenen Augen und doch spürbarer Leidenschaft präsentierte, so konnte man als Zuhörer ebenso vor allem die delikaten, oft in höchste Höhen entschwebenden Partien des vielseitigen Programms in sich aufnehmen.
Melodiös, in zügigem Tempo, die virtuosen Läufe mit prägnanten, doch in der klanglichen Wirkung nicht überzogenen Akkorden verbunden, so stellte die Gitarristin das „Grand Solo“von Fernando Sor in den Raum. Fein ziselierte Passagen, über den ganzen Klangraum ihres Instruments verteilt, versprühten Lebensfreude. Kräftige Passagen im tiefen Bereich fanden ihr hellhöriges Echo in den höheren Lagen der Gitarre. Ein brillantes Meisterwerk der Künstlerin!
Mit einem geheimnisvollen Flair beginnt die 1933 entstandene Toccata von Joaquin Rodrigo. Nach kurzem, präludienhaftem Beginn weitete sie sich mit kraftvollen Akkorden, um die perlenden Läufe gezielt zu unterbrechen. Bei allen kurzgefassten Noten konnte ein melodisches Grundschema, vor allem im tieferen Tonbereich, erkannt und verfolgt werden. Beeindruckende Fingerfertigkeit in virtuosen Passagen ließ dennoch Zeit und Raum für klare, kurz angerissene Einzeltöne. Vor allem bei den akkordlichen Sequenzen spürte man die innere Leidenschaft der Gitarristin, die Bravour „ihre persönliche Uraufführung“meisterte, da das Werk aus Sicht der ersten Begutachter als nicht spielbar erachtet wurde. Langanhaltender Applaus und Beifallsrufe waren die Anerkennung der Zuhörer.
Bezaubernd melodisch stimmte daraufhin die Gitarristin ein altes spanisches Volkslied an. Über dieses thematische Motiv von Fernando Sor hat Miguel Llobet eine Fülle ganz unterschiedlicher Variationen geschrieben, die allesamt nur mit hoher künstlerischer Fertigkeit umgesetzt werden können. Zartfühlende, fast flüsternd ausgebrachte Perioden wechseln mit brillanten Sequenzen ohne Begleitung und virtuosen Läufen in hohem Tempo.
Ums Jahr 1800 verfasste Mauro Giulani seine „Rossiniana“. Sie beinhaltet lyrisch verträumte Melodien voll empfindsamer Schönheit und herrlich dahingleitende Partien voll beinahe entrückter Leichtigkeit. Julia Trintschuk musiziert voll Hingabe auch hier oft mit geschlossenen Augen. Sie und ihr Instrument bilden eine spürbare Harmonie, die sympathisch sparsame Mimik und großes künstlerisches Potential miteinander verbinden. Über sonoren Grundtönen erhebt sich ein vielfarbiges Melodienspektrum in unglaublicher Virtuosität bis zum vom Publikum umjubelten Schlussakkord.
Mit „Un sueno en la floresta“führte die Gitarristin die Zuhörer nach Paraguay. Dort wandelte Agustin Barrios Mangore seine Empfindungen bei einem Traum im Wald in die Sprache der Musik. Einfühlsam umgesetzte träumerische Phasen beherrschten weite Teile der gut ins Ohr gehenden Melodik. In der räumlichen Intimität der Prälatur waren solche feinsinnig gesponnenen Linien bis in höchste Höhen uneingeschränkt zu genießen.
Temperamentvolle Musik
Temperamentvoll in Melodie und akkordlicher Ausgestaltung, bezaubernd in tänzerischer Verträumtheit, klar im Rhythmus, verliebt umspielt mit graziösen Umrankungen, aber auch klar strukturierten Eckpunkten – so umschreibt der japanische Gitarrist Geronimo Ginimez eine Hochzeit in Spanien. Faszinierende Läufe und klangvoll exakte Akkorde der Künstlerin, spürbar in Leidenschaft und Temperament so richtig in ihrem Element, beherrschten weitgehend die pulsierend ansteckende Szene.
Der rauschende Beifall der Zuhörer wurde durch die Künstlerin beantwortet mit einem weiteren Feuerwerk virtuoser Geläufigkeit über akkordlich sauber strukturierter Begleitung und einem verträumten Gute-Nacht-Lied.