Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Merkel setzt auf China
Kanzlerin bekennt sich in Peking zum Freihandel
PEKING (AFP/dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Chinas Ministerpräsident Li Keqiang haben sich am Donnerstag in Peking zum freien Welthandel bekannt – und sich gegen US-Präsident Donald Trump gestellt. Deutschland und China setzten beide auf Multilateralismus und „fairen und freien Handel“, sagte Merkel bei ihrem Besuch.
Bei ihrer Unterredung in der Großen Halle des Volkes ging es vor allem um den Handel. Die Bundesregierung sehe chinesische Investitionen in Deutschland nicht negativ. Zudem freue man sich über die angekündigte Öffnung bei Joint Ventures in der Automobilbranche und die Senkung der chinesischen Importzölle auf Autos. Vor allem letztere Entscheidung steht im Gegensatz zu Trumps Plänen. Der US-Präsident hatte dem Handelsministerium den Auftrag erteilt, höhere Einfuhrzölle auf im Ausland gebaute Autos zu prüfen.
WASHINGTON - Die Gedenkmünzen waren schon geprägt, die Hotelzimmer gebucht und der Flugplan für die Air Force One nach Singapur schon ausgearbeitet. Da verkündete US-Präsident Donald Trump am Donnerstag: Nach zunehmend aggressiver Rhetorik aus Pjöngjang ist das für 12. Juni in dem asiatischen Stadtstaat geplante Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un abgesagt.
Trump äußerte sich in seiner Absage an Kim Jong-un enttäuscht. „Die Welt, und Nordkorea im Besonderen, haben eine große Gelegenheit für andauernden Frieden und großen Fortschritt und Wohlstand verpasst. Diese entgangene Chance ist ein wirklich trauriger Moment in der Geschichte“, schrieb er in seinem Brief an den koreanischen Machthaber.
Im Weißen Haus sagte Trump später, der Dialog mit Nordkorea sei bis vor kurzem gut gewesen. Er kenne den Grund für die jüngste Veränderung, wolle ihn aber nicht nennen. Nun ist die Welt zurück an dem Punkt, an dem sich zwei als unberechenbar eingestufte Politiker gegenseitig mit Atomwaffen bedrohen.
Eine Lektion für Trump
Letztlich ist es eine Lektion in Sachen Realpolitik für Donald Trump. Auf den letzten Metern vor seinem historischen Gipfel hat er lernen müssen, dass sich manche Konstanten nicht so schnell ändern.
Trump hatte die nunmehr geplatzte Begegnung als eine Art Geniestreich verkauft, bei dem ihm gelingen werde, was drei seiner Vorgänger im Oval Office nicht geschafft hatten. Er, der selbsternannte Meister der Verhandlung, wollte als der US-Präsident in die Annalen eingehen, der das nordkoreanische Atomprogramm begraben würde. Auf friedlichem Wege, durch Willensstärke und Geschick, schon bald dafür gewürdigt mit dem Friedensnobelpreis. Noch am Donnerstag schien Trumps Strategie aufzugehen. Laut Berichten hatte Nordkorea sein Atomtestgelände zerstört.
Jetzt ist Trump hart in der Realität gelandet. Die Absage mit feindseliger Rhetorik Pjöngjangs zu begründen, wie er es in einem offenen Brief an Kim tat, führt am Kern der Sache vorbei. Relevanter ist: Nachdem er die Erwartungen hochgetrieben hatte, konnte sich Trump kein Treffen leisten, das nicht mit dem von ihm selber beschworenen Durchbruch enden würde. Der Optimismus, den er mit der ihm eigenen Großspurigkeit verbreitete, wirkt im Nachhinein so naiv, wie die Enttäuschung nach dem Schüren der Hoffnung umso krasser ausfällt.
Dabei war nie zu übersehen, welch tiefer Graben zwischen den Interessen der Amerikaner und denen der Nordkoreaner klafft. Spricht Trump von der De-Nuklearisierung der Koreanischen Halbinsel, meint er die Verschrottung sämtlicher Atomwaffen aus den Arsenalen Pjöngjangs. Spricht Kim davon, meint er, dass die USA im Gegenzug den atomaren Schutzschirm für ihre ostasiatischen Verbündeten einklappen. Die Einigung ist nun gescheitert, und wie lange es bis zum nächsten Anlauf dauert, wagt im Moment niemand zu prophezeien. Vielleicht hat man im Oval Office tatsächlich geglaubt, Nordkorea durch den massiven wirtschaftlichen internationalen Druck zum Einlenken zu zwingen, ohne selbst Zugeständnisse machen zu müssen. Vielleicht haben Optimisten in aller Welt in der notorisch unberechenbaren Kim-Dynastie auf einmal, unter dem Eindruck der Annäherung an die Südkoreaner, einen potenziell verlässlichen Partner gesehen.
Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt, weil sich nichts geändert hat am Wesentlichen: Im Besitz von Kernwaffen sieht das Regime eine politische Überlebensgarantie. Ihm das Schicksal eines Muammar alGaddafi vor Augen zu führen, wie Trumps forscher Sicherheitsberater John Bolton es tat, sah Kim als unheilvolles Vorzeichen. Auch der Libyer beendete sein Nuklearprogramm, nur um ein paar Jahre darauf Macht und Leben zu verlieren. Entweder wollte Bolton dies nicht wahrhaben, oder er suchte die Provokation. Jedenfalls hat das Gerede vom Libyen-Modell zusätzlichen Sand ins diplomatische Getriebe gestreut. Die Rhetorik mag beigetragen haben zur Ernüchterung, den Ausschlag gab sie nicht.
Die wahren Gründe gehen tiefer. Zum großen Wurf ist Kim (noch?) nicht bereit. Trump wiederum kann es sich nicht leisten, der erste USPräsident zu sein, der einem nordkoreanischen Autokraten die Hand reicht – und dann nichts Handfestes vorzuweisen hat.