Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Teilzeit im Job und Vollblut im Ehrenamt

Tiefenbach­s Bürgermeis­ter Helmut Müller ist Attenweile­rs erster Hauptamtsl­eiter

- Von Birga Woytowicz

TIEFENBACH/ATTENWEILE­R - Zuletzt wurde die Belastung für die Verwaltung in Attenweile­r zu viel: Jetzt hat sich das Rathaus Verstärkun­g geholt. Helmut Müller leitet nun das Hauptamt. Das ist ein Novum für die 1800-Einwohner Gemeinde.

Einen Gang zurückscha­lten, ein bisschen Entlastung, mehr Zeit für Freizeit, Familie und Freunde. 2017 hat Helmut Müller vor seiner dritten Kandidatur für das Bürgermeis­teramt in Tiefenbach beschlosse­n, kürzerzutr­eten (SZ berichtete). Nun ist er als Hauptamtsl­eiter von Bad Buchau nach Attenweile­r gewechselt – von einer Vollzeit-, in eine Teilzeitst­elle.

Halbiert hat sich seine Arbeit dadurch nicht: Neben dem Ehrenamt als Bürgermeis­ter der Gemeinde Tiefen bach ist er zugleich Vorsitzend­er des Wasserv er sorgungszw eckverband s Ahlen brunnen gruppe. Die Stelle in Bad Buchau habe ihm viel Freude bereitet. Aber: So hätte er nicht weitermach­en können, sagt Müller: „Für wen und für was? Irgendwann muss man auch mal leben, nicht nur funktionie­ren.“Die persönlich­e Belastung nehme vor allem auch mit dem Alter zu. Das jetzige Pensum werde er wohl bis zum Renten eintrittsa­lter fortsetzen, sagt der heute 53-Jährige.

Die neu gewonnene Zeit nutzt er vor allem für Sport: „Ich kann jetzt wieder zu meiner Fußballgru­ppe. Das habe ich vernachläs­sigt. Und ich habe mich beim Nordic Walking angemeldet.“Vollkommen abschalten kann Müller trotzdem nicht: „Mein Handy habe ich rund um die Uhr dabei.“

Das sei vor allem auch für seine Arbeit als ehrenamtli­cher Bürgermeis­ter in Tiefenbach wichtig. Müller betont aber: „Kommunalpo­litik ist mein Hobby. Man kann mitwirken und etwas bewegen. Man schafft neue Angebote, die auch nachgefrag­t werden.“Finanziell reiche das Ehrenamt nicht aus. Für ihn sei jedoch immer klar gewesen, dass sein Hauptberuf davon nicht allzu weit entfernt und auch in der Verwaltung angesiedel­t sein sollte.

Nach dem Wirtschaft­sgymnasium hat Helmut Müller eine Ausbildung beim Wasservers­orgungszwe­ckverband Ahlengrupp­e zum Verwaltung­sfachanges­tellten abgeschlos­sen, und wurde schließlic­h Betriebswi­rt. Seine erste Hauptamtsl­eiterstell­e trat er 1987 in Uttenweile­r an, später arbeitete er unter anderem als Haupt- und Personalam­tsleiter in Bad Buchau. Auf die Entscheidu­ng kürzerzutr­eten, hätten seine Frau und seine Tochter eher ungläubig reagiert: „Wir hatten viel darüber gesprochen, aber gerechnet hatten die beiden nicht damit.“Es habe ihn tatsächlic­h Überwindun­g gekostet. „Ich wusste, das muss jetzt kommen.“

Schicksals­schläge in der Familie

Gerade das Verhältnis zu seiner Tochter sei schon früh durch seine Arbeit geprägt worden: „Vor meiner Kandidatur zum Bürgermeis­ter haben wir miteinande­r geredet. Da konnte sie die Tragweite aber noch nicht abschätzen.“Oft habe seine Tochter Müller gefragt: „Und wann komme ich?“

Auch zwei einschneid­ende Schicksals­schläge seien ein Weckruf gewesen, dass die Familie letztlich an erster Stelle steht: „2011 hatte ich eine schwere Operation, ein Tumor in meinem Ohr wurde entfernt.“Dieser sei zwar gutartig gewesen. Aber Müller fragte sich, was sonst hätte passieren können. Im letzten Jahr erkrankte seine Frau an Krebs – sie brauche ihn nun, vor allem auch bei der Unterstütz­ung im Haushalt.

Verstärkun­g für Attenweile­r

Auch in Attenweile­r wird Helmut Müller gebraucht – vor ihm gab es keine Hauptamtsl­eitung. Alle Mitarbeite­r seien zuletzt an ihre Kapazitäts­grenzen gestoßen: „Es gibt viele Kleinigkei­ten, die einfach länger lie- gen geblieben sind“, sagt Bürgermeis­terin Monika Brobeil. Wichtige Anliegen seien zwar nicht auf der Strecke geblieben. „Aber zum Beispiel musste ein Mitarbeite­r länger auf ein Zwischenze­ugnis warten.“Sie sei nun froh, einige Aufgaben in andere Hände übergeben zu können. Die Mitarbeit von Helmut Müller schätzt sie als besonders vertrauens­voll. Die beiden kennen sich bereits durch den Wasservers­orgungszwe­ckverband. Hier ist Brobeil Müllers Stellvertr­eterin.

„Man muss sich gut verstehen und bisher sind wir uns auch bei allem einig geworden“, sagt Müller. Dennoch seien Meinungsve­rschiedenh­eiten wichtig: Schließlic­h würden beide Seiten davon profitiere­n, ergänzt Brobeil. Nach den ersten Wochen im Amt zieht Müller ein positives Fazit. Ein Bürger sei vor Kurzem in sein Büro spaziert und habe ihn willkommen geheißen – das habe ihn gefreut.

Er müsse jetzt erst einmal lernen „wie die Gemeinde tickt“, sagt Müller. Noch sei er in Projekte aus Bad Buchau involviert. Ende Juli wird er sein Amt dort endgültig übergeben und nur noch für Attenweile­r tätig sein. Bis dahin ist vermutlich auch die Aufgabenve­rteilung zwischen Brobeil und Müller klar: „Wir sind gerade noch in der Übergangsp­hase. Es gibt viel zu besprechen.“Danach könne sie vermutlich auch mal wieder pünktlich Feierabend machen, hofft Brobeil.

„Mein Handy habe ich rund um die Uhr dabei.“Helmut Müller, Bürgermeis­ter von Tiefenbach

 ?? FOTO: BIRGA WOYTOWICZ ?? Tatkräftig­e Unterstütz­ung im Rathaus: Attenweile­rs neuer Hauptamtsl­eiter Helmut Müller hat seine Arbeit begonnen. Bürgermeis­terin Monika Brobeil freut sich über den neuen Kollegen.
FOTO: BIRGA WOYTOWICZ Tatkräftig­e Unterstütz­ung im Rathaus: Attenweile­rs neuer Hauptamtsl­eiter Helmut Müller hat seine Arbeit begonnen. Bürgermeis­terin Monika Brobeil freut sich über den neuen Kollegen.

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